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Voß, Julius von: Ini. Ein Roman aus dem ein und zwanzigsten Jahrhundert. Berlin, 1810.

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Treibholz, bewarf ihn mit durchsiebter frucht¬
baren Erde und pflanzte allerhand Gras und
Kräuter darauf. Einige erhöhte Hügel konnten
Katalpen und Akazien, andere Fruchtbäume tra¬
gen. Ein gemächlich Wohnhaus und Speicher zu
Waaren folgten. So entstand das künstliche Ei¬
land welches ihr seht. Manches Jahr übte ich
erst die Fahrt in meiner Bai, dann ließ ich den
Damm mit Pulver wegsprengen, die Insel
zum Ozean bringen zu können, und langte damit
wohlbehalten auf der Rheede von Philadelphia
an. Die Einwohner staunten wie ihr. Man
überzeugte sich aber bald von der Festigkeit und
Sicherheit meiner Fahrt und gab mir reiche La¬
dung nach Europa, die ich verlangte. Auch ei¬
nige Passagiere fanden sich, andere wagten es
noch nicht, die Reise zu theilen. Die meisten
unter jenen Männern sind meine Knechte. Doch
fahrt jetzt zu der Schwimminsel hinüber, erschaut
ihre Bequemlichkeiten. Der Reisende merkt kaum,
daß es weiter geht. Welch ein angenehmer Auf¬
enthalt. Bei heitrer Witterung lustwandelt man
auf den Hügeln, schlummert im Grase, belustigt
sich mit Fischfang. Ist der Himmel unfreundlich

Treibholz, bewarf ihn mit durchſiebter frucht¬
baren Erde und pflanzte allerhand Gras und
Kraͤuter darauf. Einige erhoͤhte Huͤgel konnten
Katalpen und Akazien, andere Fruchtbaͤume tra¬
gen. Ein gemaͤchlich Wohnhaus und Speicher zu
Waaren folgten. So entſtand das kuͤnſtliche Ei¬
land welches ihr ſeht. Manches Jahr uͤbte ich
erſt die Fahrt in meiner Bai, dann ließ ich den
Damm mit Pulver wegſprengen‚ die Inſel
zum Ozean bringen zu koͤnnen, und langte damit
wohlbehalten auf der Rheede von Philadelphia
an. Die Einwohner ſtaunten wie ihr. Man
uͤberzeugte ſich aber bald von der Feſtigkeit und
Sicherheit meiner Fahrt und gab mir reiche La¬
dung nach Europa, die ich verlangte. Auch ei¬
nige Paſſagiere fanden ſich, andere wagten es
noch nicht, die Reiſe zu theilen. Die meiſten
unter jenen Maͤnnern ſind meine Knechte. Doch
fahrt jetzt zu der Schwimminſel hinuͤber, erſchaut
ihre Bequemlichkeiten. Der Reiſende merkt kaum,
daß es weiter geht. Welch ein angenehmer Auf¬
enthalt. Bei heitrer Witterung luſtwandelt man
auf den Huͤgeln, ſchlummert im Graſe, beluſtigt
ſich mit Fiſchfang. Iſt der Himmel unfreundlich

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[300/0312] Treibholz, bewarf ihn mit durchſiebter frucht¬ baren Erde und pflanzte allerhand Gras und Kraͤuter darauf. Einige erhoͤhte Huͤgel konnten Katalpen und Akazien, andere Fruchtbaͤume tra¬ gen. Ein gemaͤchlich Wohnhaus und Speicher zu Waaren folgten. So entſtand das kuͤnſtliche Ei¬ land welches ihr ſeht. Manches Jahr uͤbte ich erſt die Fahrt in meiner Bai, dann ließ ich den Damm mit Pulver wegſprengen‚ die Inſel zum Ozean bringen zu koͤnnen, und langte damit wohlbehalten auf der Rheede von Philadelphia an. Die Einwohner ſtaunten wie ihr. Man uͤberzeugte ſich aber bald von der Feſtigkeit und Sicherheit meiner Fahrt und gab mir reiche La¬ dung nach Europa, die ich verlangte. Auch ei¬ nige Paſſagiere fanden ſich, andere wagten es noch nicht, die Reiſe zu theilen. Die meiſten unter jenen Maͤnnern ſind meine Knechte. Doch fahrt jetzt zu der Schwimminſel hinuͤber, erſchaut ihre Bequemlichkeiten. Der Reiſende merkt kaum, daß es weiter geht. Welch ein angenehmer Auf¬ enthalt. Bei heitrer Witterung luſtwandelt man auf den Huͤgeln, ſchlummert im Graſe, beluſtigt ſich mit Fiſchfang. Iſt der Himmel unfreundlich

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Zitationshilfe: Voß, Julius von: Ini. Ein Roman aus dem ein und zwanzigsten Jahrhundert. Berlin, 1810, S. 300. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/voss_ini_1810/312>, abgerufen am 27.04.2024.