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Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1879.

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einfache Mann spürte wohl, daß man mit den nütz¬
lichen Erfindungen, die man dieser Zunft verdankte,
nicht schlecht fahre, und an diesem Theil der Volks¬
menge hatte denn jene zweite Adelspartei einen Rück¬
halt von beträchtlicher Kraft und Breite. In dem
Zeitpunkt nun, auf welchem unsere Geschichte vorgeht,
bewegte sich das Zünglein der oft schwankenden Wage
merklich nach dieser Seite hin. Der Oberdruide, der
sich den stolzen Namen Mac-Taliesin beigelegt hatte,
war alt und etwas bequem geworden, die alte Rührig¬
keit des Ordens aus Mangel an Trieb von oben er¬
schlafft und von der jugendlichen Beweglichkeit der
Gegner überholt.

Daß dieser Stand der Dinge sich auch im Dorfe
Robanus verspüren ließ, haben wir ja eben aus den
ziemlich unehrerbietigen Reden erkannt, deren Ergebniß
die Deputation an den Druiden Angus war, und es
begreift sich nun nicht nur ganz, warum er den Boten
ein saures Gesicht machte, sondern zugleich auch, war¬
um er nicht genug Sicherheit in sich fühlte, der un¬
willkommenen Zumuthung zu widerstehen. Er besann
sich kurz und sagte dann: "Nun ja, meinetwegen!"
Wir werden sogleich noch einen bestimmteren, einzelnen
Grund erfahren, der ihm die Einwilligung erschweren
mußte. Die Deputation zog ab, dieselben Männer
bekamen den Auftrag, sich zur Einladung der Barden
nach Turik zu begeben, die berühmten Meister gaben

einfache Mann ſpürte wohl, daß man mit den nütz¬
lichen Erfindungen, die man dieſer Zunft verdankte,
nicht ſchlecht fahre, und an dieſem Theil der Volks¬
menge hatte denn jene zweite Adelspartei einen Rück¬
halt von beträchtlicher Kraft und Breite. In dem
Zeitpunkt nun, auf welchem unſere Geſchichte vorgeht,
bewegte ſich das Zünglein der oft ſchwankenden Wage
merklich nach dieſer Seite hin. Der Oberdruide, der
ſich den ſtolzen Namen Mac-Talieſin beigelegt hatte,
war alt und etwas bequem geworden, die alte Rührig¬
keit des Ordens aus Mangel an Trieb von oben er¬
ſchlafft und von der jugendlichen Beweglichkeit der
Gegner überholt.

Daß dieſer Stand der Dinge ſich auch im Dorfe
Robanus verſpüren ließ, haben wir ja eben aus den
ziemlich unehrerbietigen Reden erkannt, deren Ergebniß
die Deputation an den Druiden Angus war, und es
begreift ſich nun nicht nur ganz, warum er den Boten
ein ſaures Geſicht machte, ſondern zugleich auch, war¬
um er nicht genug Sicherheit in ſich fühlte, der un¬
willkommenen Zumuthung zu widerſtehen. Er beſann
ſich kurz und ſagte dann: „Nun ja, meinetwegen!“
Wir werden ſogleich noch einen beſtimmteren, einzelnen
Grund erfahren, der ihm die Einwilligung erſchweren
mußte. Die Deputation zog ab, dieſelben Männer
bekamen den Auftrag, ſich zur Einladung der Barden
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[190/0203] einfache Mann ſpürte wohl, daß man mit den nütz¬ lichen Erfindungen, die man dieſer Zunft verdankte, nicht ſchlecht fahre, und an dieſem Theil der Volks¬ menge hatte denn jene zweite Adelspartei einen Rück¬ halt von beträchtlicher Kraft und Breite. In dem Zeitpunkt nun, auf welchem unſere Geſchichte vorgeht, bewegte ſich das Zünglein der oft ſchwankenden Wage merklich nach dieſer Seite hin. Der Oberdruide, der ſich den ſtolzen Namen Mac-Talieſin beigelegt hatte, war alt und etwas bequem geworden, die alte Rührig¬ keit des Ordens aus Mangel an Trieb von oben er¬ ſchlafft und von der jugendlichen Beweglichkeit der Gegner überholt. Daß dieſer Stand der Dinge ſich auch im Dorfe Robanus verſpüren ließ, haben wir ja eben aus den ziemlich unehrerbietigen Reden erkannt, deren Ergebniß die Deputation an den Druiden Angus war, und es begreift ſich nun nicht nur ganz, warum er den Boten ein ſaures Geſicht machte, ſondern zugleich auch, war¬ um er nicht genug Sicherheit in ſich fühlte, der un¬ willkommenen Zumuthung zu widerſtehen. Er beſann ſich kurz und ſagte dann: „Nun ja, meinetwegen!“ Wir werden ſogleich noch einen beſtimmteren, einzelnen Grund erfahren, der ihm die Einwilligung erſchweren mußte. Die Deputation zog ab, dieſelben Männer bekamen den Auftrag, ſich zur Einladung der Barden nach Turik zu begeben, die berühmten Meiſter gaben

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Zitationshilfe: Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1879, S. 190. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch01_1879/203>, abgerufen am 29.04.2024.