Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Voß, Johann Heinrich: Luise. Ein ländliches Gedicht in 3 Idyllen. Königsberg, 1795.

Bild:
<< vorherige Seite

DRITTE IDYLLE
Unter dem Ehrenkranz! Der Bräutigam
führe sie ehrbar!
Ihr antwortete drauf die rosenwangige
Tochter: 250
Schilt die Amalia doch, die Verführerin!
Mutter, sie taugt nicht!
Aber das Mütterchen drehte den Grif
von blinkendem Messing,
Liess vor sich die Kinder hineingehn,
folgte dann selber.
Plözlich entflog aus des Bräutigams Hand
die blühende Jungfrau,
Hüpfte hinan, und schlang sich mit bei-
den Armen dem Vater 255
Fest um den Hals, und küsste den Mund,
und küsste die Wang' ihm,
Auch die Stirn', und ruhte, mit unaus-
sprechlicher Regung,

DRITTE IDYLLE
Unter dem Ehrenkranz! Der Bräutigam
führe ſie ehrbar!
Ihr antwortete drauf die roſenwangige
Tochter: 250
Schilt die Amalia doch, die Verführerin!
Mutter, ſie taugt nicht!
Aber das Mütterchen drehte den Grif
von blinkendem Meſſing,
Lieſs vor ſich die Kinder hineingehn,
folgte dann selber.
Plözlich entflog aus des Bräutigams Hand
die blühende Jungfrau,
Hüpfte hinan, und ſchlang ſich mit bei-
den Armen dem Vater 255
Feſt um den Hals, und küſste den Mund,
und küſste die Wang’ ihm,
Auch die Stirn’, und ruhte, mit unaus-
ſprechlicher Regung,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0161" n="147"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">DRITTE IDYLLE</hi></fw><lb/>
Unter dem Ehrenkranz! Der Bräutigam<lb/>
führe &#x017F;ie ehrbar!<lb/>
Ihr antwortete drauf die ro&#x017F;enwangige<lb/>
Tochter: <lb n="250"/>
Schilt die Amalia doch, die Verführerin!<lb/>
Mutter, &#x017F;ie taugt nicht!<lb/>
Aber das Mütterchen drehte den Grif<lb/>
von blinkendem Me&#x017F;&#x017F;ing,<lb/>
Lie&#x017F;s vor &#x017F;ich die Kinder hineingehn,<lb/>
folgte dann selber.<lb/>
Plözlich entflog aus des Bräutigams Hand<lb/>
die blühende Jungfrau,<lb/>
Hüpfte hinan, und &#x017F;chlang &#x017F;ich mit bei-<lb/>
den Armen dem Vater <lb n="255"/>
Fe&#x017F;t um den Hals, und kü&#x017F;ste den Mund,<lb/>
und kü&#x017F;ste die Wang&#x2019; ihm,<lb/>
Auch die Stirn&#x2019;, und ruhte, mit unaus-<lb/>
&#x017F;prechlicher Regung,<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[147/0161] DRITTE IDYLLE Unter dem Ehrenkranz! Der Bräutigam führe ſie ehrbar! Ihr antwortete drauf die roſenwangige Tochter: 250 Schilt die Amalia doch, die Verführerin! Mutter, ſie taugt nicht! Aber das Mütterchen drehte den Grif von blinkendem Meſſing, Lieſs vor ſich die Kinder hineingehn, folgte dann selber. Plözlich entflog aus des Bräutigams Hand die blühende Jungfrau, Hüpfte hinan, und ſchlang ſich mit bei- den Armen dem Vater 255 Feſt um den Hals, und küſste den Mund, und küſste die Wang’ ihm, Auch die Stirn’, und ruhte, mit unaus- ſprechlicher Regung,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/voss_luise_1795
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/voss_luise_1795/161
Zitationshilfe: Voß, Johann Heinrich: Luise. Ein ländliches Gedicht in 3 Idyllen. Königsberg, 1795, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/voss_luise_1795/161>, abgerufen am 01.05.2024.