Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 1. Mannheim, 1837.

Bild:
<< vorherige Seite

von Hörern absichtlich einrichtete, und grade an solchen
Erzeugnissen das meiste Behagen fand. Doch übergab
er der Bühne nun bald nach einander zwei eigne Werke,
"Jephtha's Gelübde," ein Trauerspiel in Jamben,
das in Berlin, Weimar, Hamburg, Mannheim und
andern Orten mit Beifall gegeben wurde, und dann
"die Macht der Verhältnisse," ein Trauerspiel in Prosa,
welches auf allen Bühnen Deutschlands eine große
Wirkung hervorbrachte, und heutiges Tages hervor¬
bringt; dasselbe ist ohne Zweifel die gehaltreichste, eigen¬
thümlichste und kraftvollste seiner dramatischen Arbeiten.

In dieser Zeit hatte er sich auch durch Fichte's
Umgang und Lehre vollkommen in dessen philosophischen
Ansichten befestigt, mit welchen er seine glücklichsten
Ueberzeugungen verbinden konnte, und denen er zu¬
gleich den leichtesten Uebergang zu den Lehren des
Christenthums verdankte, welchen er seitdem mit ernster
Wahrhaftigkeit, aber auch mit aller Freiheit eines pro¬
testantischen Forschers, anhing.

Die fruchtbare Thätigkeit seines philosophischen und
dichterischen Geistes wurde durch die Kriegsbewegungen
des Jahres 1812 unterbrochen. Geschäfte, welchen er
sich aus Rücksicht für Andre frriwillig unterzog, führten
ihn auf einige Zeit nach Polen, von wo er krank zu¬
rückkehrte. Im Frühjahr 1813, als Preußen sich gegen
den Feind erhob, war auch Robert für die Sache des
Vaterlandes begeistert, und verbreitete, noch unter des

von Hoͤrern abſichtlich einrichtete, und grade an ſolchen
Erzeugniſſen das meiſte Behagen fand. Doch uͤbergab
er der Buͤhne nun bald nach einander zwei eigne Werke,
„Jephtha’s Geluͤbde,” ein Trauerſpiel in Jamben,
das in Berlin, Weimar, Hamburg, Mannheim und
andern Orten mit Beifall gegeben wurde, und dann
„die Macht der Verhaͤltniſſe,” ein Trauerſpiel in Proſa,
welches auf allen Buͤhnen Deutſchlands eine große
Wirkung hervorbrachte, und heutiges Tages hervor¬
bringt; daſſelbe iſt ohne Zweifel die gehaltreichſte, eigen¬
thuͤmlichſte und kraftvollſte ſeiner dramatiſchen Arbeiten.

In dieſer Zeit hatte er ſich auch durch Fichte’s
Umgang und Lehre vollkommen in deſſen philoſophiſchen
Anſichten befeſtigt, mit welchen er ſeine gluͤcklichſten
Ueberzeugungen verbinden konnte, und denen er zu¬
gleich den leichteſten Uebergang zu den Lehren des
Chriſtenthums verdankte, welchen er ſeitdem mit ernſter
Wahrhaftigkeit, aber auch mit aller Freiheit eines pro¬
teſtantiſchen Forſchers, anhing.

Die fruchtbare Thaͤtigkeit ſeines philoſophiſchen und
dichteriſchen Geiſtes wurde durch die Kriegsbewegungen
des Jahres 1812 unterbrochen. Geſchaͤfte, welchen er
ſich aus Ruͤckſicht fuͤr Andre frriwillig unterzog, fuͤhrten
ihn auf einige Zeit nach Polen, von wo er krank zu¬
ruͤckkehrte. Im Fruͤhjahr 1813, als Preußen ſich gegen
den Feind erhob, war auch Robert fuͤr die Sache des
Vaterlandes begeiſtert, und verbreitete, noch unter des

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0344" n="330"/>
von Ho&#x0364;rern ab&#x017F;ichtlich einrichtete, und grade an &#x017F;olchen<lb/>
Erzeugni&#x017F;&#x017F;en das mei&#x017F;te Behagen fand. Doch u&#x0364;bergab<lb/>
er der Bu&#x0364;hne nun bald nach einander zwei eigne Werke,<lb/>
&#x201E;Jephtha&#x2019;s Gelu&#x0364;bde,&#x201D; ein Trauer&#x017F;piel in Jamben,<lb/>
das in Berlin, Weimar, Hamburg, Mannheim und<lb/>
andern Orten mit Beifall gegeben wurde, und dann<lb/>
&#x201E;die Macht der Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e,&#x201D; ein Trauer&#x017F;piel in Pro&#x017F;a,<lb/>
welches auf allen Bu&#x0364;hnen Deut&#x017F;chlands eine große<lb/>
Wirkung hervorbrachte, und heutiges Tages hervor¬<lb/>
bringt; da&#x017F;&#x017F;elbe i&#x017F;t ohne Zweifel die gehaltreich&#x017F;te, eigen¬<lb/>
thu&#x0364;mlich&#x017F;te und kraftvoll&#x017F;te &#x017F;einer dramati&#x017F;chen Arbeiten.</p><lb/>
          <p>In die&#x017F;er Zeit hatte er &#x017F;ich auch durch Fichte&#x2019;s<lb/>
Umgang und Lehre vollkommen in de&#x017F;&#x017F;en philo&#x017F;ophi&#x017F;chen<lb/>
An&#x017F;ichten befe&#x017F;tigt, mit welchen er &#x017F;eine glu&#x0364;cklich&#x017F;ten<lb/>
Ueberzeugungen verbinden konnte, und denen er zu¬<lb/>
gleich den leichte&#x017F;ten Uebergang zu den Lehren des<lb/>
Chri&#x017F;tenthums verdankte, welchen er &#x017F;eitdem mit ern&#x017F;ter<lb/>
Wahrhaftigkeit, aber auch mit aller Freiheit eines pro¬<lb/>
te&#x017F;tanti&#x017F;chen For&#x017F;chers, anhing.</p><lb/>
          <p>Die fruchtbare Tha&#x0364;tigkeit &#x017F;eines philo&#x017F;ophi&#x017F;chen und<lb/>
dichteri&#x017F;chen Gei&#x017F;tes wurde durch die Kriegsbewegungen<lb/>
des Jahres <hi rendition="#b">1812</hi> unterbrochen. Ge&#x017F;cha&#x0364;fte, welchen er<lb/>
&#x017F;ich aus Ru&#x0364;ck&#x017F;icht fu&#x0364;r Andre frriwillig unterzog, fu&#x0364;hrten<lb/>
ihn auf einige Zeit nach Polen, von wo er krank zu¬<lb/>
ru&#x0364;ckkehrte. Im Fru&#x0364;hjahr <hi rendition="#b">1813</hi>, als Preußen &#x017F;ich gegen<lb/>
den Feind erhob, war auch Robert fu&#x0364;r die Sache des<lb/>
Vaterlandes begei&#x017F;tert, und verbreitete, noch unter des<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[330/0344] von Hoͤrern abſichtlich einrichtete, und grade an ſolchen Erzeugniſſen das meiſte Behagen fand. Doch uͤbergab er der Buͤhne nun bald nach einander zwei eigne Werke, „Jephtha’s Geluͤbde,” ein Trauerſpiel in Jamben, das in Berlin, Weimar, Hamburg, Mannheim und andern Orten mit Beifall gegeben wurde, und dann „die Macht der Verhaͤltniſſe,” ein Trauerſpiel in Proſa, welches auf allen Buͤhnen Deutſchlands eine große Wirkung hervorbrachte, und heutiges Tages hervor¬ bringt; daſſelbe iſt ohne Zweifel die gehaltreichſte, eigen¬ thuͤmlichſte und kraftvollſte ſeiner dramatiſchen Arbeiten. In dieſer Zeit hatte er ſich auch durch Fichte’s Umgang und Lehre vollkommen in deſſen philoſophiſchen Anſichten befeſtigt, mit welchen er ſeine gluͤcklichſten Ueberzeugungen verbinden konnte, und denen er zu¬ gleich den leichteſten Uebergang zu den Lehren des Chriſtenthums verdankte, welchen er ſeitdem mit ernſter Wahrhaftigkeit, aber auch mit aller Freiheit eines pro¬ teſtantiſchen Forſchers, anhing. Die fruchtbare Thaͤtigkeit ſeines philoſophiſchen und dichteriſchen Geiſtes wurde durch die Kriegsbewegungen des Jahres 1812 unterbrochen. Geſchaͤfte, welchen er ſich aus Ruͤckſicht fuͤr Andre frriwillig unterzog, fuͤhrten ihn auf einige Zeit nach Polen, von wo er krank zu¬ ruͤckkehrte. Im Fruͤhjahr 1813, als Preußen ſich gegen den Feind erhob, war auch Robert fuͤr die Sache des Vaterlandes begeiſtert, und verbreitete, noch unter des

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten01_1837
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten01_1837/344
Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 1. Mannheim, 1837, S. 330. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten01_1837/344>, abgerufen am 11.05.2024.