genwart und Zukunft dieser Nation sein sollte, wie jene Dichter es den ihrigen geworden.
Immermann.
1.
Trauerspiele von Karl Immermann, Hamm und Münster, 1822. -- Dieser Trauerspiele sind drei: "das Thal von Ronceval;" "Edwin;" "Petrarca." -- Unsere jungen Dichter pflegen zuerst mit leichteren Fahrzeugen die See der Litteratur zu versuchen, oft nur in kleinen Nachen lange dasselbe Ufer zu berudern; mit großem Schiffe gleich in das hohe Meer geschieht die erste Aus¬ flucht schon selten, aber gleich mit einer ganzen Flotte am seltensten. Hier ist letzteres der Fall; wir hören den Dichternamen Karl Immermann zum erstenmal, aber gleich in achtbarer Stärke, welche die Aufmerk¬ samkeit nicht erbittet, sondern herausfordert. -- Shak¬ speare und Goethe ragen bei uns in ihrer Geistesver¬ bündung als eine entschiedene Macht hervor, deren dich¬ terische, gebietende und befruchtende Wirkung jedes andere Ansehen überwiegt, obgleich sie -- dem deutschen Gemeinwesen gemäß, das nun einmal, zum Heil oder auch zum Unheil, in allen Beziehungen zersplittert ist -- viele andere, verwandte, befreundete, ja auch ganz
genwart und Zukunft dieſer Nation ſein ſollte, wie jene Dichter es den ihrigen geworden.
Immermann.
1.
Trauerſpiele von Karl Immermann, Hamm und Muͤnſter, 1822. — Dieſer Trauerſpiele ſind drei: „das Thal von Ronceval;“ „Edwin;“ „Petrarca.“ — Unſere jungen Dichter pflegen zuerſt mit leichteren Fahrzeugen die See der Litteratur zu verſuchen, oft nur in kleinen Nachen lange daſſelbe Ufer zu berudern; mit großem Schiffe gleich in das hohe Meer geſchieht die erſte Aus¬ flucht ſchon ſelten, aber gleich mit einer ganzen Flotte am ſeltenſten. Hier iſt letzteres der Fall; wir hoͤren den Dichternamen Karl Immermann zum erſtenmal, aber gleich in achtbarer Staͤrke, welche die Aufmerk¬ ſamkeit nicht erbittet, ſondern herausfordert. — Shak¬ ſpeare und Goethe ragen bei uns in ihrer Geiſtesver¬ buͤndung als eine entſchiedene Macht hervor, deren dich¬ teriſche, gebietende und befruchtende Wirkung jedes andere Anſehen uͤberwiegt, obgleich ſie — dem deutſchen Gemeinweſen gemaͤß, das nun einmal, zum Heil oder auch zum Unheil, in allen Beziehungen zerſplittert iſt — viele andere, verwandte, befreundete, ja auch ganz
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genwart und Zukunft dieſer Nation ſein ſollte, wie
jene Dichter es den ihrigen geworden.
Immermann.
1.
Trauerſpiele von Karl Immermann, Hamm und
Muͤnſter, 1822. — Dieſer Trauerſpiele ſind drei: „das
Thal von Ronceval;“ „Edwin;“ „Petrarca.“ — Unſere
jungen Dichter pflegen zuerſt mit leichteren Fahrzeugen
die See der Litteratur zu verſuchen, oft nur in kleinen
Nachen lange daſſelbe Ufer zu berudern; mit großem
Schiffe gleich in das hohe Meer geſchieht die erſte Aus¬
flucht ſchon ſelten, aber gleich mit einer ganzen Flotte
am ſeltenſten. Hier iſt letzteres der Fall; wir hoͤren
den Dichternamen Karl Immermann zum erſtenmal,
aber gleich in achtbarer Staͤrke, welche die Aufmerk¬
ſamkeit nicht erbittet, ſondern herausfordert. — Shak¬
ſpeare und Goethe ragen bei uns in ihrer Geiſtesver¬
buͤndung als eine entſchiedene Macht hervor, deren dich¬
teriſche, gebietende und befruchtende Wirkung jedes
andere Anſehen uͤberwiegt, obgleich ſie — dem deutſchen
Gemeinweſen gemaͤß, das nun einmal, zum Heil oder
auch zum Unheil, in allen Beziehungen zerſplittert iſt
— viele andere, verwandte, befreundete, ja auch ganz
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 2. Mannheim, 1837, S. 340. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten02_1837/354>, abgerufen am 04.10.2024.
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