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Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851.

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Die Kopffüßler tragen ihren Namen von der eigenthümlichen An-
ordnung ihrer verschiedenen Körpertheile. Im Wesentlichen bestehen
sie aus einem großen, meist länglichen oder rundlichen Eingeweidesacke,
auf welchen nach einer mehr oder minder deutlichen Einschnürung der
Kopf folgt, der mit gewaltigen, im Kreise gestellten Armen umgeben
ist, die eine Art Trichter bilden und in deren Grunde der Mund sich
befindet. Der Leib selbst ist von einem beutelförmigen Mantel um-

[Abbildung] Fig. 407.

Ein Pulxe (Octopus) von der Bauchseite.
Der Mantel ist der Mittellinie nach gespal-
ten und auf der einen Seite zurückgeschlagen, so
daß man die dort gelegene Kieme sieht. a Die
Einschnürung unter dem Kopfe. t Der Trichter
zum Aussprützen des Wassers. b Die seitliche
Oeffnung zum Einlassen des Wassers. o Die
linke Kieme.

schlossen, der nur auf der
Bauchseite nach vorne geöffnet
ist und hier die Zugänge zu
der Kiemenhöhle zeigt. Zwi-
schen und vor diesen Oeffnun-
gen sieht man eine trichterför-
mige Röhre, durch welche das
Wasser, welches zur Athmung
gedient hat, ausgeworfen wird.
Zur Seite des Kopfes stehen
zwei große, meist vorgequollene
Augen, deren Structur hin-
sichtlich ihrer Complication in
keiner Weise derjenigen der
höheren Thiere nachstehen
dürfte. Die Arme selbst, wel-
che um den Mund stehen, sind
muskulöse Fortsätze, die sowohl
zur Ortsbewegung als auch
zum Fangen der Beute dienen
und häufig mit Saugnäpfen
oder Haken besetzt sind. Mittelst dieser Arme kriechen die Cephalopo-
den theils in umgekehrter Stellung umher, theils bedienen sie sich
derselben zur Unterstützung des Schwimmens, welches vorzugsweise
durch die Athembewegung vollbracht wird. Nur wenige der jetzt leben-
den Kopffüßler haben eine Schale, die indeß höchst eigenthümlich ge-
bildet ist. Viele besitzen einen inneren, in der Rückenwand des Man-
tels gelegenen Knochen, der oft versteinert erhalten wurde und keine
entbehren aller festeren Theile, da bei allen ein solider, meist aus meh-
reren Stücken zusammengesetzter Kopfknorpel existirt, in welchem das
Gehirn eingeschlossen ist.

Die Haut der Kopffüßler ist meistens derb, lederartig und mit

Die Kopffüßler tragen ihren Namen von der eigenthümlichen An-
ordnung ihrer verſchiedenen Körpertheile. Im Weſentlichen beſtehen
ſie aus einem großen, meiſt länglichen oder rundlichen Eingeweideſacke,
auf welchen nach einer mehr oder minder deutlichen Einſchnürung der
Kopf folgt, der mit gewaltigen, im Kreiſe geſtellten Armen umgeben
iſt, die eine Art Trichter bilden und in deren Grunde der Mund ſich
befindet. Der Leib ſelbſt iſt von einem beutelförmigen Mantel um-

[Abbildung] Fig. 407.

Ein Pulxe (Octopus) von der Bauchſeite.
Der Mantel iſt der Mittellinie nach geſpal-
ten und auf der einen Seite zurückgeſchlagen, ſo
daß man die dort gelegene Kieme ſieht. a Die
Einſchnürung unter dem Kopfe. t Der Trichter
zum Ausſprützen des Waſſers. b Die ſeitliche
Oeffnung zum Einlaſſen des Waſſers. o Die
linke Kieme.

ſchloſſen, der nur auf der
Bauchſeite nach vorne geöffnet
iſt und hier die Zugänge zu
der Kiemenhöhle zeigt. Zwi-
ſchen und vor dieſen Oeffnun-
gen ſieht man eine trichterför-
mige Röhre, durch welche das
Waſſer, welches zur Athmung
gedient hat, ausgeworfen wird.
Zur Seite des Kopfes ſtehen
zwei große, meiſt vorgequollene
Augen, deren Structur hin-
ſichtlich ihrer Complication in
keiner Weiſe derjenigen der
höheren Thiere nachſtehen
dürfte. Die Arme ſelbſt, wel-
che um den Mund ſtehen, ſind
muskulöſe Fortſätze, die ſowohl
zur Ortsbewegung als auch
zum Fangen der Beute dienen
und häufig mit Saugnäpfen
oder Haken beſetzt ſind. Mittelſt dieſer Arme kriechen die Cephalopo-
den theils in umgekehrter Stellung umher, theils bedienen ſie ſich
derſelben zur Unterſtützung des Schwimmens, welches vorzugsweiſe
durch die Athembewegung vollbracht wird. Nur wenige der jetzt leben-
den Kopffüßler haben eine Schale, die indeß höchſt eigenthümlich ge-
bildet iſt. Viele beſitzen einen inneren, in der Rückenwand des Man-
tels gelegenen Knochen, der oft verſteinert erhalten wurde und keine
entbehren aller feſteren Theile, da bei allen ein ſolider, meiſt aus meh-
reren Stücken zuſammengeſetzter Kopfknorpel exiſtirt, in welchem das
Gehirn eingeſchloſſen iſt.

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[362/0368] Die Kopffüßler tragen ihren Namen von der eigenthümlichen An- ordnung ihrer verſchiedenen Körpertheile. Im Weſentlichen beſtehen ſie aus einem großen, meiſt länglichen oder rundlichen Eingeweideſacke, auf welchen nach einer mehr oder minder deutlichen Einſchnürung der Kopf folgt, der mit gewaltigen, im Kreiſe geſtellten Armen umgeben iſt, die eine Art Trichter bilden und in deren Grunde der Mund ſich befindet. Der Leib ſelbſt iſt von einem beutelförmigen Mantel um- [Abbildung Fig. 407. Ein Pulxe (Octopus) von der Bauchſeite. Der Mantel iſt der Mittellinie nach geſpal- ten und auf der einen Seite zurückgeſchlagen, ſo daß man die dort gelegene Kieme ſieht. a Die Einſchnürung unter dem Kopfe. t Der Trichter zum Ausſprützen des Waſſers. b Die ſeitliche Oeffnung zum Einlaſſen des Waſſers. o Die linke Kieme.] ſchloſſen, der nur auf der Bauchſeite nach vorne geöffnet iſt und hier die Zugänge zu der Kiemenhöhle zeigt. Zwi- ſchen und vor dieſen Oeffnun- gen ſieht man eine trichterför- mige Röhre, durch welche das Waſſer, welches zur Athmung gedient hat, ausgeworfen wird. Zur Seite des Kopfes ſtehen zwei große, meiſt vorgequollene Augen, deren Structur hin- ſichtlich ihrer Complication in keiner Weiſe derjenigen der höheren Thiere nachſtehen dürfte. Die Arme ſelbſt, wel- che um den Mund ſtehen, ſind muskulöſe Fortſätze, die ſowohl zur Ortsbewegung als auch zum Fangen der Beute dienen und häufig mit Saugnäpfen oder Haken beſetzt ſind. Mittelſt dieſer Arme kriechen die Cephalopo- den theils in umgekehrter Stellung umher, theils bedienen ſie ſich derſelben zur Unterſtützung des Schwimmens, welches vorzugsweiſe durch die Athembewegung vollbracht wird. Nur wenige der jetzt leben- den Kopffüßler haben eine Schale, die indeß höchſt eigenthümlich ge- bildet iſt. Viele beſitzen einen inneren, in der Rückenwand des Man- tels gelegenen Knochen, der oft verſteinert erhalten wurde und keine entbehren aller feſteren Theile, da bei allen ein ſolider, meiſt aus meh- reren Stücken zuſammengeſetzter Kopfknorpel exiſtirt, in welchem das Gehirn eingeſchloſſen iſt. Die Haut der Kopffüßler iſt meiſtens derb, lederartig und mit

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Zitationshilfe: Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851, S. 362. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe01_1851/368>, abgerufen am 29.04.2024.