Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 1. Gera, 1800.
Commission zu geben; aber fast jeder entschuldigte sich, daß er keinen Platz dazu hätte, oder daß sei- ne Geschäfte, die ohnehin überhäuft wären, nicht zuließen, sich mit neuen zu befassen. Da lag nun seine Arbeit, wie Blei; und die Antworten von den vornehmen Personen, an die er geschrieben, denen er Exemplarien zuge- schickt, und die er alle mit dem Gönnertitel beeh- ret hatte, blieben aus. Der arme Confuselius, der nicht gern seinen letzten Rock veräußern wollte, war nun so verlegen um Geld, daß er, als eines Tages sein Wirth mit Schuhen in eine kleine Stadt zum Jahrmarkte ge- zogen war, die Zeit wahrnahm, wo die Frau auch nicht zu Hause, und der Sohn so eben in der Schule war, die Hälfte von den Exemplarien sei- ner Werke als alt Papier an einen Lumpensamm- ler, den ihm der junge Busch boshafter Weise am Abend vorher über den Hals geschickt, und den der Magister also wieder zu sich bestellt hatte, für einen Thaler verkaufte, wozu er noch etwas Leinenzeug legen mußte. Jn dieser Zeit der Angst dachte Confuselius oft mit Wehmuth an die verfloßnen guten Tage, an sein ehemaliges Ansehen bei den Freunden in der Tabagie, und an so manche Zubuße zurück, die er
Commiſſion zu geben; aber faſt jeder entſchuldigte ſich, daß er keinen Platz dazu haͤtte, oder daß ſei- ne Geſchaͤfte, die ohnehin uͤberhaͤuft waͤren, nicht zuließen, ſich mit neuen zu befaſſen. Da lag nun ſeine Arbeit, wie Blei; und die Antworten von den vornehmen Perſonen, an die er geſchrieben, denen er Exemplarien zuge- ſchickt, und die er alle mit dem Goͤnnertitel beeh- ret hatte, blieben aus. Der arme Confuſelius, der nicht gern ſeinen letzten Rock veraͤußern wollte, war nun ſo verlegen um Geld, daß er, als eines Tages ſein Wirth mit Schuhen in eine kleine Stadt zum Jahrmarkte ge- zogen war, die Zeit wahrnahm, wo die Frau auch nicht zu Hauſe, und der Sohn ſo eben in der Schule war, die Haͤlfte von den Exemplarien ſei- ner Werke als alt Papier an einen Lumpenſamm- ler, den ihm der junge Buſch boshafter Weiſe am Abend vorher uͤber den Hals geſchickt, und den der Magiſter alſo wieder zu ſich beſtellt hatte, fuͤr einen Thaler verkaufte, wozu er noch etwas Leinenzeug legen mußte. Jn dieſer Zeit der Angſt dachte Confuſelius oft mit Wehmuth an die verfloßnen guten Tage, an ſein ehemaliges Anſehen bei den Freunden in der Tabagie, und an ſo manche Zubuße zuruͤck, die er
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <sp who="#CON"> <p><pb facs="#f0104" n="98"/> Commiſſion zu geben; aber faſt jeder entſchuldigte<lb/> ſich, daß er keinen Platz dazu haͤtte, oder daß ſei-<lb/> ne Geſchaͤfte, die ohnehin uͤberhaͤuft waͤren, nicht<lb/> zuließen, ſich mit neuen zu befaſſen.</p><lb/> <p>Da lag nun ſeine Arbeit, wie Blei; und<lb/> die Antworten von den vornehmen Perſonen, an<lb/> die er geſchrieben, denen er Exemplarien zuge-<lb/> ſchickt, und die er alle mit dem Goͤnnertitel beeh-<lb/> ret hatte, blieben aus.</p><lb/> <p>Der arme Confuſelius, der nicht gern ſeinen<lb/> letzten Rock veraͤußern wollte, war nun ſo verlegen<lb/> um Geld, daß er, als eines Tages ſein Wirth mit<lb/> Schuhen in eine kleine Stadt zum Jahrmarkte ge-<lb/> zogen war, die Zeit wahrnahm, wo die Frau auch<lb/> nicht zu Hauſe, und der Sohn ſo eben in der<lb/> Schule war, die Haͤlfte von den Exemplarien ſei-<lb/> ner Werke als alt Papier an einen Lumpenſamm-<lb/> ler, den ihm der junge Buſch boshafter Weiſe am<lb/> Abend vorher uͤber den Hals geſchickt, und<lb/> den der Magiſter alſo wieder zu ſich beſtellt hatte,<lb/> fuͤr einen Thaler verkaufte, wozu er noch etwas<lb/> Leinenzeug legen mußte.</p><lb/> <p>Jn dieſer Zeit der Angſt dachte Confuſelius<lb/> oft mit Wehmuth an die verfloßnen guten Tage,<lb/> an ſein ehemaliges Anſehen bei den Freunden in<lb/> der Tabagie, und an ſo manche Zubuße zuruͤck, die<lb/> <fw place="bottom" type="catch">er</fw><lb/></p> </sp> </div> </body> </text> </TEI> [98/0104]
Commiſſion zu geben; aber faſt jeder entſchuldigte
ſich, daß er keinen Platz dazu haͤtte, oder daß ſei-
ne Geſchaͤfte, die ohnehin uͤberhaͤuft waͤren, nicht
zuließen, ſich mit neuen zu befaſſen.
Da lag nun ſeine Arbeit, wie Blei; und
die Antworten von den vornehmen Perſonen, an
die er geſchrieben, denen er Exemplarien zuge-
ſchickt, und die er alle mit dem Goͤnnertitel beeh-
ret hatte, blieben aus.
Der arme Confuſelius, der nicht gern ſeinen
letzten Rock veraͤußern wollte, war nun ſo verlegen
um Geld, daß er, als eines Tages ſein Wirth mit
Schuhen in eine kleine Stadt zum Jahrmarkte ge-
zogen war, die Zeit wahrnahm, wo die Frau auch
nicht zu Hauſe, und der Sohn ſo eben in der
Schule war, die Haͤlfte von den Exemplarien ſei-
ner Werke als alt Papier an einen Lumpenſamm-
ler, den ihm der junge Buſch boshafter Weiſe am
Abend vorher uͤber den Hals geſchickt, und
den der Magiſter alſo wieder zu ſich beſtellt hatte,
fuͤr einen Thaler verkaufte, wozu er noch etwas
Leinenzeug legen mußte.
Jn dieſer Zeit der Angſt dachte Confuſelius
oft mit Wehmuth an die verfloßnen guten Tage,
an ſein ehemaliges Anſehen bei den Freunden in
der Tabagie, und an ſo manche Zubuße zuruͤck, die
er
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
| URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800 |
| URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800/104 |
| Zitationshilfe: | Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 1. Gera, 1800, S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800/104>, abgerufen am 15.05.2024. |
