Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 1. Gera, 1800.
nen, auf ihn setzte. Er möchte also diese Hofnung nicht zuschanden machen, sondern heute Abend, da er selbst, einer kleinen Unpäßlichkeit wegen, nicht ausgehen könnte, für ihn sprechen, und ihn morgen früh mit einer tröstlichen Antwort erfreuen! Allein auch hier hatte des Magisters Unglücks- stern für Begebenheiten gesorgt, die es seinem Freunde nicht nur unmöglich machten, etwas für ihn zu thun, sondern ihm auch sogar alle Lust zu weitern Versuchen benahmen. Unter denen, die bei Schnitzers speißten, war nicht einer, der den gestrigen Vorgang beim Buch- drucker nicht gewußt, und nur wenige, welche die Schauspiele nicht schon gelesen gehabt hätten. Ei- ner davon hatte sie in der Tasche bei sich; sie wurden also denen zu Gefallen, welchen sie noch nicht so ganz bekannt waren, vorgelesen, hunder- terlei Anmerkungen dabei gemacht, und diese mit schallendem Gelächter begleitet. Johann Jacob sagte kein Wort dazu. Ein dunkler Gedanke fragte vielleicht, ob er denn ein Esel wäre, daß er die Gräuel, die Absurditäten und offenbaren Dummheiten, die in den Stücken über- all vorkamen, und die ihm itzt so gut, wie jedem andern, einleuchteten, nicht eher wahrgenommen hätte. Aber diesen Gedanken verschlang sogleich wieder
nen, auf ihn ſetzte. Er moͤchte alſo dieſe Hofnung nicht zuſchanden machen, ſondern heute Abend, da er ſelbſt, einer kleinen Unpaͤßlichkeit wegen, nicht ausgehen koͤnnte, fuͤr ihn ſprechen, und ihn morgen fruͤh mit einer troͤſtlichen Antwort erfreuen! Allein auch hier hatte des Magiſters Ungluͤcks- ſtern fuͤr Begebenheiten geſorgt, die es ſeinem Freunde nicht nur unmoͤglich machten, etwas fuͤr ihn zu thun, ſondern ihm auch ſogar alle Luſt zu weitern Verſuchen benahmen. Unter denen, die bei Schnitzers ſpeißten, war nicht einer, der den geſtrigen Vorgang beim Buch- drucker nicht gewußt, und nur wenige, welche die Schauſpiele nicht ſchon geleſen gehabt haͤtten. Ei- ner davon hatte ſie in der Taſche bei ſich; ſie wurden alſo denen zu Gefallen, welchen ſie noch nicht ſo ganz bekannt waren, vorgeleſen, hunder- terlei Anmerkungen dabei gemacht, und dieſe mit ſchallendem Gelaͤchter begleitet. Johann Jacob ſagte kein Wort dazu. Ein dunkler Gedanke fragte vielleicht, ob er denn ein Eſel waͤre, daß er die Graͤuel, die Abſurditaͤten und offenbaren Dummheiten, die in den Stuͤcken uͤber- all vorkamen, und die ihm itzt ſo gut, wie jedem andern, einleuchteten, nicht eher wahrgenommen haͤtte. Aber dieſen Gedanken verſchlang ſogleich wieder
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <sp who="#BUS"> <p><pb facs="#f0084" n="78"/> nen, auf ihn ſetzte. Er moͤchte alſo dieſe Hofnung<lb/> nicht zuſchanden machen, ſondern heute Abend, da<lb/> er ſelbſt, einer kleinen Unpaͤßlichkeit wegen, nicht<lb/> ausgehen koͤnnte, fuͤr ihn ſprechen, und ihn morgen<lb/> fruͤh mit einer troͤſtlichen Antwort erfreuen!</p><lb/> <p>Allein auch hier hatte des Magiſters Ungluͤcks-<lb/> ſtern fuͤr Begebenheiten geſorgt, die es ſeinem<lb/> Freunde nicht nur unmoͤglich machten, etwas fuͤr<lb/> ihn zu thun, ſondern ihm auch ſogar alle Luſt zu<lb/> weitern Verſuchen benahmen.</p><lb/> <p>Unter denen, die bei Schnitzers ſpeißten, war<lb/> nicht einer, der den geſtrigen Vorgang beim Buch-<lb/> drucker nicht gewußt, und nur wenige, welche die<lb/> Schauſpiele nicht ſchon geleſen gehabt haͤtten. Ei-<lb/> ner davon hatte ſie in der Taſche bei ſich; ſie<lb/> wurden alſo denen zu Gefallen, welchen ſie noch<lb/> nicht ſo ganz bekannt waren, vorgeleſen, hunder-<lb/> terlei Anmerkungen dabei gemacht, und dieſe mit<lb/> ſchallendem Gelaͤchter begleitet.</p><lb/> <p>Johann Jacob ſagte kein Wort dazu. Ein<lb/> dunkler Gedanke fragte vielleicht, ob er denn ein<lb/> Eſel waͤre, daß er die Graͤuel, die Abſurditaͤten und<lb/> offenbaren Dummheiten, die in den Stuͤcken uͤber-<lb/> all vorkamen, und die ihm itzt ſo gut, wie jedem<lb/> andern, einleuchteten, nicht eher wahrgenommen<lb/> haͤtte. Aber dieſen Gedanken verſchlang ſogleich<lb/> <fw place="bottom" type="catch">wieder</fw><lb/></p> </sp> </div> </body> </text> </TEI> [78/0084]
nen, auf ihn ſetzte. Er moͤchte alſo dieſe Hofnung
nicht zuſchanden machen, ſondern heute Abend, da
er ſelbſt, einer kleinen Unpaͤßlichkeit wegen, nicht
ausgehen koͤnnte, fuͤr ihn ſprechen, und ihn morgen
fruͤh mit einer troͤſtlichen Antwort erfreuen!
Allein auch hier hatte des Magiſters Ungluͤcks-
ſtern fuͤr Begebenheiten geſorgt, die es ſeinem
Freunde nicht nur unmoͤglich machten, etwas fuͤr
ihn zu thun, ſondern ihm auch ſogar alle Luſt zu
weitern Verſuchen benahmen.
Unter denen, die bei Schnitzers ſpeißten, war
nicht einer, der den geſtrigen Vorgang beim Buch-
drucker nicht gewußt, und nur wenige, welche die
Schauſpiele nicht ſchon geleſen gehabt haͤtten. Ei-
ner davon hatte ſie in der Taſche bei ſich; ſie
wurden alſo denen zu Gefallen, welchen ſie noch
nicht ſo ganz bekannt waren, vorgeleſen, hunder-
terlei Anmerkungen dabei gemacht, und dieſe mit
ſchallendem Gelaͤchter begleitet.
Johann Jacob ſagte kein Wort dazu. Ein
dunkler Gedanke fragte vielleicht, ob er denn ein
Eſel waͤre, daß er die Graͤuel, die Abſurditaͤten und
offenbaren Dummheiten, die in den Stuͤcken uͤber-
all vorkamen, und die ihm itzt ſo gut, wie jedem
andern, einleuchteten, nicht eher wahrgenommen
haͤtte. Aber dieſen Gedanken verſchlang ſogleich
wieder
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
| URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800 |
| URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800/84 |
| Zitationshilfe: | Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 1. Gera, 1800, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800/84>, abgerufen am 14.05.2024. |
