Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Voß, Julius von: Ini. Ein Roman aus dem ein und zwanzigsten Jahrhundert. Berlin, 1810.

Bild:
<< vorherige Seite

gestiegen, doch die Flammen deines Auges trag
ich nicht. Deute mir das, hohe Schönheit!

Das Mädchen zog dunkle Falten der Stirne,
die aber ihr frohes Auge Lügen strafte. Mit
verstelltem Unwillen entgegnete sie: ich glaube,
du willst mir gar mit Liebe nahn!

Guido rief: ich bin mir keinen Willen be¬
wußt. Dem Zuge deiner Schönheit folge ich
unterwürfig.

Ini sann einen Augenblick mit hochgerötheter
Wange nach. Dann sagte sie lächelnd: den
Worten soll ich Liebe glauben? Beweise sie
durch die That und ich will mich fragen, ob ich
sie hören darf.

Entzückt von dem holden Strahl einer aus
weiten Fernen schimmernden Hoffnung, flehte
Guido mit Ungestüm, ihm die That zu nennen,
wodurch er seine Liebe zu bewähren hätte?

Tritt näher, sagte Ini, nimm Platz, dort
auf den Sessel von Elfenbein, daß ich dein
Haupt von der Seite erblicke.

Guido gehorsamte still.

Ini zog ein ander Seidenzeug auf ihren
kunstreichen Webestuhl, und in wenigen Minu¬
ten hatte sie Guidos Abbild darin gewirkt. Hier,

geſtiegen, doch die Flammen deines Auges trag
ich nicht. Deute mir das, hohe Schoͤnheit!

Das Maͤdchen zog dunkle Falten der Stirne,
die aber ihr frohes Auge Luͤgen ſtrafte. Mit
verſtelltem Unwillen entgegnete ſie: ich glaube,
du willſt mir gar mit Liebe nahn!

Guido rief: ich bin mir keinen Willen be¬
wußt. Dem Zuge deiner Schoͤnheit folge ich
unterwuͤrfig.

Ini ſann einen Augenblick mit hochgeroͤtheter
Wange nach. Dann ſagte ſie laͤchelnd: den
Worten ſoll ich Liebe glauben? Beweiſe ſie
durch die That und ich will mich fragen, ob ich
ſie hoͤren darf.

Entzuͤckt von dem holden Strahl einer aus
weiten Fernen ſchimmernden Hoffnung, flehte
Guido mit Ungeſtuͤm, ihm die That zu nennen,
wodurch er ſeine Liebe zu bewaͤhren haͤtte?

Tritt naͤher, ſagte Ini, nimm Platz, dort
auf den Seſſel von Elfenbein, daß ich dein
Haupt von der Seite erblicke.

Guido gehorſamte ſtill.

Ini zog ein ander Seidenzeug auf ihren
kunſtreichen Webeſtuhl, und in wenigen Minu¬
ten hatte ſie Guidos Abbild darin gewirkt. Hier,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0022" n="10"/>
ge&#x017F;tiegen, doch die Flammen deines Auges trag<lb/>
ich nicht. Deute mir das, hohe Scho&#x0364;nheit!</p><lb/>
          <p>Das Ma&#x0364;dchen zog dunkle Falten der Stirne,<lb/>
die aber ihr frohes Auge Lu&#x0364;gen &#x017F;trafte. Mit<lb/>
ver&#x017F;telltem Unwillen entgegnete &#x017F;ie: ich glaube,<lb/>
du will&#x017F;t mir gar mit Liebe nahn!</p><lb/>
          <p>Guido rief: ich bin mir keinen Willen be¬<lb/>
wußt. Dem Zuge deiner Scho&#x0364;nheit folge ich<lb/>
unterwu&#x0364;rfig.</p><lb/>
          <p>Ini &#x017F;ann einen Augenblick mit hochgero&#x0364;theter<lb/>
Wange nach. Dann &#x017F;agte &#x017F;ie la&#x0364;chelnd: den<lb/>
Worten &#x017F;oll ich Liebe glauben? Bewei&#x017F;e &#x017F;ie<lb/>
durch die That und ich will mich fragen, ob ich<lb/>
&#x017F;ie ho&#x0364;ren darf.</p><lb/>
          <p>Entzu&#x0364;ckt von dem holden Strahl einer aus<lb/>
weiten Fernen &#x017F;chimmernden Hoffnung, flehte<lb/>
Guido mit Unge&#x017F;tu&#x0364;m, ihm die That zu nennen,<lb/>
wodurch er &#x017F;eine Liebe zu bewa&#x0364;hren ha&#x0364;tte?</p><lb/>
          <p>Tritt na&#x0364;her, &#x017F;agte Ini, nimm Platz, dort<lb/>
auf den Se&#x017F;&#x017F;el von Elfenbein, daß ich dein<lb/>
Haupt von der Seite erblicke.</p><lb/>
          <p>Guido gehor&#x017F;amte &#x017F;till.</p><lb/>
          <p>Ini zog ein ander Seidenzeug auf ihren<lb/>
kun&#x017F;treichen Webe&#x017F;tuhl, und in wenigen Minu¬<lb/>
ten hatte &#x017F;ie Guidos Abbild darin gewirkt. Hier,<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[10/0022] geſtiegen, doch die Flammen deines Auges trag ich nicht. Deute mir das, hohe Schoͤnheit! Das Maͤdchen zog dunkle Falten der Stirne, die aber ihr frohes Auge Luͤgen ſtrafte. Mit verſtelltem Unwillen entgegnete ſie: ich glaube, du willſt mir gar mit Liebe nahn! Guido rief: ich bin mir keinen Willen be¬ wußt. Dem Zuge deiner Schoͤnheit folge ich unterwuͤrfig. Ini ſann einen Augenblick mit hochgeroͤtheter Wange nach. Dann ſagte ſie laͤchelnd: den Worten ſoll ich Liebe glauben? Beweiſe ſie durch die That und ich will mich fragen, ob ich ſie hoͤren darf. Entzuͤckt von dem holden Strahl einer aus weiten Fernen ſchimmernden Hoffnung, flehte Guido mit Ungeſtuͤm, ihm die That zu nennen, wodurch er ſeine Liebe zu bewaͤhren haͤtte? Tritt naͤher, ſagte Ini, nimm Platz, dort auf den Seſſel von Elfenbein, daß ich dein Haupt von der Seite erblicke. Guido gehorſamte ſtill. Ini zog ein ander Seidenzeug auf ihren kunſtreichen Webeſtuhl, und in wenigen Minu¬ ten hatte ſie Guidos Abbild darin gewirkt. Hier,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/voss_ini_1810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/voss_ini_1810/22
Zitationshilfe: Voß, Julius von: Ini. Ein Roman aus dem ein und zwanzigsten Jahrhundert. Berlin, 1810, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/voss_ini_1810/22>, abgerufen am 28.03.2024.