Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Voß, Julius von: Ini. Ein Roman aus dem ein und zwanzigsten Jahrhundert. Berlin, 1810.

Bild:
<< vorherige Seite

die Völkerübereinkunft ihn bloß auf die Heere
ausdehnt. Der Soldat würde sich entehrt hal¬
ten, wenn ein ruhiger Bewohner des Landes
über ihn klagte. Wenigstens denkt der Soldat
von Europa so.

Eine treffliche Ansicht stellte sich, da sie an
den majestätischen, mit Schiffen bedeckten, Strom
kamen, in der mit ihren Vorstädten und Gär¬
ten unabsehlich ans Ufer hinlaufenden Stadt
Warschau dar. Der jenseitige hohe Rand war
terrassenförmig mit Pappelalleen geschmückt, von
der Höhe winkten Prachtgebäude, Tempelkup¬
peln mit reicher Vergoldung, Obelisken, Tele¬
graphen- und Glockenthürme. Sternwarten,
Luftpostzinnen und andere hohe Gebäude, wie
sie jetzt in Städten üblich waren, hoben sich
aus dem Steinmeere in bezaubernden Verhält¬
nissen empor. Man hielt überhaupt in diesem
Jahrhundert viel auf die Phisiognomie der
Städte, die schon in weiter Ferne dem Wande¬
rer verkündeten, was er im Innern zu finden
hoffen dürfe.

Sie fuhren über die prächtige Marmorbrücke,
zu beiden Seiten mit athenischen Bildsäulen ge¬
ziert. Guido wunderte sich, da er den Strom

die Voͤlkeruͤbereinkunft ihn bloß auf die Heere
ausdehnt. Der Soldat wuͤrde ſich entehrt hal¬
ten, wenn ein ruhiger Bewohner des Landes
uͤber ihn klagte. Wenigſtens denkt der Soldat
von Europa ſo.

Eine treffliche Anſicht ſtellte ſich, da ſie an
den majeſtaͤtiſchen, mit Schiffen bedeckten, Strom
kamen, in der mit ihren Vorſtaͤdten und Gaͤr¬
ten unabſehlich ans Ufer hinlaufenden Stadt
Warſchau dar. Der jenſeitige hohe Rand war
terraſſenfoͤrmig mit Pappelalleen geſchmuͤckt, von
der Hoͤhe winkten Prachtgebaͤude, Tempelkup¬
peln mit reicher Vergoldung, Obelisken, Tele¬
graphen- und Glockenthuͤrme. Sternwarten,
Luftpoſtzinnen und andere hohe Gebaͤude, wie
ſie jetzt in Staͤdten uͤblich waren, hoben ſich
aus dem Steinmeere in bezaubernden Verhaͤlt¬
niſſen empor. Man hielt uͤberhaupt in dieſem
Jahrhundert viel auf die Phiſiognomie der
Staͤdte, die ſchon in weiter Ferne dem Wande¬
rer verkuͤndeten, was er im Innern zu finden
hoffen duͤrfe.

Sie fuhren uͤber die praͤchtige Marmorbruͤcke,
zu beiden Seiten mit atheniſchen Bildſaͤulen ge¬
ziert. Guido wunderte ſich, da er den Strom

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0161" n="149"/>
die Vo&#x0364;lkeru&#x0364;bereinkunft ihn bloß auf die Heere<lb/>
ausdehnt. Der Soldat wu&#x0364;rde &#x017F;ich entehrt hal¬<lb/>
ten, wenn ein ruhiger Bewohner des Landes<lb/>
u&#x0364;ber ihn klagte. Wenig&#x017F;tens denkt der Soldat<lb/>
von Europa &#x017F;o.</p><lb/>
          <p>Eine treffliche An&#x017F;icht &#x017F;tellte &#x017F;ich, da &#x017F;ie an<lb/>
den maje&#x017F;ta&#x0364;ti&#x017F;chen, mit Schiffen bedeckten, Strom<lb/>
kamen, in der mit ihren Vor&#x017F;ta&#x0364;dten und Ga&#x0364;<lb/>
ten unab&#x017F;ehlich ans Ufer hinlaufenden Stadt<lb/>
War&#x017F;chau dar. Der jen&#x017F;eitige hohe Rand war<lb/>
terra&#x017F;&#x017F;enfo&#x0364;rmig mit Pappelalleen ge&#x017F;chmu&#x0364;ckt, von<lb/>
der Ho&#x0364;he winkten Prachtgeba&#x0364;ude, Tempelkup¬<lb/>
peln mit reicher Vergoldung, Obelisken, Tele¬<lb/>
graphen- und Glockenthu&#x0364;rme. Sternwarten,<lb/>
Luftpo&#x017F;tzinnen und andere hohe Geba&#x0364;ude, wie<lb/>
&#x017F;ie jetzt in Sta&#x0364;dten u&#x0364;blich waren, hoben &#x017F;ich<lb/>
aus dem Steinmeere in bezaubernden Verha&#x0364;lt¬<lb/>
ni&#x017F;&#x017F;en empor. Man hielt u&#x0364;berhaupt in die&#x017F;em<lb/>
Jahrhundert viel auf die Phi&#x017F;iognomie der<lb/>
Sta&#x0364;dte, die &#x017F;chon in weiter Ferne dem Wande¬<lb/>
rer verku&#x0364;ndeten, was er im Innern zu finden<lb/>
hoffen du&#x0364;rfe.</p><lb/>
          <p>Sie fuhren u&#x0364;ber die pra&#x0364;chtige Marmorbru&#x0364;cke,<lb/>
zu beiden Seiten mit atheni&#x017F;chen Bild&#x017F;a&#x0364;ulen ge¬<lb/>
ziert. Guido wunderte &#x017F;ich, da er den Strom<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[149/0161] die Voͤlkeruͤbereinkunft ihn bloß auf die Heere ausdehnt. Der Soldat wuͤrde ſich entehrt hal¬ ten, wenn ein ruhiger Bewohner des Landes uͤber ihn klagte. Wenigſtens denkt der Soldat von Europa ſo. Eine treffliche Anſicht ſtellte ſich, da ſie an den majeſtaͤtiſchen, mit Schiffen bedeckten, Strom kamen, in der mit ihren Vorſtaͤdten und Gaͤr¬ ten unabſehlich ans Ufer hinlaufenden Stadt Warſchau dar. Der jenſeitige hohe Rand war terraſſenfoͤrmig mit Pappelalleen geſchmuͤckt, von der Hoͤhe winkten Prachtgebaͤude, Tempelkup¬ peln mit reicher Vergoldung, Obelisken, Tele¬ graphen- und Glockenthuͤrme. Sternwarten, Luftpoſtzinnen und andere hohe Gebaͤude, wie ſie jetzt in Staͤdten uͤblich waren, hoben ſich aus dem Steinmeere in bezaubernden Verhaͤlt¬ niſſen empor. Man hielt uͤberhaupt in dieſem Jahrhundert viel auf die Phiſiognomie der Staͤdte, die ſchon in weiter Ferne dem Wande¬ rer verkuͤndeten, was er im Innern zu finden hoffen duͤrfe. Sie fuhren uͤber die praͤchtige Marmorbruͤcke, zu beiden Seiten mit atheniſchen Bildſaͤulen ge¬ ziert. Guido wunderte ſich, da er den Strom

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/voss_ini_1810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/voss_ini_1810/161
Zitationshilfe: Voß, Julius von: Ini. Ein Roman aus dem ein und zwanzigsten Jahrhundert. Berlin, 1810, S. 149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/voss_ini_1810/161>, abgerufen am 26.04.2024.