Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 1. Gera, 1800.

Bild:
<< vorherige Seite
tragen wohl noch dazu anzeigen wollte, daß er
der galanten Art, die jetzt im Gasthof herrschte,
keinen Beifall geben könnte, überlästig zu finden!

Was Felßens versagten Beifall des Jubels
im Gasthof betraf, so hatte Madam Schnitzer voll-
kommen recht, er würde, so wie dieser sich anhob,
ausgezogen sein, wenn er nicht immer gehoft hät-
te, bald abreisen zu können, und sich also auf die
kurze Zeit, die er vielleicht noch da wär, in keine
neue Einrichtung einlassen wollte. Da er auch nun
indessen wirklich nicht wohlfeiler logiren konnte,
da es in seiner Casse anfieng hell zu werden, da
er überhaupt als Philosoph und Mann glaubte,
selbst im Zirkel des wildesten Jubels, wenn die Um-
stände ihn darinnen zu leben zwängen, nichts an sei-
ner Würde zu verlieren; war ihm so, was unten vor-
gieng, gleichgültig.

Das sind nun so die stolzen Einbildungen der
Leute, welche sich weiser dünken, als wir lustigen
Geschöpfe, die wir alles für schicklich halten, was
Vergnügen giebt und nicht Nachfrage bei den zwei
veralterten Damen Tugend und ihrer Tochter Mo-
ral halten, ob dies und jenes wohl gegen ihren
Catechismus läuft.

Der ernsthafte Herr Felß mochte, wie es sehr
wahrscheinlich war, mit samt seinem Schritthalten
in
tragen wohl noch dazu anzeigen wollte, daß er
der galanten Art, die jetzt im Gaſthof herrſchte,
keinen Beifall geben koͤnnte, uͤberlaͤſtig zu finden!

Was Felßens verſagten Beifall des Jubels
im Gaſthof betraf, ſo hatte Madam Schnitzer voll-
kommen recht, er wuͤrde, ſo wie dieſer ſich anhob,
ausgezogen ſein, wenn er nicht immer gehoft haͤt-
te, bald abreiſen zu koͤnnen, und ſich alſo auf die
kurze Zeit, die er vielleicht noch da waͤr, in keine
neue Einrichtung einlaſſen wollte. Da er auch nun
indeſſen wirklich nicht wohlfeiler logiren konnte,
da es in ſeiner Caſſe anfieng hell zu werden, da
er uͤberhaupt als Philoſoph und Mann glaubte,
ſelbſt im Zirkel des wildeſten Jubels, wenn die Um-
ſtaͤnde ihn darinnen zu leben zwaͤngen, nichts an ſei-
ner Wuͤrde zu verlieren; war ihm ſo, was unten vor-
gieng, gleichguͤltig.

Das ſind nun ſo die ſtolzen Einbildungen der
Leute, welche ſich weiſer duͤnken, als wir luſtigen
Geſchoͤpfe, die wir alles fuͤr ſchicklich halten, was
Vergnuͤgen giebt und nicht Nachfrage bei den zwei
veralterten Damen Tugend und ihrer Tochter Mo-
ral halten, ob dies und jenes wohl gegen ihren
Catechismus laͤuft.

Der ernſthafte Herr Felß mochte, wie es ſehr
wahrſcheinlich war, mit ſamt ſeinem Schritthalten
in
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <sp who="#SCHNITZ">
          <p><pb facs="#f0216" n="210"/>
tragen wohl noch dazu anzeigen wollte, daß er<lb/>
der galanten Art, die jetzt im Ga&#x017F;thof herr&#x017F;chte,<lb/>
keinen Beifall geben ko&#x0364;nnte, u&#x0364;berla&#x0364;&#x017F;tig zu finden!</p><lb/>
          <p>Was Felßens ver&#x017F;agten Beifall des Jubels<lb/>
im Ga&#x017F;thof betraf, &#x017F;o hatte Madam Schnitzer voll-<lb/>
kommen recht, er wu&#x0364;rde, &#x017F;o wie die&#x017F;er &#x017F;ich anhob,<lb/>
ausgezogen &#x017F;ein, wenn er nicht immer gehoft ha&#x0364;t-<lb/>
te, bald abrei&#x017F;en zu ko&#x0364;nnen, und &#x017F;ich al&#x017F;o auf die<lb/>
kurze Zeit, die er vielleicht noch da wa&#x0364;r, in keine<lb/>
neue Einrichtung einla&#x017F;&#x017F;en wollte. Da er auch nun<lb/>
inde&#x017F;&#x017F;en wirklich nicht wohlfeiler logiren konnte,<lb/>
da es in &#x017F;einer Ca&#x017F;&#x017F;e anfieng hell zu werden, da<lb/>
er u&#x0364;berhaupt als Philo&#x017F;oph und Mann glaubte,<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t im Zirkel des wilde&#x017F;ten Jubels, wenn die Um-<lb/>
&#x017F;ta&#x0364;nde ihn darinnen zu leben zwa&#x0364;ngen, nichts an &#x017F;ei-<lb/>
ner Wu&#x0364;rde zu verlieren; war ihm &#x017F;o, was unten vor-<lb/>
gieng, gleichgu&#x0364;ltig.</p><lb/>
          <p>Das &#x017F;ind nun &#x017F;o die &#x017F;tolzen Einbildungen der<lb/>
Leute, welche &#x017F;ich wei&#x017F;er du&#x0364;nken, als wir lu&#x017F;tigen<lb/>
Ge&#x017F;cho&#x0364;pfe, die wir alles fu&#x0364;r &#x017F;chicklich halten, was<lb/>
Vergnu&#x0364;gen giebt und nicht Nachfrage bei den zwei<lb/>
veralterten Damen Tugend und ihrer Tochter Mo-<lb/>
ral halten, ob dies und jenes wohl gegen ihren<lb/>
Catechismus la&#x0364;uft.</p><lb/>
          <p>Der ern&#x017F;thafte Herr Felß mochte, wie es &#x017F;ehr<lb/>
wahr&#x017F;cheinlich war, mit &#x017F;amt &#x017F;einem Schritthalten<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">in</fw><lb/></p>
        </sp>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[210/0216] tragen wohl noch dazu anzeigen wollte, daß er der galanten Art, die jetzt im Gaſthof herrſchte, keinen Beifall geben koͤnnte, uͤberlaͤſtig zu finden! Was Felßens verſagten Beifall des Jubels im Gaſthof betraf, ſo hatte Madam Schnitzer voll- kommen recht, er wuͤrde, ſo wie dieſer ſich anhob, ausgezogen ſein, wenn er nicht immer gehoft haͤt- te, bald abreiſen zu koͤnnen, und ſich alſo auf die kurze Zeit, die er vielleicht noch da waͤr, in keine neue Einrichtung einlaſſen wollte. Da er auch nun indeſſen wirklich nicht wohlfeiler logiren konnte, da es in ſeiner Caſſe anfieng hell zu werden, da er uͤberhaupt als Philoſoph und Mann glaubte, ſelbſt im Zirkel des wildeſten Jubels, wenn die Um- ſtaͤnde ihn darinnen zu leben zwaͤngen, nichts an ſei- ner Wuͤrde zu verlieren; war ihm ſo, was unten vor- gieng, gleichguͤltig. Das ſind nun ſo die ſtolzen Einbildungen der Leute, welche ſich weiſer duͤnken, als wir luſtigen Geſchoͤpfe, die wir alles fuͤr ſchicklich halten, was Vergnuͤgen giebt und nicht Nachfrage bei den zwei veralterten Damen Tugend und ihrer Tochter Mo- ral halten, ob dies und jenes wohl gegen ihren Catechismus laͤuft. Der ernſthafte Herr Felß mochte, wie es ſehr wahrſcheinlich war, mit ſamt ſeinem Schritthalten in

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800/216
Zitationshilfe: Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 1. Gera, 1800, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800/216>, abgerufen am 15.05.2024.