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Voß, Julius von: Ini. Ein Roman aus dem ein und zwanzigsten Jahrhundert. Berlin, 1810.

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schung, hatte sein Gemüth noch mehr in Ein¬
klang mit der besseren Weltmoral gebracht, die
Inis reine Brust athmete. Ging er auch noch
mit frohem Heldenfeuer in den Kampf, sank
nun dennoch eine Thräne auf seinen Lorbeer,
und alle Triumphjubel, alle Glückwünsche konn¬
ten ihn nicht erheitern. Er ordnete übrigens
den Krieg wie zuvor, und sandte abermal nach
Rom Meldung; denn schon nach dem Siege
auf den Fluten war es geschehen.

Er empfing auch Nachrichten aus Sizilien.
Das Eiland war genommen, die meisten Trup¬
pen der Gegner dort gefangen, doch die Frage,
welche sein Herz so nahe anging, blieb ohne
Auskunft. Man hatte von Athania seit länger
als einem Jahre nichts auf Sizilien vernommen.

O Geliebte! seufzte Guido, so lange Zeit
verstrich, ohne daß ein Brief mich gesucht hätte.
Solltest du die Feindschaft deines Vaterlandes
theilen, und den Jüngling vergessen wollen, der,
ein Europäer, Afrika bekriegen muß? Dies
wäre grausam, grausam!

Aber wenn auch deine Liebe noch fortglüht,
wenn sie höher als das Leben der Phantasie empor¬
flammt, was wird aus dem Kaisersohn werden?

ſchung, hatte ſein Gemuͤth noch mehr in Ein¬
klang mit der beſſeren Weltmoral gebracht, die
Inis reine Bruſt athmete. Ging er auch noch
mit frohem Heldenfeuer in den Kampf, ſank
nun dennoch eine Thraͤne auf ſeinen Lorbeer,
und alle Triumphjubel, alle Gluͤckwuͤnſche konn¬
ten ihn nicht erheitern. Er ordnete uͤbrigens
den Krieg wie zuvor, und ſandte abermal nach
Rom Meldung; denn ſchon nach dem Siege
auf den Fluten war es geſchehen.

Er empfing auch Nachrichten aus Sizilien.
Das Eiland war genommen, die meiſten Trup¬
pen der Gegner dort gefangen, doch die Frage,
welche ſein Herz ſo nahe anging, blieb ohne
Auskunft. Man hatte von Athania ſeit laͤnger
als einem Jahre nichts auf Sizilien vernommen.

O Geliebte! ſeufzte Guido, ſo lange Zeit
verſtrich, ohne daß ein Brief mich geſucht haͤtte.
Sollteſt du die Feindſchaft deines Vaterlandes
theilen, und den Juͤngling vergeſſen wollen, der,
ein Europaͤer, Afrika bekriegen muß? Dies
waͤre grauſam, grauſam!

Aber wenn auch deine Liebe noch fortgluͤht,
wenn ſie hoͤher als das Leben der Phantaſie empor¬
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[348/0360] ſchung, hatte ſein Gemuͤth noch mehr in Ein¬ klang mit der beſſeren Weltmoral gebracht, die Inis reine Bruſt athmete. Ging er auch noch mit frohem Heldenfeuer in den Kampf, ſank nun dennoch eine Thraͤne auf ſeinen Lorbeer, und alle Triumphjubel, alle Gluͤckwuͤnſche konn¬ ten ihn nicht erheitern. Er ordnete uͤbrigens den Krieg wie zuvor, und ſandte abermal nach Rom Meldung; denn ſchon nach dem Siege auf den Fluten war es geſchehen. Er empfing auch Nachrichten aus Sizilien. Das Eiland war genommen, die meiſten Trup¬ pen der Gegner dort gefangen, doch die Frage, welche ſein Herz ſo nahe anging, blieb ohne Auskunft. Man hatte von Athania ſeit laͤnger als einem Jahre nichts auf Sizilien vernommen. O Geliebte! ſeufzte Guido, ſo lange Zeit verſtrich, ohne daß ein Brief mich geſucht haͤtte. Sollteſt du die Feindſchaft deines Vaterlandes theilen, und den Juͤngling vergeſſen wollen, der, ein Europaͤer, Afrika bekriegen muß? Dies waͤre grauſam, grauſam! Aber wenn auch deine Liebe noch fortgluͤht, wenn ſie hoͤher als das Leben der Phantaſie empor¬ flammt, was wird aus dem Kaiſerſohn werden?

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Zitationshilfe: Voß, Julius von: Ini. Ein Roman aus dem ein und zwanzigsten Jahrhundert. Berlin, 1810, S. 348. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/voss_ini_1810/360>, abgerufen am 27.04.2024.