Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 1. Gera, 1800.

Bild:
<< vorherige Seite
war, (wo er sich auch gleich in Schnitzers Gasthof
einfand,) in 40000 Thalern bestanden hatte, war
itzt nur noch höchstens 4000 Thaler übrig, welche
seine lieben Freunde auch noch zu bekommen hoff-
ten. Zu dem war der Mann so höflich, sie, wenn
sie ihn einmal gewinnen ließen, des folgenden Ta-
ges zu Gaste zu bitten und aufs prächtigste zu
tractiren.

So bald Suschen nun Frau Wirthinn ge-
worden war, that sie sich in Darlegung ihrer
freundschaftlichen Gesinnungen gegen den Baron
keinen Zwang mehr an. Jhre Pflicht als Wir-
thinn erfoderte ja, daß sie freundlich und artig
mit den Gästen umgieng. Wer hätte dabei Ar-
ges denken, oder gleich auf verbotene Vertrau-
lichkeiten schließen dürfen, wenn sie und Baron
Treff etwa ein halbes Stündchen allein zu spre-
chen hatten? und was gieng es auch überhaupt
die Leute an, da Schnitzer nichts davon wußte?
Dieser war auch kein solcher neidischer Mann,
daß er seinem Nächsten nicht Mitgenuß gegönnt
hätte: vermuthlich war das Suschen überzeugt,
und fragte also weiter nicht, wie weit sie in der
Freundschaft gegen den Baron gehen dürfte.

Als er nur noch 4000 Thaler sein nennen
konnte, mußte er sich so gut in delabrirten Um-
stän-
war, (wo er ſich auch gleich in Schnitzers Gaſthof
einfand,) in 40000 Thalern beſtanden hatte, war
itzt nur noch hoͤchſtens 4000 Thaler uͤbrig, welche
ſeine lieben Freunde auch noch zu bekommen hoff-
ten. Zu dem war der Mann ſo hoͤflich, ſie, wenn
ſie ihn einmal gewinnen ließen, des folgenden Ta-
ges zu Gaſte zu bitten und aufs praͤchtigſte zu
tractiren.

So bald Suschen nun Frau Wirthinn ge-
worden war, that ſie ſich in Darlegung ihrer
freundſchaftlichen Geſinnungen gegen den Baron
keinen Zwang mehr an. Jhre Pflicht als Wir-
thinn erfoderte ja, daß ſie freundlich und artig
mit den Gaͤſten umgieng. Wer haͤtte dabei Ar-
ges denken, oder gleich auf verbotene Vertrau-
lichkeiten ſchließen duͤrfen, wenn ſie und Baron
Treff etwa ein halbes Stuͤndchen allein zu ſpre-
chen hatten? und was gieng es auch uͤberhaupt
die Leute an, da Schnitzer nichts davon wußte?
Dieſer war auch kein ſolcher neidiſcher Mann,
daß er ſeinem Naͤchſten nicht Mitgenuß gegoͤnnt
haͤtte: vermuthlich war das Suschen uͤberzeugt,
und fragte alſo weiter nicht, wie weit ſie in der
Freundſchaft gegen den Baron gehen duͤrfte.

Als er nur noch 4000 Thaler ſein nennen
konnte, mußte er ſich ſo gut in delabrirten Um-
ſtaͤn-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <sp who="#SCHNITZ">
          <p><pb facs="#f0194" n="188"/>
war, (wo er &#x017F;ich auch gleich in Schnitzers Ga&#x017F;thof<lb/>
einfand,) in 40000 Thalern be&#x017F;tanden hatte, war<lb/>
itzt nur noch ho&#x0364;ch&#x017F;tens 4000 Thaler u&#x0364;brig, welche<lb/>
&#x017F;eine lieben Freunde auch noch zu bekommen hoff-<lb/>
ten. Zu dem war der Mann &#x017F;o ho&#x0364;flich, &#x017F;ie, wenn<lb/>
&#x017F;ie ihn einmal gewinnen ließen, des folgenden Ta-<lb/>
ges zu Ga&#x017F;te zu bitten und aufs pra&#x0364;chtig&#x017F;te zu<lb/>
tractiren.</p><lb/>
          <p>So bald Suschen nun <hi rendition="#g">Frau</hi> Wirthinn ge-<lb/>
worden war, that &#x017F;ie &#x017F;ich in Darlegung ihrer<lb/>
freund&#x017F;chaftlichen Ge&#x017F;innungen gegen den Baron<lb/>
keinen Zwang mehr an. Jhre Pflicht als Wir-<lb/>
thinn erfoderte ja, daß &#x017F;ie freundlich und artig<lb/>
mit den Ga&#x0364;&#x017F;ten umgieng. Wer ha&#x0364;tte dabei Ar-<lb/>
ges denken, oder gleich auf verbotene Vertrau-<lb/>
lichkeiten &#x017F;chließen du&#x0364;rfen, wenn &#x017F;ie und Baron<lb/>
Treff etwa ein halbes Stu&#x0364;ndchen allein zu &#x017F;pre-<lb/>
chen hatten? und was gieng es auch u&#x0364;berhaupt<lb/>
die Leute an, da Schnitzer nichts davon wußte?<lb/>
Die&#x017F;er war auch kein &#x017F;olcher neidi&#x017F;cher Mann,<lb/>
daß er &#x017F;einem Na&#x0364;ch&#x017F;ten nicht Mitgenuß gego&#x0364;nnt<lb/>
ha&#x0364;tte: vermuthlich war das Suschen u&#x0364;berzeugt,<lb/>
und fragte al&#x017F;o weiter nicht, wie weit &#x017F;ie in der<lb/>
Freund&#x017F;chaft gegen den Baron gehen du&#x0364;rfte.</p><lb/>
          <p>Als er nur noch 4000 Thaler &#x017F;ein nennen<lb/>
konnte, mußte er &#x017F;ich &#x017F;o gut in delabrirten Um-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;ta&#x0364;n-</fw><lb/></p>
        </sp>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[188/0194] war, (wo er ſich auch gleich in Schnitzers Gaſthof einfand,) in 40000 Thalern beſtanden hatte, war itzt nur noch hoͤchſtens 4000 Thaler uͤbrig, welche ſeine lieben Freunde auch noch zu bekommen hoff- ten. Zu dem war der Mann ſo hoͤflich, ſie, wenn ſie ihn einmal gewinnen ließen, des folgenden Ta- ges zu Gaſte zu bitten und aufs praͤchtigſte zu tractiren. So bald Suschen nun Frau Wirthinn ge- worden war, that ſie ſich in Darlegung ihrer freundſchaftlichen Geſinnungen gegen den Baron keinen Zwang mehr an. Jhre Pflicht als Wir- thinn erfoderte ja, daß ſie freundlich und artig mit den Gaͤſten umgieng. Wer haͤtte dabei Ar- ges denken, oder gleich auf verbotene Vertrau- lichkeiten ſchließen duͤrfen, wenn ſie und Baron Treff etwa ein halbes Stuͤndchen allein zu ſpre- chen hatten? und was gieng es auch uͤberhaupt die Leute an, da Schnitzer nichts davon wußte? Dieſer war auch kein ſolcher neidiſcher Mann, daß er ſeinem Naͤchſten nicht Mitgenuß gegoͤnnt haͤtte: vermuthlich war das Suschen uͤberzeugt, und fragte alſo weiter nicht, wie weit ſie in der Freundſchaft gegen den Baron gehen duͤrfte. Als er nur noch 4000 Thaler ſein nennen konnte, mußte er ſich ſo gut in delabrirten Um- ſtaͤn-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800/194
Zitationshilfe: Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 1. Gera, 1800, S. 188. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800/194>, abgerufen am 14.05.2024.