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Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851.

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dreieckigen, starken, innen gezähnelten Kiefern, sehr rudimentären Kinn-
laden mit kurzen zweigliederigen Tastern und einer schmalen Unter-
lippe, die längere, viergliederige Taster trägt. Die Flügel sind stark-
zellig, die vorderen weit größer als die hinteren, und die Legeröhre
der Weibchen außerordentlich stark und gezähnelt, so daß sie tiefe
Löcher in das festeste Holz bohren können. Die Larven der Holz-
wespen sind cylindrisch, gestreckt, mit hartem, hornigem Kopfe und
sechs kleinen gegliederten Füßen versehen, so daß sie fast ganz das
Ansehen von Käferlarven haben; sie bohren in lebendem Holze, und
verwandeln sich nach einigen Jahren, nachdem sie sich einen losen
Seidencocon gesponnen haben. Sirex; Xiphydria.

Die Familie der Blattwespen (Tenthredinida) ist der vorigen
in dem erwachsenen Insekte sehr ähnlich, unterscheidet sich aber haupt-
sächlich durch die oft sonderbar gestalteten Fühler, die bald keulen-

[Abbildung] Fig. 911.

Tenthredo.

[Abbildung] Fig. 912.

Cimbex.

förmig, bald ausgezeichnet kammartig gestaltet sind, ferner durch die
sechsgliederigen Kinnladentaster und die weit kürzere Legeröhre, welche
indeß ebenso stark und sägeartig gezähnelt ist, als diejenige der vori-
gen Familie. Die meisten Blattwespen sägen die Blätter oder safti-
gen Stengel mit dieser Legeröhre an, worauf sich diese meist einrollen
und so der jungen Larve Schutz gewähren; die Larven selbst haben
einen hornigen Kopf und sechs hornige Brustfüße, so wie falsche
Bauchfüße, wodurch sie den Schmetterlingsraupen sehr ähnlich sehen;
sie unterscheiden sich aber von diesen gerade durch die Zahl der After-
füße, indem sie wenigstens deren zwölf haben, ja selbst sechzehn haben
können, während die Schmetterlingsraupen nur acht und höchstens
zehn falsche Füße besitzen. Außerdem haben diese Afterraupen,
wie man sie genannt hat, zwei einfache Augen auf der Stirn und
zwei sehr kleine kegelförmige Fühler, die ebenfalls den ächten Raupen

dreieckigen, ſtarken, innen gezähnelten Kiefern, ſehr rudimentären Kinn-
laden mit kurzen zweigliederigen Taſtern und einer ſchmalen Unter-
lippe, die längere, viergliederige Taſter trägt. Die Flügel ſind ſtark-
zellig, die vorderen weit größer als die hinteren, und die Legeröhre
der Weibchen außerordentlich ſtark und gezähnelt, ſo daß ſie tiefe
Löcher in das feſteſte Holz bohren können. Die Larven der Holz-
wespen ſind cylindriſch, geſtreckt, mit hartem, hornigem Kopfe und
ſechs kleinen gegliederten Füßen verſehen, ſo daß ſie faſt ganz das
Anſehen von Käferlarven haben; ſie bohren in lebendem Holze, und
verwandeln ſich nach einigen Jahren, nachdem ſie ſich einen loſen
Seidencocon geſponnen haben. Sirex; Xiphydria.

Die Familie der Blattwespen (Tenthredinida) iſt der vorigen
in dem erwachſenen Inſekte ſehr ähnlich, unterſcheidet ſich aber haupt-
ſächlich durch die oft ſonderbar geſtalteten Fühler, die bald keulen-

[Abbildung] Fig. 911.

Tenthredo.

[Abbildung] Fig. 912.

Cimbex.

förmig, bald ausgezeichnet kammartig geſtaltet ſind, ferner durch die
ſechsgliederigen Kinnladentaſter und die weit kürzere Legeröhre, welche
indeß ebenſo ſtark und ſägeartig gezähnelt iſt, als diejenige der vori-
gen Familie. Die meiſten Blattwespen ſägen die Blätter oder ſafti-
gen Stengel mit dieſer Legeröhre an, worauf ſich dieſe meiſt einrollen
und ſo der jungen Larve Schutz gewähren; die Larven ſelbſt haben
einen hornigen Kopf und ſechs hornige Bruſtfüße, ſo wie falſche
Bauchfüße, wodurch ſie den Schmetterlingsraupen ſehr ähnlich ſehen;
ſie unterſcheiden ſich aber von dieſen gerade durch die Zahl der After-
füße, indem ſie wenigſtens deren zwölf haben, ja ſelbſt ſechzehn haben
können, während die Schmetterlingsraupen nur acht und höchſtens
zehn falſche Füße beſitzen. Außerdem haben dieſe Afterraupen,
wie man ſie genannt hat, zwei einfache Augen auf der Stirn und
zwei ſehr kleine kegelförmige Fühler, die ebenfalls den ächten Raupen

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[694/0700] dreieckigen, ſtarken, innen gezähnelten Kiefern, ſehr rudimentären Kinn- laden mit kurzen zweigliederigen Taſtern und einer ſchmalen Unter- lippe, die längere, viergliederige Taſter trägt. Die Flügel ſind ſtark- zellig, die vorderen weit größer als die hinteren, und die Legeröhre der Weibchen außerordentlich ſtark und gezähnelt, ſo daß ſie tiefe Löcher in das feſteſte Holz bohren können. Die Larven der Holz- wespen ſind cylindriſch, geſtreckt, mit hartem, hornigem Kopfe und ſechs kleinen gegliederten Füßen verſehen, ſo daß ſie faſt ganz das Anſehen von Käferlarven haben; ſie bohren in lebendem Holze, und verwandeln ſich nach einigen Jahren, nachdem ſie ſich einen loſen Seidencocon geſponnen haben. Sirex; Xiphydria. Die Familie der Blattwespen (Tenthredinida) iſt der vorigen in dem erwachſenen Inſekte ſehr ähnlich, unterſcheidet ſich aber haupt- ſächlich durch die oft ſonderbar geſtalteten Fühler, die bald keulen- [Abbildung Fig. 911. Tenthredo.] [Abbildung Fig. 912. Cimbex.] förmig, bald ausgezeichnet kammartig geſtaltet ſind, ferner durch die ſechsgliederigen Kinnladentaſter und die weit kürzere Legeröhre, welche indeß ebenſo ſtark und ſägeartig gezähnelt iſt, als diejenige der vori- gen Familie. Die meiſten Blattwespen ſägen die Blätter oder ſafti- gen Stengel mit dieſer Legeröhre an, worauf ſich dieſe meiſt einrollen und ſo der jungen Larve Schutz gewähren; die Larven ſelbſt haben einen hornigen Kopf und ſechs hornige Bruſtfüße, ſo wie falſche Bauchfüße, wodurch ſie den Schmetterlingsraupen ſehr ähnlich ſehen; ſie unterſcheiden ſich aber von dieſen gerade durch die Zahl der After- füße, indem ſie wenigſtens deren zwölf haben, ja ſelbſt ſechzehn haben können, während die Schmetterlingsraupen nur acht und höchſtens zehn falſche Füße beſitzen. Außerdem haben dieſe Afterraupen, wie man ſie genannt hat, zwei einfache Augen auf der Stirn und zwei ſehr kleine kegelförmige Fühler, die ebenfalls den ächten Raupen

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Zitationshilfe: Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851, S. 694. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe01_1851/700>, abgerufen am 02.05.2024.