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Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1879.

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behandelt, ausgelöscht sein, er blieb sonst hängen, klebte
seinem Gewissen an, wenn er lebte, seinem Namen,
wenn er fiel. Was thun, was thun? -- Halt! --
ihm kam Licht -- die Wahrheit! Die Wahrheit: sonst
gibt's hier nichts!

Er gieng zum Druiden, ausgerüstet, wie er war,
mit seinen Waffen. Vor der Thüre hörte er drinnen
einzelne Hustlaute von verschiedenen Stimmen. Er
trat ein. Urhixidur war -- gottlob! rief es in ihm
-- nicht da, sie lag in der Hinterstube tief in einen
Berg von Wolfsfellen versteckt, da sie, für ihre eigene
Person doch mehr auf natürliche Mittel als auf Magie
vertrauend, eine Schwitzkur auf das nächtliche kalte
Bad für gut befunden hatte. Dagegen standen zu
den Seiten des Druiden fünf ältere Männer; sie ge¬
hörten zu dem Schlage der "alten Huster". Der
Druide hatte ein Gesicht, so hart und gespannt, als
wäre es gefroren, man sah auf den ersten Blick: das
war ein Verhörgesicht! Der Schluß: ein Zeugenver¬
hör, und die Huster haben schon deponirt, ergab sich
von selbst. "Es liegen," begann Angus, "gegen den
Fremdling Arthur mehrere sehr beschwerende Inzichten
vor als gegen einen Religionsspötter, gegen einen
Götterleugner; von dir, Alpin, ist mir zu Ohren
gekommen, du müssest als Zeuge gegenwärtig gewesen
sein, als er das eine oder andere giftböse Hohnwort
über unsern heiligen Glauben und ehrwürdige gottes¬

behandelt, ausgelöſcht ſein, er blieb ſonſt hängen, klebte
ſeinem Gewiſſen an, wenn er lebte, ſeinem Namen,
wenn er fiel. Was thun, was thun? — Halt! —
ihm kam Licht — die Wahrheit! Die Wahrheit: ſonſt
gibt's hier nichts!

Er gieng zum Druiden, ausgerüſtet, wie er war,
mit ſeinen Waffen. Vor der Thüre hörte er drinnen
einzelne Huſtlaute von verſchiedenen Stimmen. Er
trat ein. Urhixidur war — gottlob! rief es in ihm
— nicht da, ſie lag in der Hinterſtube tief in einen
Berg von Wolfsfellen verſteckt, da ſie, für ihre eigene
Perſon doch mehr auf natürliche Mittel als auf Magie
vertrauend, eine Schwitzkur auf das nächtliche kalte
Bad für gut befunden hatte. Dagegen ſtanden zu
den Seiten des Druiden fünf ältere Männer; ſie ge¬
hörten zu dem Schlage der „alten Huſter“. Der
Druide hatte ein Geſicht, ſo hart und geſpannt, als
wäre es gefroren, man ſah auf den erſten Blick: das
war ein Verhörgeſicht! Der Schluß: ein Zeugenver¬
hör, und die Huſter haben ſchon deponirt, ergab ſich
von ſelbſt. „Es liegen,“ begann Angus, „gegen den
Fremdling Arthur mehrere ſehr beſchwerende Inzichten
vor als gegen einen Religionsſpötter, gegen einen
Götterleugner; von dir, Alpin, iſt mir zu Ohren
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ſein, als er das eine oder andere giftböſe Hohnwort
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[230/0243] behandelt, ausgelöſcht ſein, er blieb ſonſt hängen, klebte ſeinem Gewiſſen an, wenn er lebte, ſeinem Namen, wenn er fiel. Was thun, was thun? — Halt! — ihm kam Licht — die Wahrheit! Die Wahrheit: ſonſt gibt's hier nichts! Er gieng zum Druiden, ausgerüſtet, wie er war, mit ſeinen Waffen. Vor der Thüre hörte er drinnen einzelne Huſtlaute von verſchiedenen Stimmen. Er trat ein. Urhixidur war — gottlob! rief es in ihm — nicht da, ſie lag in der Hinterſtube tief in einen Berg von Wolfsfellen verſteckt, da ſie, für ihre eigene Perſon doch mehr auf natürliche Mittel als auf Magie vertrauend, eine Schwitzkur auf das nächtliche kalte Bad für gut befunden hatte. Dagegen ſtanden zu den Seiten des Druiden fünf ältere Männer; ſie ge¬ hörten zu dem Schlage der „alten Huſter“. Der Druide hatte ein Geſicht, ſo hart und geſpannt, als wäre es gefroren, man ſah auf den erſten Blick: das war ein Verhörgeſicht! Der Schluß: ein Zeugenver¬ hör, und die Huſter haben ſchon deponirt, ergab ſich von ſelbſt. „Es liegen,“ begann Angus, „gegen den Fremdling Arthur mehrere ſehr beſchwerende Inzichten vor als gegen einen Religionsſpötter, gegen einen Götterleugner; von dir, Alpin, iſt mir zu Ohren gekommen, du müſſeſt als Zeuge gegenwärtig geweſen ſein, als er das eine oder andere giftböſe Hohnwort über unſern heiligen Glauben und ehrwürdige gottes¬

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Zitationshilfe: Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1879, S. 230. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch01_1879/243>, abgerufen am 29.04.2024.