Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Voß, Julius von: Ini. Ein Roman aus dem ein und zwanzigsten Jahrhundert. Berlin, 1810.

Bild:
<< vorherige Seite

röhre, großer und kleiner Art, feil, welche von
Völkern, die noch keine Waffenmanufakturen hat¬
ten, eingetauscht oder gekauft wurden. Man
ging aber auch, vorausgesetzt, daß man reich ge¬
nug war zu solchen Ausgaben, in ihre vorhan¬
denen Metallgießereien oder Schmieden, um sich,
die Geliebte, den Freund, in Erz oder Stahl
bilden zu lassen. Augenblicklich drückten ge¬
schickte Meister die Gestalt in Wachs ab, um sie
gleich darauf in Thon nachzuahmen. Das Me¬
tall floß schon in den Glühöfen, eilig vollende¬
ten flinke Gesellen die hohle Form, und der
Guß erfolgte. Durch künstliche Mittel ward
nun das Metall erkaltet, die Form zerschlagen,
das Jahrtausende höhnende Standbild heraus
gewunden und glatt polirt. Noch geschwinder
gingen die Stahlschmiede, mittelst ihrer mecha¬
nischen Vorrichtungen, Feinheit und Gewalt auf
eine zuvor nie erdachte Weise verbindend, zu
Werke. Ein Fürst aus Amerika, eben mit seiner
jungen Gemahlin zugegen, ließ sich mit dersel¬
ben in Silber darstellen. Guido hätte weinen
mögen, nicht Ini hier zu sehn, und kein Kai¬
sersohn zu sein, um ihre Statue in Gold zu
begehren.

L2

roͤhre, großer und kleiner Art, feil, welche von
Voͤlkern, die noch keine Waffenmanufakturen hat¬
ten, eingetauſcht oder gekauft wurden. Man
ging aber auch, vorausgeſetzt, daß man reich ge¬
nug war zu ſolchen Ausgaben, in ihre vorhan¬
denen Metallgießereien oder Schmieden, um ſich,
die Geliebte, den Freund, in Erz oder Stahl
bilden zu laſſen. Augenblicklich druͤckten ge¬
ſchickte Meiſter die Geſtalt in Wachs ab, um ſie
gleich darauf in Thon nachzuahmen. Das Me¬
tall floß ſchon in den Gluͤhoͤfen, eilig vollende¬
ten flinke Geſellen die hohle Form, und der
Guß erfolgte. Durch kuͤnſtliche Mittel ward
nun das Metall erkaltet, die Form zerſchlagen,
das Jahrtauſende hoͤhnende Standbild heraus
gewunden und glatt polirt. Noch geſchwinder
gingen die Stahlſchmiede, mittelſt ihrer mecha¬
niſchen Vorrichtungen, Feinheit und Gewalt auf
eine zuvor nie erdachte Weiſe verbindend, zu
Werke. Ein Fuͤrſt aus Amerika, eben mit ſeiner
jungen Gemahlin zugegen, ließ ſich mit derſel¬
ben in Silber darſtellen. Guido haͤtte weinen
moͤgen, nicht Ini hier zu ſehn, und kein Kai¬
ſerſohn zu ſein, um ihre Statue in Gold zu
begehren.

L2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0175" n="163"/>
ro&#x0364;hre, großer und kleiner Art, feil, welche von<lb/>
Vo&#x0364;lkern, die noch keine Waffenmanufakturen hat¬<lb/>
ten, eingetau&#x017F;cht oder gekauft wurden. Man<lb/>
ging aber auch, vorausge&#x017F;etzt, daß man reich ge¬<lb/>
nug war zu &#x017F;olchen Ausgaben, in ihre vorhan¬<lb/>
denen Metallgießereien oder Schmieden, um &#x017F;ich,<lb/>
die Geliebte, den Freund, in Erz oder Stahl<lb/>
bilden zu la&#x017F;&#x017F;en. Augenblicklich dru&#x0364;ckten ge¬<lb/>
&#x017F;chickte Mei&#x017F;ter die Ge&#x017F;talt in Wachs ab, um &#x017F;ie<lb/>
gleich darauf in Thon nachzuahmen. Das Me¬<lb/>
tall floß &#x017F;chon in den Glu&#x0364;ho&#x0364;fen, eilig vollende¬<lb/>
ten flinke Ge&#x017F;ellen die hohle Form, und der<lb/>
Guß erfolgte. Durch ku&#x0364;n&#x017F;tliche Mittel ward<lb/>
nun das Metall erkaltet, die Form zer&#x017F;chlagen,<lb/>
das Jahrtau&#x017F;ende ho&#x0364;hnende Standbild heraus<lb/>
gewunden und glatt polirt. Noch ge&#x017F;chwinder<lb/>
gingen die Stahl&#x017F;chmiede, mittel&#x017F;t ihrer mecha¬<lb/>
ni&#x017F;chen Vorrichtungen, Feinheit und Gewalt auf<lb/>
eine zuvor nie erdachte Wei&#x017F;e verbindend, zu<lb/>
Werke. Ein Fu&#x0364;r&#x017F;t aus Amerika, eben mit &#x017F;einer<lb/>
jungen Gemahlin zugegen, ließ &#x017F;ich mit der&#x017F;el¬<lb/>
ben in Silber dar&#x017F;tellen. Guido ha&#x0364;tte weinen<lb/>
mo&#x0364;gen, nicht Ini hier zu &#x017F;ehn, und kein Kai¬<lb/>
&#x017F;er&#x017F;ohn zu &#x017F;ein, um ihre Statue in Gold zu<lb/>
begehren.</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">L2<lb/></fw>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[163/0175] roͤhre, großer und kleiner Art, feil, welche von Voͤlkern, die noch keine Waffenmanufakturen hat¬ ten, eingetauſcht oder gekauft wurden. Man ging aber auch, vorausgeſetzt, daß man reich ge¬ nug war zu ſolchen Ausgaben, in ihre vorhan¬ denen Metallgießereien oder Schmieden, um ſich, die Geliebte, den Freund, in Erz oder Stahl bilden zu laſſen. Augenblicklich druͤckten ge¬ ſchickte Meiſter die Geſtalt in Wachs ab, um ſie gleich darauf in Thon nachzuahmen. Das Me¬ tall floß ſchon in den Gluͤhoͤfen, eilig vollende¬ ten flinke Geſellen die hohle Form, und der Guß erfolgte. Durch kuͤnſtliche Mittel ward nun das Metall erkaltet, die Form zerſchlagen, das Jahrtauſende hoͤhnende Standbild heraus gewunden und glatt polirt. Noch geſchwinder gingen die Stahlſchmiede, mittelſt ihrer mecha¬ niſchen Vorrichtungen, Feinheit und Gewalt auf eine zuvor nie erdachte Weiſe verbindend, zu Werke. Ein Fuͤrſt aus Amerika, eben mit ſeiner jungen Gemahlin zugegen, ließ ſich mit derſel¬ ben in Silber darſtellen. Guido haͤtte weinen moͤgen, nicht Ini hier zu ſehn, und kein Kai¬ ſerſohn zu ſein, um ihre Statue in Gold zu begehren. L2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/voss_ini_1810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/voss_ini_1810/175
Zitationshilfe: Voß, Julius von: Ini. Ein Roman aus dem ein und zwanzigsten Jahrhundert. Berlin, 1810, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/voss_ini_1810/175>, abgerufen am 26.04.2024.