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Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851.

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Kopf ist rundlich, zuweilen mit spitzer vorgezogener Schnauze, die
Ohren vorstehend, oft bedeutend groß, der Schwanz stets lang, mehr
oder minder buschig, das Gebiß und die Vorderhände bei den ver-
schiedenen Familien sehr verschieden gestaltet. An den Hinterfüßen
trägt der Daumen stets einen Plattnagel, während der Nagel des
Zeigefingers immer in Gestalt einer Kralle oder eines Pfriemens aus-
gebildet ist und zuweilen auch die übrigen Finger solche Krallen tra-
gen. Es sind meistens träge nächtliche Thiere, die mit großer Ge-
schicklichkeit klettern und springen, sich von Insekten und Früchten
nähren, theilweise aber auch lediglich auf Pflanzennahrung angewiesen
sind. Wir nehmen folgende Familien an:

[Abbildung] Fig. 1469.

Der Ai-Ai (Chiromys madagascarensis).

Die Dünnfinger (Leptodactyla) sind bis jetzt nur durch die ein-
zige Gattung Chiromys repräsentirt, die nur äußerst selten auf Ma-
dagaskar gefunden worden ist und die ein so natürliches Uebergangs-
glied zwischen den Nagern und den Aeffern bildet, daß sie je nach der
Wichtigkeit, welche man dem einen oder dem andern Charakter bei-
legte, von den verschiedenen Forschern bald zu der einen, bald zu der
anderen Ordnung gerechnet wurde. Der Schädel ist rund gewölbt,
die Augenhöhlen vollkommen geschlossen, was bei keinem Nager vor-
kommt, der Schnauzentheil der Kiefer sehr kurz, das Gesicht im Gan-
zen dem eines Eichhörnchens ähnlich, mit welchem das Thier auch
vollständig im Gebisse übereinstimmt; es finden sich nämlich oben und

Kopf iſt rundlich, zuweilen mit ſpitzer vorgezogener Schnauze, die
Ohren vorſtehend, oft bedeutend groß, der Schwanz ſtets lang, mehr
oder minder buſchig, das Gebiß und die Vorderhände bei den ver-
ſchiedenen Familien ſehr verſchieden geſtaltet. An den Hinterfüßen
trägt der Daumen ſtets einen Plattnagel, während der Nagel des
Zeigefingers immer in Geſtalt einer Kralle oder eines Pfriemens aus-
gebildet iſt und zuweilen auch die übrigen Finger ſolche Krallen tra-
gen. Es ſind meiſtens träge nächtliche Thiere, die mit großer Ge-
ſchicklichkeit klettern und ſpringen, ſich von Inſekten und Früchten
nähren, theilweiſe aber auch lediglich auf Pflanzennahrung angewieſen
ſind. Wir nehmen folgende Familien an:

[Abbildung] Fig. 1469.

Der Ai-Ai (Chiromys madagascarensis).

Die Dünnfinger (Leptodactyla) ſind bis jetzt nur durch die ein-
zige Gattung Chiromys repräſentirt, die nur äußerſt ſelten auf Ma-
dagaskar gefunden worden iſt und die ein ſo natürliches Uebergangs-
glied zwiſchen den Nagern und den Aeffern bildet, daß ſie je nach der
Wichtigkeit, welche man dem einen oder dem andern Charakter bei-
legte, von den verſchiedenen Forſchern bald zu der einen, bald zu der
anderen Ordnung gerechnet wurde. Der Schädel iſt rund gewölbt,
die Augenhöhlen vollkommen geſchloſſen, was bei keinem Nager vor-
kommt, der Schnauzentheil der Kiefer ſehr kurz, das Geſicht im Gan-
zen dem eines Eichhörnchens ähnlich, mit welchem das Thier auch
vollſtändig im Gebiſſe übereinſtimmt; es finden ſich nämlich oben und

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[525/0531] Kopf iſt rundlich, zuweilen mit ſpitzer vorgezogener Schnauze, die Ohren vorſtehend, oft bedeutend groß, der Schwanz ſtets lang, mehr oder minder buſchig, das Gebiß und die Vorderhände bei den ver- ſchiedenen Familien ſehr verſchieden geſtaltet. An den Hinterfüßen trägt der Daumen ſtets einen Plattnagel, während der Nagel des Zeigefingers immer in Geſtalt einer Kralle oder eines Pfriemens aus- gebildet iſt und zuweilen auch die übrigen Finger ſolche Krallen tra- gen. Es ſind meiſtens träge nächtliche Thiere, die mit großer Ge- ſchicklichkeit klettern und ſpringen, ſich von Inſekten und Früchten nähren, theilweiſe aber auch lediglich auf Pflanzennahrung angewieſen ſind. Wir nehmen folgende Familien an: [Abbildung Fig. 1469. Der Ai-Ai (Chiromys madagascarensis). ] Die Dünnfinger (Leptodactyla) ſind bis jetzt nur durch die ein- zige Gattung Chiromys repräſentirt, die nur äußerſt ſelten auf Ma- dagaskar gefunden worden iſt und die ein ſo natürliches Uebergangs- glied zwiſchen den Nagern und den Aeffern bildet, daß ſie je nach der Wichtigkeit, welche man dem einen oder dem andern Charakter bei- legte, von den verſchiedenen Forſchern bald zu der einen, bald zu der anderen Ordnung gerechnet wurde. Der Schädel iſt rund gewölbt, die Augenhöhlen vollkommen geſchloſſen, was bei keinem Nager vor- kommt, der Schnauzentheil der Kiefer ſehr kurz, das Geſicht im Gan- zen dem eines Eichhörnchens ähnlich, mit welchem das Thier auch vollſtändig im Gebiſſe übereinſtimmt; es finden ſich nämlich oben und

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Zitationshilfe: Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851, S. 525. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe02_1851/531>, abgerufen am 05.05.2024.