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Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1879.

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schirr so flog, dachte ich: wenn ich nur in meiner ir¬
denen Schüssel zu Haus ein paar Schübchen gute
Suppe hätte." Ich sah, daß Geldstücke in ihre Hand
glitten, er flüsterte ihr Einiges zu, das sichtbar be¬
ruhigend wirkte, wohl aber zugleich eine Bitte enthalten
mochte, nicht weiter zuzusehen; denn sie gieng hinweg
und mit sichtbar aufgeheiterter Miene.

A. E. eilte wieder herauf und sagte sehr munter:
"Vereinbar! vereinbar! so, nun kann es wieder fort¬
gehen!" Ich holte wieder aus und zum großen Troste
der Versammlung auf der Straße lief denn die Aktion
weiter.

Hinter uns stand der Wirth und sah zu, starr,
sprachlos, "zur Statue entgeistert".

"Hoffnungslos
Weicht der Mensch der Götterstärke;
Müßig sieht er seine Werke
Und bewundernd untergeh'n."

Unser Eifer nahm zu, als sich unsere Arbeit dem
Ende nahte, die Bogen, in denen wir warfen, wurden
immer kühner, der Wurf immer sicherer; im Feuer
dieses Thuns bemerkten wir nicht, daß außer dem
Mädchen, das mit dem Wirth uns bedient hatte, noch
Jemand zu ihm getreten war; es war mir nur vor,
als hörte ich hinter mir ein helles Lachen und Klat¬
schen, ich hatte keine Zeit, darauf zu achten. Jetzt

ſchirr ſo flog, dachte ich: wenn ich nur in meiner ir¬
denen Schüſſel zu Haus ein paar Schübchen gute
Suppe hätte.“ Ich ſah, daß Geldſtücke in ihre Hand
glitten, er flüſterte ihr Einiges zu, das ſichtbar be¬
ruhigend wirkte, wohl aber zugleich eine Bitte enthalten
mochte, nicht weiter zuzuſehen; denn ſie gieng hinweg
und mit ſichtbar aufgeheiterter Miene.

A. E. eilte wieder herauf und ſagte ſehr munter:
„Vereinbar! vereinbar! ſo, nun kann es wieder fort¬
gehen!“ Ich holte wieder aus und zum großen Troſte
der Verſammlung auf der Straße lief denn die Aktion
weiter.

Hinter uns ſtand der Wirth und ſah zu, ſtarr,
ſprachlos, „zur Statue entgeiſtert“.

„Hoffnungslos
Weicht der Menſch der Götterſtärke;
Müßig ſieht er ſeine Werke
Und bewundernd untergeh'n.“

Unſer Eifer nahm zu, als ſich unſere Arbeit dem
Ende nahte, die Bogen, in denen wir warfen, wurden
immer kühner, der Wurf immer ſicherer; im Feuer
dieſes Thuns bemerkten wir nicht, daß außer dem
Mädchen, das mit dem Wirth uns bedient hatte, noch
Jemand zu ihm getreten war; es war mir nur vor,
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ſchen, ich hatte keine Zeit, darauf zu achten. Jetzt

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[117/0130] ſchirr ſo flog, dachte ich: wenn ich nur in meiner ir¬ denen Schüſſel zu Haus ein paar Schübchen gute Suppe hätte.“ Ich ſah, daß Geldſtücke in ihre Hand glitten, er flüſterte ihr Einiges zu, das ſichtbar be¬ ruhigend wirkte, wohl aber zugleich eine Bitte enthalten mochte, nicht weiter zuzuſehen; denn ſie gieng hinweg und mit ſichtbar aufgeheiterter Miene. A. E. eilte wieder herauf und ſagte ſehr munter: „Vereinbar! vereinbar! ſo, nun kann es wieder fort¬ gehen!“ Ich holte wieder aus und zum großen Troſte der Verſammlung auf der Straße lief denn die Aktion weiter. Hinter uns ſtand der Wirth und ſah zu, ſtarr, ſprachlos, „zur Statue entgeiſtert“. „Hoffnungslos Weicht der Menſch der Götterſtärke; Müßig ſieht er ſeine Werke Und bewundernd untergeh'n.“ Unſer Eifer nahm zu, als ſich unſere Arbeit dem Ende nahte, die Bogen, in denen wir warfen, wurden immer kühner, der Wurf immer ſicherer; im Feuer dieſes Thuns bemerkten wir nicht, daß außer dem Mädchen, das mit dem Wirth uns bedient hatte, noch Jemand zu ihm getreten war; es war mir nur vor, als hörte ich hinter mir ein helles Lachen und Klat¬ ſchen, ich hatte keine Zeit, darauf zu achten. Jetzt

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Zitationshilfe: Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1879, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch01_1879/130>, abgerufen am 16.05.2024.