Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1879.

Bild:
<< vorherige Seite

auf welcher die Bildung der Pfahlbewohner angekom¬
men war, hatten sie bereits das Bärlappenmehl er¬
funden; der eine der zwei in dem Balg verborgenen
Bursche, der vordere, dessen Beine in den Vorderfüßen
stacken, hatte neben dem Prusten, Brüllen, Grunzen,
das er im Verein mit seinem Hintermann besorgte,
das Feuerspeien in's Werk zu setzen; er blies den
genannten Staub aus einem Federkiel über die Kohlen;
jetzt verschluckte er sich im Einathmen des Rauchs und
stieß den schwachbefestigten Kohlentopf hinaus. Der
hintere Bursche, unbequem auf dem Bauch liegend,
um dem Rumpfe des Unthiers mit seinem Leib eine
Füllung zu geben, hatte überdieß zwischen seinen Füßen
hindurch, welche die Hinterbeine vorstellten, nach rück¬
wärts ein schwankes, schlankes Weidenstämmchen zu
regieren, das den Grat des Schwanzes bildete; es
war keine Kleinigkeit, diese Stange festzuhalten, als
die Bärchen sich darauf setzten, sie entfiel ihm, zerrieß
die Wandung der künstlichen Form, der Schwanz brach
ab, die kleinen Petze kugelten um. "Thut nichts,
thut nichts!" schrieen ein paar muntere Bursche aus
der Mitte der Zuschauer, hemdärmelig, die Wämser
resolut über die linke Schulter geworfen; "nur lustig
weiter, kleiner Meilyr, kleiner Cynddelw!" Man ordnete
den Schaden mit Schnüren so gut es gieng, die zwei
munteren Grippospieler halfen sich weiter so gut sie
konnten, die übrigen Thiere erschienen, nun ebenfalls

auf welcher die Bildung der Pfahlbewohner angekom¬
men war, hatten ſie bereits das Bärlappenmehl er¬
funden; der eine der zwei in dem Balg verborgenen
Burſche, der vordere, deſſen Beine in den Vorderfüßen
ſtacken, hatte neben dem Pruſten, Brüllen, Grunzen,
das er im Verein mit ſeinem Hintermann beſorgte,
das Feuerſpeien in's Werk zu ſetzen; er blies den
genannten Staub aus einem Federkiel über die Kohlen;
jetzt verſchluckte er ſich im Einathmen des Rauchs und
ſtieß den ſchwachbefeſtigten Kohlentopf hinaus. Der
hintere Burſche, unbequem auf dem Bauch liegend,
um dem Rumpfe des Unthiers mit ſeinem Leib eine
Füllung zu geben, hatte überdieß zwiſchen ſeinen Füßen
hindurch, welche die Hinterbeine vorſtellten, nach rück¬
wärts ein ſchwankes, ſchlankes Weidenſtämmchen zu
regieren, das den Grat des Schwanzes bildete; es
war keine Kleinigkeit, dieſe Stange feſtzuhalten, als
die Bärchen ſich darauf ſetzten, ſie entfiel ihm, zerrieß
die Wandung der künſtlichen Form, der Schwanz brach
ab, die kleinen Petze kugelten um. „Thut nichts,
thut nichts!“ ſchrieen ein paar muntere Burſche aus
der Mitte der Zuſchauer, hemdärmelig, die Wämſer
reſolut über die linke Schulter geworfen; „nur luſtig
weiter, kleiner Meilyr, kleiner Cynddelw!“ Man ordnete
den Schaden mit Schnüren ſo gut es gieng, die zwei
munteren Grippoſpieler halfen ſich weiter ſo gut ſie
konnten, die übrigen Thiere erſchienen, nun ebenfalls

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0363" n="350"/>
auf welcher die Bildung der Pfahlbewohner angekom¬<lb/>
men war, hatten &#x017F;ie bereits das Bärlappenmehl er¬<lb/>
funden; der eine der zwei in dem Balg verborgenen<lb/>
Bur&#x017F;che, der vordere, de&#x017F;&#x017F;en Beine in den Vorderfüßen<lb/>
&#x017F;tacken, hatte neben dem Pru&#x017F;ten, Brüllen, Grunzen,<lb/>
das er im Verein mit &#x017F;einem Hintermann be&#x017F;orgte,<lb/>
das Feuer&#x017F;peien in's Werk zu &#x017F;etzen; er blies den<lb/>
genannten Staub aus einem Federkiel über die Kohlen;<lb/>
jetzt ver&#x017F;chluckte er &#x017F;ich im Einathmen des Rauchs und<lb/>
&#x017F;tieß den &#x017F;chwachbefe&#x017F;tigten Kohlentopf hinaus. Der<lb/>
hintere Bur&#x017F;che, unbequem auf dem Bauch liegend,<lb/>
um dem Rumpfe des Unthiers mit &#x017F;einem Leib eine<lb/>
Füllung zu geben, hatte überdieß zwi&#x017F;chen &#x017F;einen Füßen<lb/>
hindurch, welche die Hinterbeine vor&#x017F;tellten, nach rück¬<lb/>
wärts ein &#x017F;chwankes, &#x017F;chlankes Weiden&#x017F;tämmchen zu<lb/>
regieren, das den Grat des Schwanzes bildete; es<lb/>
war keine Kleinigkeit, die&#x017F;e Stange fe&#x017F;tzuhalten, als<lb/>
die Bärchen &#x017F;ich darauf &#x017F;etzten, &#x017F;ie entfiel ihm, zerrieß<lb/>
die Wandung der kün&#x017F;tlichen Form, der Schwanz brach<lb/>
ab, die kleinen Petze kugelten um. &#x201E;Thut nichts,<lb/>
thut nichts!&#x201C; &#x017F;chrieen ein paar muntere Bur&#x017F;che aus<lb/>
der Mitte der Zu&#x017F;chauer, hemdärmelig, die Wäm&#x017F;er<lb/>
re&#x017F;olut über die linke Schulter geworfen; &#x201E;nur lu&#x017F;tig<lb/>
weiter, kleiner Meilyr, kleiner Cynddelw!&#x201C; Man ordnete<lb/>
den Schaden mit Schnüren &#x017F;o gut es gieng, die zwei<lb/>
munteren Grippo&#x017F;pieler halfen &#x017F;ich weiter &#x017F;o gut &#x017F;ie<lb/>
konnten, die übrigen Thiere er&#x017F;chienen, nun ebenfalls<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[350/0363] auf welcher die Bildung der Pfahlbewohner angekom¬ men war, hatten ſie bereits das Bärlappenmehl er¬ funden; der eine der zwei in dem Balg verborgenen Burſche, der vordere, deſſen Beine in den Vorderfüßen ſtacken, hatte neben dem Pruſten, Brüllen, Grunzen, das er im Verein mit ſeinem Hintermann beſorgte, das Feuerſpeien in's Werk zu ſetzen; er blies den genannten Staub aus einem Federkiel über die Kohlen; jetzt verſchluckte er ſich im Einathmen des Rauchs und ſtieß den ſchwachbefeſtigten Kohlentopf hinaus. Der hintere Burſche, unbequem auf dem Bauch liegend, um dem Rumpfe des Unthiers mit ſeinem Leib eine Füllung zu geben, hatte überdieß zwiſchen ſeinen Füßen hindurch, welche die Hinterbeine vorſtellten, nach rück¬ wärts ein ſchwankes, ſchlankes Weidenſtämmchen zu regieren, das den Grat des Schwanzes bildete; es war keine Kleinigkeit, dieſe Stange feſtzuhalten, als die Bärchen ſich darauf ſetzten, ſie entfiel ihm, zerrieß die Wandung der künſtlichen Form, der Schwanz brach ab, die kleinen Petze kugelten um. „Thut nichts, thut nichts!“ ſchrieen ein paar muntere Burſche aus der Mitte der Zuſchauer, hemdärmelig, die Wämſer reſolut über die linke Schulter geworfen; „nur luſtig weiter, kleiner Meilyr, kleiner Cynddelw!“ Man ordnete den Schaden mit Schnüren ſo gut es gieng, die zwei munteren Grippoſpieler halfen ſich weiter ſo gut ſie konnten, die übrigen Thiere erſchienen, nun ebenfalls

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch01_1879
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch01_1879/363
Zitationshilfe: Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1879, S. 350. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch01_1879/363>, abgerufen am 16.05.2024.