Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 3. Mannheim, 1838.

Bild:
<< vorherige Seite

Hier begann für den sechzehnjährigen Tettenborn
eine Laufbahn, die seinen militairischen Eigenschaften
alle Gelegenheit zur Entwicklung bot, und für ihn
reich an persönlicher Auszeichnung wurde. Daß öster¬
reichische Heer, welches den Karakter eines durch meh¬
rere Jahrhunderte ohne Unterbrechung fortbestandenen
Kriegswesens bis auf den heutigen Tag bewahrt, ver¬
einigt mit den daraus fließenden, besonders nach innen
höchst bezugreichen Vortheilen zugleich die einer stets
frischen, durch neue, und nach der Lage der Gränzen
sehr verschiedene Kriege, unaufhörlich geübten Erfah¬
rung. Seine Zusammensetzung aus den mannigfachen
Elementen, welche die österreichischen Erblande in glück¬
lichem Verhältnisse dazu lieferten, empfing noch einen
erwünschten, und besonders geistig unschätzbaren Zusatz
durch den Umstand, daß so geraume Zeit hindurch die¬
ses Heer für alle Deutschen zugleich als das Heer
ihres Kaisers, und sonach als ihre eigentlich vaterlän¬
dische Kriegsmacht dastand, welcher die besten Kräfte
des sogenannten Reichs in jeder Weise zuströmten. Der
eigenthümliche Geist, der sich aus dieser Mischung er¬
hoben, beurkundet sich in vielen Zeichen, die wohl un¬
läugbar als Deutsche anzuerkennen sind. Die unzer¬
störbare Selbstständigkeit innerer Ordnung, die große
Kraft der Wiederherstellung, die Vernachlässigung des
bloßen Scheins, die Sparsamkeit äußerer Belohnun¬
gen, und die daher in den untern Graden angehäufte

Hier begann fuͤr den ſechzehnjaͤhrigen Tettenborn
eine Laufbahn, die ſeinen militairiſchen Eigenſchaften
alle Gelegenheit zur Entwicklung bot, und fuͤr ihn
reich an perſoͤnlicher Auszeichnung wurde. Daß oͤſter¬
reichiſche Heer, welches den Karakter eines durch meh¬
rere Jahrhunderte ohne Unterbrechung fortbeſtandenen
Kriegsweſens bis auf den heutigen Tag bewahrt, ver¬
einigt mit den daraus fließenden, beſonders nach innen
hoͤchſt bezugreichen Vortheilen zugleich die einer ſtets
friſchen, durch neue, und nach der Lage der Graͤnzen
ſehr verſchiedene Kriege, unaufhoͤrlich geuͤbten Erfah¬
rung. Seine Zuſammenſetzung aus den mannigfachen
Elementen, welche die oͤſterreichiſchen Erblande in gluͤck¬
lichem Verhaͤltniſſe dazu lieferten, empfing noch einen
erwuͤnſchten, und beſonders geiſtig unſchaͤtzbaren Zuſatz
durch den Umſtand, daß ſo geraume Zeit hindurch die¬
ſes Heer fuͤr alle Deutſchen zugleich als das Heer
ihres Kaiſers, und ſonach als ihre eigentlich vaterlaͤn¬
diſche Kriegsmacht daſtand, welcher die beſten Kraͤfte
des ſogenannten Reichs in jeder Weiſe zuſtroͤmten. Der
eigenthuͤmliche Geiſt, der ſich aus dieſer Miſchung er¬
hoben, beurkundet ſich in vielen Zeichen, die wohl un¬
laͤugbar als Deutſche anzuerkennen ſind. Die unzer¬
ſtoͤrbare Selbſtſtaͤndigkeit innerer Ordnung, die große
Kraft der Wiederherſtellung, die Vernachlaͤſſigung des
bloßen Scheins, die Sparſamkeit aͤußerer Belohnun¬
gen, und die daher in den untern Graden angehaͤufte

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0229" n="217"/>
        <p>Hier begann fu&#x0364;r den &#x017F;echzehnja&#x0364;hrigen Tettenborn<lb/>
eine Laufbahn, die &#x017F;einen militairi&#x017F;chen Eigen&#x017F;chaften<lb/>
alle Gelegenheit zur Entwicklung bot, und fu&#x0364;r ihn<lb/>
reich an per&#x017F;o&#x0364;nlicher Auszeichnung wurde. Daß o&#x0364;&#x017F;ter¬<lb/>
reichi&#x017F;che Heer, welches den Karakter eines durch meh¬<lb/>
rere Jahrhunderte ohne Unterbrechung fortbe&#x017F;tandenen<lb/>
Kriegswe&#x017F;ens bis auf den heutigen Tag bewahrt, ver¬<lb/>
einigt mit den daraus fließenden, be&#x017F;onders nach innen<lb/>
ho&#x0364;ch&#x017F;t bezugreichen Vortheilen zugleich die einer &#x017F;tets<lb/>
fri&#x017F;chen, durch neue, und nach der Lage der Gra&#x0364;nzen<lb/>
&#x017F;ehr ver&#x017F;chiedene Kriege, unaufho&#x0364;rlich geu&#x0364;bten Erfah¬<lb/>
rung. Seine Zu&#x017F;ammen&#x017F;etzung aus den mannigfachen<lb/>
Elementen, welche die o&#x0364;&#x017F;terreichi&#x017F;chen Erblande in glu&#x0364;ck¬<lb/>
lichem Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e dazu lieferten, empfing noch einen<lb/>
erwu&#x0364;n&#x017F;chten, und be&#x017F;onders gei&#x017F;tig un&#x017F;cha&#x0364;tzbaren Zu&#x017F;atz<lb/>
durch den Um&#x017F;tand, daß &#x017F;o geraume Zeit hindurch die¬<lb/>
&#x017F;es Heer fu&#x0364;r alle Deut&#x017F;chen zugleich als das Heer<lb/>
ihres Kai&#x017F;ers, und &#x017F;onach als ihre eigentlich vaterla&#x0364;<lb/>
di&#x017F;che Kriegsmacht da&#x017F;tand, welcher die be&#x017F;ten Kra&#x0364;fte<lb/>
des &#x017F;ogenannten Reichs in jeder Wei&#x017F;e zu&#x017F;tro&#x0364;mten. Der<lb/>
eigenthu&#x0364;mliche Gei&#x017F;t, der &#x017F;ich aus die&#x017F;er Mi&#x017F;chung er¬<lb/>
hoben, beurkundet &#x017F;ich in vielen Zeichen, die wohl un¬<lb/>
la&#x0364;ugbar als Deut&#x017F;che anzuerkennen &#x017F;ind. Die unzer¬<lb/>
&#x017F;to&#x0364;rbare Selb&#x017F;t&#x017F;ta&#x0364;ndigkeit innerer Ordnung, die große<lb/>
Kraft der Wiederher&#x017F;tellung, die Vernachla&#x0364;&#x017F;&#x017F;igung des<lb/>
bloßen Scheins, die Spar&#x017F;amkeit a&#x0364;ußerer Belohnun¬<lb/>
gen, und die daher in den untern Graden angeha&#x0364;ufte<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[217/0229] Hier begann fuͤr den ſechzehnjaͤhrigen Tettenborn eine Laufbahn, die ſeinen militairiſchen Eigenſchaften alle Gelegenheit zur Entwicklung bot, und fuͤr ihn reich an perſoͤnlicher Auszeichnung wurde. Daß oͤſter¬ reichiſche Heer, welches den Karakter eines durch meh¬ rere Jahrhunderte ohne Unterbrechung fortbeſtandenen Kriegsweſens bis auf den heutigen Tag bewahrt, ver¬ einigt mit den daraus fließenden, beſonders nach innen hoͤchſt bezugreichen Vortheilen zugleich die einer ſtets friſchen, durch neue, und nach der Lage der Graͤnzen ſehr verſchiedene Kriege, unaufhoͤrlich geuͤbten Erfah¬ rung. Seine Zuſammenſetzung aus den mannigfachen Elementen, welche die oͤſterreichiſchen Erblande in gluͤck¬ lichem Verhaͤltniſſe dazu lieferten, empfing noch einen erwuͤnſchten, und beſonders geiſtig unſchaͤtzbaren Zuſatz durch den Umſtand, daß ſo geraume Zeit hindurch die¬ ſes Heer fuͤr alle Deutſchen zugleich als das Heer ihres Kaiſers, und ſonach als ihre eigentlich vaterlaͤn¬ diſche Kriegsmacht daſtand, welcher die beſten Kraͤfte des ſogenannten Reichs in jeder Weiſe zuſtroͤmten. Der eigenthuͤmliche Geiſt, der ſich aus dieſer Miſchung er¬ hoben, beurkundet ſich in vielen Zeichen, die wohl un¬ laͤugbar als Deutſche anzuerkennen ſind. Die unzer¬ ſtoͤrbare Selbſtſtaͤndigkeit innerer Ordnung, die große Kraft der Wiederherſtellung, die Vernachlaͤſſigung des bloßen Scheins, die Sparſamkeit aͤußerer Belohnun¬ gen, und die daher in den untern Graden angehaͤufte

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838/229
Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 3. Mannheim, 1838, S. 217. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838/229>, abgerufen am 29.04.2024.