Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 1. Gera, 1800.

Bild:
<< vorherige Seite
so insolent war, nicht einmal seine Pflicht gegen
sie zu kennen, die ihm eigentlich befohlen hätte,
sich bei ihr melden zu lassen, sich auf eine galante
Art zu gütigem Wohlwollen zu empfehlen, und
für die ihm erzeigte Gütigkeit ergebenst zu danken.
-- Und dann! Frau Wirthinn! Sie die es nun
einmal lange durch das Air, welches sie sich gab,
dahingebracht hatte, daß man sie Madam nannte!
Es verdroß sie, so oft sie daran dachte, daß sie Fel-
ßen bei seinem Weggehn gerade begegnen mußte,
wäre dies nicht geschehn, so hätte der Tölpel sie
doch wenigstens aufsuchen müssen, oder sie hätte ihn
gar nicht gesehn und sich über den pöbelhaften Ab-
schied nicht ärgern dürfen. Dieser Abschied gab
ihr noch mehr Ueberzeugung, daß Felß sie mit ver-
ächtlichen Augen ansähe und ihren Mann aufge-
bracht hätte. Allein sie wollte es vorbei sein las-
sen, ohne sich darüber mit dem letzten zu zanken,
weil sie's doch dahin gebracht hatte, daß der Lum-
penkerl, (wie sie in ihrer Altagssprache ihn nann-
te, bis die Fanchon bei Gelegenheit, wo von ihm
die Rede war, ihr sagen lernte, ce fichu gueux)
aus dem Hause war. Allein mit der Fanchon und
ihres Gleichen, so wie mit dem Baron Treff läster-
te sie, um ihrem Herzen Luft zu machen, destomehr
auf ihn und sagte ihnen, um sie noch mehr in ih-
re
Q
ſo inſolent war, nicht einmal ſeine Pflicht gegen
ſie zu kennen, die ihm eigentlich befohlen haͤtte,
ſich bei ihr melden zu laſſen, ſich auf eine galante
Art zu guͤtigem Wohlwollen zu empfehlen, und
fuͤr die ihm erzeigte Guͤtigkeit ergebenſt zu danken.
— Und dann! Frau Wirthinn! Sie die es nun
einmal lange durch das Air, welches ſie ſich gab,
dahingebracht hatte, daß man ſie Madam nannte!
Es verdroß ſie, ſo oft ſie daran dachte, daß ſie Fel-
ßen bei ſeinem Weggehn gerade begegnen mußte,
waͤre dies nicht geſchehn, ſo haͤtte der Toͤlpel ſie
doch wenigſtens aufſuchen muͤſſen, oder ſie haͤtte ihn
gar nicht geſehn und ſich uͤber den poͤbelhaften Ab-
ſchied nicht aͤrgern duͤrfen. Dieſer Abſchied gab
ihr noch mehr Ueberzeugung, daß Felß ſie mit ver-
aͤchtlichen Augen anſaͤhe und ihren Mann aufge-
bracht haͤtte. Allein ſie wollte es vorbei ſein laſ-
ſen, ohne ſich daruͤber mit dem letzten zu zanken,
weil ſie’s doch dahin gebracht hatte, daß der Lum-
penkerl, (wie ſie in ihrer Altagsſprache ihn nann-
te, bis die Fanchon bei Gelegenheit, wo von ihm
die Rede war, ihr ſagen lernte, ce fichu gueux)
aus dem Hauſe war. Allein mit der Fanchon und
ihres Gleichen, ſo wie mit dem Baron Treff laͤſter-
te ſie, um ihrem Herzen Luft zu machen, deſtomehr
auf ihn und ſagte ihnen, um ſie noch mehr in ih-
re
Q
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <sp who="#SUS">
          <p><pb facs="#f0247" n="241"/>
&#x017F;o in&#x017F;olent war, nicht einmal &#x017F;eine Pflicht gegen<lb/>
&#x017F;ie zu kennen, die ihm eigentlich befohlen ha&#x0364;tte,<lb/>
&#x017F;ich bei ihr melden zu la&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;ich auf eine galante<lb/>
Art zu gu&#x0364;tigem Wohlwollen zu empfehlen, und<lb/>
fu&#x0364;r die ihm erzeigte Gu&#x0364;tigkeit ergeben&#x017F;t zu danken.<lb/>
&#x2014; Und dann! <hi rendition="#g">Frau Wirthinn!</hi> Sie die es nun<lb/>
einmal lange durch das Air, welches &#x017F;ie &#x017F;ich gab,<lb/>
dahingebracht hatte, daß man &#x017F;ie Madam nannte!<lb/>
Es verdroß &#x017F;ie, &#x017F;o oft &#x017F;ie daran dachte, daß &#x017F;ie Fel-<lb/>
ßen bei &#x017F;einem Weggehn gerade begegnen mußte,<lb/>
wa&#x0364;re dies nicht ge&#x017F;chehn, &#x017F;o ha&#x0364;tte der To&#x0364;lpel &#x017F;ie<lb/>
doch wenig&#x017F;tens auf&#x017F;uchen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, oder &#x017F;ie ha&#x0364;tte ihn<lb/>
gar nicht ge&#x017F;ehn und &#x017F;ich u&#x0364;ber den po&#x0364;belhaften Ab-<lb/>
&#x017F;chied nicht a&#x0364;rgern du&#x0364;rfen. Die&#x017F;er Ab&#x017F;chied gab<lb/>
ihr noch mehr Ueberzeugung, daß Felß &#x017F;ie mit ver-<lb/>
a&#x0364;chtlichen Augen an&#x017F;a&#x0364;he und ihren Mann aufge-<lb/>
bracht ha&#x0364;tte. Allein &#x017F;ie wollte es vorbei &#x017F;ein la&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en, ohne &#x017F;ich daru&#x0364;ber mit dem letzten zu zanken,<lb/>
weil &#x017F;ie&#x2019;s doch dahin gebracht hatte, daß der Lum-<lb/>
penkerl, (wie &#x017F;ie in ihrer Altags&#x017F;prache ihn nann-<lb/>
te, bis die Fanchon bei Gelegenheit, wo von ihm<lb/>
die Rede war, ihr &#x017F;agen lernte, <hi rendition="#aq">ce fichu gueux</hi>)<lb/>
aus dem Hau&#x017F;e war. Allein mit der Fanchon und<lb/>
ihres Gleichen, &#x017F;o wie mit dem Baron Treff la&#x0364;&#x017F;ter-<lb/>
te &#x017F;ie, um ihrem Herzen Luft zu machen, de&#x017F;tomehr<lb/>
auf ihn und &#x017F;agte ihnen, um &#x017F;ie noch mehr in ih-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Q</fw><fw place="bottom" type="catch">re</fw><lb/></p>
        </sp>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[241/0247] ſo inſolent war, nicht einmal ſeine Pflicht gegen ſie zu kennen, die ihm eigentlich befohlen haͤtte, ſich bei ihr melden zu laſſen, ſich auf eine galante Art zu guͤtigem Wohlwollen zu empfehlen, und fuͤr die ihm erzeigte Guͤtigkeit ergebenſt zu danken. — Und dann! Frau Wirthinn! Sie die es nun einmal lange durch das Air, welches ſie ſich gab, dahingebracht hatte, daß man ſie Madam nannte! Es verdroß ſie, ſo oft ſie daran dachte, daß ſie Fel- ßen bei ſeinem Weggehn gerade begegnen mußte, waͤre dies nicht geſchehn, ſo haͤtte der Toͤlpel ſie doch wenigſtens aufſuchen muͤſſen, oder ſie haͤtte ihn gar nicht geſehn und ſich uͤber den poͤbelhaften Ab- ſchied nicht aͤrgern duͤrfen. Dieſer Abſchied gab ihr noch mehr Ueberzeugung, daß Felß ſie mit ver- aͤchtlichen Augen anſaͤhe und ihren Mann aufge- bracht haͤtte. Allein ſie wollte es vorbei ſein laſ- ſen, ohne ſich daruͤber mit dem letzten zu zanken, weil ſie’s doch dahin gebracht hatte, daß der Lum- penkerl, (wie ſie in ihrer Altagsſprache ihn nann- te, bis die Fanchon bei Gelegenheit, wo von ihm die Rede war, ihr ſagen lernte, ce fichu gueux) aus dem Hauſe war. Allein mit der Fanchon und ihres Gleichen, ſo wie mit dem Baron Treff laͤſter- te ſie, um ihrem Herzen Luft zu machen, deſtomehr auf ihn und ſagte ihnen, um ſie noch mehr in ih- re Q

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800/247
Zitationshilfe: Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 1. Gera, 1800, S. 241. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800/247>, abgerufen am 15.05.2024.