Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 2. Mannheim, 1837.

Bild:
<< vorherige Seite
Biographische Nachrichten von der Gräfin Maria
Aurora Königsmarck. Erzählt von Dr. Fried¬
rich Cramer
. Mit einem Facsimile. Qued¬
linburg und Leipzig, 1833. 8.

Die Staats- und Kriegsgeschichten aus den Zeiten
des Ablaufes des siebzehnten Jahrhunderts und des Ein-
und Vorschreitens des achtzehnten sind uns hinlänglich
bekannt. Auch das Privatleben aus jenem Zeitraum
kennen wir bei den Franzosen sehr reichlich und vielar¬
tig, wenig aber das der Deutschen, und auch da fast
nur denjenigen Theil, der sich als Nachahmung des
französischen Lebens darstellt, und in französischer Spra¬
che überliefert worden ist. Die damalige Stufe der
Gesellschaftsausbildung in Deutschland, wie die der Deut¬
schen Sprachentwicklung verwiesen das augenblickliche
Lebensbedürfniß nothwendig auf die Hülfsmittel des
Auslandes, welches sie bequem und schmeichelnd darbot.
Für die Schilderung der deutschen Höfe und der höhe¬
ren Gesellschaft, ihrer Tagesverhältnisse, Vergnügungen,
Liebschaften, Geistesarten, Beschränkungen und Freihei¬
ten war die Thätigkeit des Baron Pöllnitz überall voran,
und fast ohne Mitbewerber, das ganze Fach in seinen
verschiedenen Unterabtheilungen versah er fast allein; er
schrieb ernste Denkschriften der Regierungs- und Hof¬
geschichten, leichte Reisenachrichten zur launigen Unter¬

Biographiſche Nachrichten von der Graͤfin Maria
Aurora Koͤnigsmarck. Erzaͤhlt von Dr. Fried¬
rich Cramer
. Mit einem Facſimile. Qued¬
linburg und Leipzig, 1833. 8.

Die Staats- und Kriegsgeſchichten aus den Zeiten
des Ablaufes des ſiebzehnten Jahrhunderts und des Ein-
und Vorſchreitens des achtzehnten ſind uns hinlaͤnglich
bekannt. Auch das Privatleben aus jenem Zeitraum
kennen wir bei den Franzoſen ſehr reichlich und vielar¬
tig, wenig aber das der Deutſchen, und auch da faſt
nur denjenigen Theil, der ſich als Nachahmung des
franzoͤſiſchen Lebens darſtellt, und in franzoͤſiſcher Spra¬
che uͤberliefert worden iſt. Die damalige Stufe der
Geſellſchaftsausbildung in Deutſchland, wie die der Deut¬
ſchen Sprachentwicklung verwieſen das augenblickliche
Lebensbeduͤrfniß nothwendig auf die Huͤlfsmittel des
Auslandes, welches ſie bequem und ſchmeichelnd darbot.
Fuͤr die Schilderung der deutſchen Hoͤfe und der hoͤhe¬
ren Geſellſchaft, ihrer Tagesverhaͤltniſſe, Vergnuͤgungen,
Liebſchaften, Geiſtesarten, Beſchraͤnkungen und Freihei¬
ten war die Thaͤtigkeit des Baron Poͤllnitz uͤberall voran,
und faſt ohne Mitbewerber, das ganze Fach in ſeinen
verſchiedenen Unterabtheilungen verſah er faſt allein; er
ſchrieb ernſte Denkſchriften der Regierungs- und Hof¬
geſchichten, leichte Reiſenachrichten zur launigen Unter¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0414" n="400"/>
        </div>
        <div n="2">
          <head>Biographi&#x017F;che Nachrichten von der Gra&#x0364;fin Maria<lb/>
Aurora Ko&#x0364;nigsmarck. Erza&#x0364;hlt von Dr. <hi rendition="#g">Fried¬<lb/>
rich Cramer</hi>. Mit einem Fac&#x017F;imile. Qued¬<lb/>
linburg und Leipzig, <hi rendition="#b">1833</hi>. <hi rendition="#b">8</hi>.<lb/></head>
          <p>Die Staats- und Kriegsge&#x017F;chichten aus den Zeiten<lb/>
des Ablaufes des &#x017F;iebzehnten Jahrhunderts und des Ein-<lb/>
und Vor&#x017F;chreitens des achtzehnten &#x017F;ind uns hinla&#x0364;nglich<lb/>
bekannt. Auch das Privatleben aus jenem Zeitraum<lb/>
kennen wir bei den Franzo&#x017F;en &#x017F;ehr reichlich und vielar¬<lb/>
tig, wenig aber das der Deut&#x017F;chen, und auch da fa&#x017F;t<lb/>
nur denjenigen Theil, der &#x017F;ich als Nachahmung des<lb/>
franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;chen Lebens dar&#x017F;tellt, und in franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;cher Spra¬<lb/>
che u&#x0364;berliefert worden i&#x017F;t. Die damalige Stufe der<lb/>
Ge&#x017F;ell&#x017F;chaftsausbildung in Deut&#x017F;chland, wie die der Deut¬<lb/>
&#x017F;chen Sprachentwicklung verwie&#x017F;en das augenblickliche<lb/>
Lebensbedu&#x0364;rfniß nothwendig auf die Hu&#x0364;lfsmittel des<lb/>
Auslandes, welches &#x017F;ie bequem und &#x017F;chmeichelnd darbot.<lb/>
Fu&#x0364;r die Schilderung der deut&#x017F;chen Ho&#x0364;fe und der ho&#x0364;he¬<lb/>
ren Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft, ihrer Tagesverha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e, Vergnu&#x0364;gungen,<lb/>
Lieb&#x017F;chaften, Gei&#x017F;tesarten, Be&#x017F;chra&#x0364;nkungen und Freihei¬<lb/>
ten war die Tha&#x0364;tigkeit des Baron Po&#x0364;llnitz u&#x0364;berall voran,<lb/>
und fa&#x017F;t ohne Mitbewerber, das ganze Fach in &#x017F;einen<lb/>
ver&#x017F;chiedenen Unterabtheilungen ver&#x017F;ah er fa&#x017F;t allein; er<lb/>
&#x017F;chrieb ern&#x017F;te Denk&#x017F;chriften der Regierungs- und Hof¬<lb/>
ge&#x017F;chichten, leichte Rei&#x017F;enachrichten zur launigen Unter¬<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[400/0414] Biographiſche Nachrichten von der Graͤfin Maria Aurora Koͤnigsmarck. Erzaͤhlt von Dr. Fried¬ rich Cramer. Mit einem Facſimile. Qued¬ linburg und Leipzig, 1833. 8. Die Staats- und Kriegsgeſchichten aus den Zeiten des Ablaufes des ſiebzehnten Jahrhunderts und des Ein- und Vorſchreitens des achtzehnten ſind uns hinlaͤnglich bekannt. Auch das Privatleben aus jenem Zeitraum kennen wir bei den Franzoſen ſehr reichlich und vielar¬ tig, wenig aber das der Deutſchen, und auch da faſt nur denjenigen Theil, der ſich als Nachahmung des franzoͤſiſchen Lebens darſtellt, und in franzoͤſiſcher Spra¬ che uͤberliefert worden iſt. Die damalige Stufe der Geſellſchaftsausbildung in Deutſchland, wie die der Deut¬ ſchen Sprachentwicklung verwieſen das augenblickliche Lebensbeduͤrfniß nothwendig auf die Huͤlfsmittel des Auslandes, welches ſie bequem und ſchmeichelnd darbot. Fuͤr die Schilderung der deutſchen Hoͤfe und der hoͤhe¬ ren Geſellſchaft, ihrer Tagesverhaͤltniſſe, Vergnuͤgungen, Liebſchaften, Geiſtesarten, Beſchraͤnkungen und Freihei¬ ten war die Thaͤtigkeit des Baron Poͤllnitz uͤberall voran, und faſt ohne Mitbewerber, das ganze Fach in ſeinen verſchiedenen Unterabtheilungen verſah er faſt allein; er ſchrieb ernſte Denkſchriften der Regierungs- und Hof¬ geſchichten, leichte Reiſenachrichten zur launigen Unter¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten02_1837
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten02_1837/414
Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 2. Mannheim, 1837, S. 400. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten02_1837/414>, abgerufen am 04.10.2024.