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Voß, Julius von: Ini. Ein Roman aus dem ein und zwanzigsten Jahrhundert. Berlin, 1810.

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ihrer Kraft brachen beider Klingen. Nur die
Arme blieben den ergrimmten Kämpfern noch
übrig. Den fabelhaften Riesen der Vorzeit gleich
umschlangen sie sich damit, und geriethen auf
das Eis eines kleinen Sees, der dort lag.

Der Tatarfürst schien an Nervengewalt sei¬
nem Feinde nicht nachzustehen, doch lebte ihm
keine hohe Liebe daheim, in deren Anruf er seine
Heldenkraft verdoppeln konnte. Allein vor Gui¬
dos Seele stand Inis segnendes Bild und neue
Götterflammen strömten in seine Brust. Mit
des Bildes Erscheinung lebte auch das Triumph¬
gefühl in ihm auf. Es ward ihm ein Spiel,
hoch den Tatar empor zu heben und ungestüm
gegen die gefrorne Fläche zu werfen. Der Fall
des Gepanzerten aufs Haupt war entscheidend,
die Gebeine des Nackens waren zerschellt, weit
glitt der Leichnam auf das klare Eis hin.

Guido nahm das zertrümmerte Schwert, den
Panzer und eine Diamantkette, die an der Brust
des Todten hing, alles an Ini zu senden. Die
Europäer ließen Sieggesang ertönen, die Räu¬
berhorden flehten um Gnade und lieferten die
Waffen ab.

Man fand großen Raub im Lager, den Guido

ihrer Kraft brachen beider Klingen. Nur die
Arme blieben den ergrimmten Kaͤmpfern noch
uͤbrig. Den fabelhaften Rieſen der Vorzeit gleich
umſchlangen ſie ſich damit, und geriethen auf
das Eis eines kleinen Sees, der dort lag.

Der Tatarfuͤrſt ſchien an Nervengewalt ſei¬
nem Feinde nicht nachzuſtehen, doch lebte ihm
keine hohe Liebe daheim, in deren Anruf er ſeine
Heldenkraft verdoppeln konnte. Allein vor Gui¬
dos Seele ſtand Inis ſegnendes Bild und neue
Goͤtterflammen ſtroͤmten in ſeine Bruſt. Mit
des Bildes Erſcheinung lebte auch das Triumph¬
gefuͤhl in ihm auf. Es ward ihm ein Spiel,
hoch den Tatar empor zu heben und ungeſtuͤm
gegen die gefrorne Flaͤche zu werfen. Der Fall
des Gepanzerten aufs Haupt war entſcheidend,
die Gebeine des Nackens waren zerſchellt, weit
glitt der Leichnam auf das klare Eis hin.

Guido nahm das zertruͤmmerte Schwert, den
Panzer und eine Diamantkette, die an der Bruſt
des Todten hing, alles an Ini zu ſenden. Die
Europaͤer ließen Sieggeſang ertoͤnen, die Raͤu¬
berhorden flehten um Gnade und lieferten die
Waffen ab.

Man fand großen Raub im Lager, den Guido

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[119/0131] ihrer Kraft brachen beider Klingen. Nur die Arme blieben den ergrimmten Kaͤmpfern noch uͤbrig. Den fabelhaften Rieſen der Vorzeit gleich umſchlangen ſie ſich damit, und geriethen auf das Eis eines kleinen Sees, der dort lag. Der Tatarfuͤrſt ſchien an Nervengewalt ſei¬ nem Feinde nicht nachzuſtehen, doch lebte ihm keine hohe Liebe daheim, in deren Anruf er ſeine Heldenkraft verdoppeln konnte. Allein vor Gui¬ dos Seele ſtand Inis ſegnendes Bild und neue Goͤtterflammen ſtroͤmten in ſeine Bruſt. Mit des Bildes Erſcheinung lebte auch das Triumph¬ gefuͤhl in ihm auf. Es ward ihm ein Spiel, hoch den Tatar empor zu heben und ungeſtuͤm gegen die gefrorne Flaͤche zu werfen. Der Fall des Gepanzerten aufs Haupt war entſcheidend, die Gebeine des Nackens waren zerſchellt, weit glitt der Leichnam auf das klare Eis hin. Guido nahm das zertruͤmmerte Schwert, den Panzer und eine Diamantkette, die an der Bruſt des Todten hing, alles an Ini zu ſenden. Die Europaͤer ließen Sieggeſang ertoͤnen, die Raͤu¬ berhorden flehten um Gnade und lieferten die Waffen ab. Man fand großen Raub im Lager, den Guido

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Zitationshilfe: Voß, Julius von: Ini. Ein Roman aus dem ein und zwanzigsten Jahrhundert. Berlin, 1810, S. 119. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/voss_ini_1810/131>, abgerufen am 24.04.2024.