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Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 1. Leipzig, 1867.

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[Spaltenumbruch] 99 Der Bauer ist (bleibt) ein Bauer (oder: Schelm), auch wenn er schläft bis Mittag. - Bücking, 9; Simrock, 808.

Wenn auch ein wohlhabender Bauer nach Art der höhern Stände aus der Nacht Tag und aus dem Tage Nacht machen wollte, so würde er doch in weiter nichts als gerade in diesem Punkte, wenn auch nicht den (specifisch) Gebildeten, doch den höhern Ständen gleichen.

Dän.: En bonde bliver bonde, sov han end paa silke bolster. (Bohn, I, 365.)

100 Der Bauer ist ein Ehrenmann.

101 Der Bauer ist ein Ehrenmann, der weiss, will und kann.

Dän.: Det er en god bonde som veed, og kand, og vil dyrke jorden.

102 Der Bauer ist ein Laurer, der bei vielem Gut thut Gott und seinem Herren selten gut. - Eisenhart, 77; Pistor., II, 61; Estor, I, 179.

Laurer = tückischer Mensch, nicht zusammengezogen von Lauerer und von lauern abgeleitet, sondern von luren, listig anführen, anködern, eigentlich ludern von Luder, sein Luder (Spiel) mit jemand treiben. Eiselein dagegen: Lauer - Lawer, althochdeutsch: Lave tepidus.

103 Der Bauer ist nicht zu verderben, man hau' ihm denn Hand und Fuss ab. - Eiselein, 60; Simrock, 794.

104 Der Bauer ist nie arm. - Kirchhofer, 212.

105 Der Bauer ist nie ärmer, als wenn er eingesammelt hat. - Simrock, 12273; Kirchhofer, 212.

106 Der Bauer ist so stolz auf seinem Mist, als der Junker auf seinem Schlosse. - Eiselein, 59.

107 Der Bauer ist über den (stolzer als der) Barbier, er darf auf sein Werk hofier'. - Simrock, 834.

Holl.: De boer is stouter dan de barbier, hij durft op zijn eigen werk schijten. (Harrebomee, I, 31.)

108 Der Bauer muss castriren (lassen), wenn der Verschneider kommt.

In einzelnen Gegenden gehen Personen herum, welche das Castriren von Hausthieren besorgen; jeder Thierbesitzer muss das Geschäft besorgen lassen, wenn diese Person da ist. Also: Benutze den günstigen Augenblick!

109 Der Bauer muss dienen, wie er bespannt ist. - Eisenhart, 78; Simrock, 819; Eiselein, 60; Hillebrand, 180.

Wo dies Sprichwort galt (z. B. in der Wetterau und den angrenzenden Landen), enthielt es die Regel, dass bei den Spanndiensten gar nicht darauf zu sehen sei, ob und wie viel der Bauer Land besitze, sondern allein auf die Anzahl des Zugviehs, welches derselbe hält. Mit den Fronen ist auch seine juridische Anwendung verschwunden. (Vgl. über dies Sprichwort Lauhn's oben erwähnte Abhandlung von den Frondiensten der Deutschen.)

110 Der Bauer muss grösser sein als das Land.

Ein kleines Land, gut bearbeitet, trägt mehr, als ein grosses, zu dessen Cultur es an Kraft und Mitteln fehlt.

Dän.: Bonden skal vaere maegtigere end hans brug.

Frz.: A foible champ fort laboureur. (Leroux, I, 51.)

111 Der Bauer muss sein wie ein behauener Stock.

112 Der Bauer pflügt umsonst die Erde, spricht der Herr nicht: Werde! - Sprichwörterschatz, I, 93; Sprichwörtergarten, 284.

113 Der Bauer reich und zottig der Hund, ist ein guter Bund.

Das passt gut, hat man gern.

114 Der Bauer riecht stets nach dem Kittel.

Frz.: La caque sent toujours le hareng. (Lendroy, 268.)

Das französische Sprichwort verdankt seine Entstehung dem Rechtsgelehrten Peutinger, einem Rathe des Kaisers Maximilian. Ein sehr gelehrter Jude, Johann Pfefferkorn, war zum Christenthum übergetreten und hatte so viel Einfluss auf den Kaiser Maximilian gewonnen, dass der Befehl ausging, alle hebräischen Bücher, ausser der Bibel, unter dem Vorwande, dass sie Gotteslästerungen, Zaubereien und andere gefährliche Sachen enthielten, zu verbrennen. Die gelehrten Orientalisten bewiesen aber das Verderbliche dieser Verordnung auf eine so überzeugende Weise, dass Pfefferkorn gezwungen ward, sein Vaterland zu verlassen. Er ging nach Lothringen und lebte dort unter dem Namen Lacaque. Einst machte er den Vorschlag, dem Könige von Frankreich vorzustellen, den Juden mehr Freiheit in seinem Reiche zu geben. Eben als der Vorschlag zur Verhandlung kommen sollte, kam Peutinger nach Frankreich, den ein Doctor der Sorbonne um seine Meinung über den Lacaque'schen Antrag bat. Peutinger, Pfefferkorn erkennend, antwortete: "Messieurs, La caque" u. s. w. Man fand die Antwort sehr räthselhaft, Peutinger musste sich darüber erklären; das Wort gefiel und ward, unzähligemal wiederholt, Sprichwort, das man immer im schlimmen Sinne anwendet,[Spaltenumbruch] um zu sagen, dass sich niemand, in welchem Stande er sich auch befinden möge, von den ersten Eindrücken der Jugend und seines ersten Standes gänzlich freizumachen vermöge.

115 Der Bauer schläft ebenso gut auf dem Strohsack, als der Fürst in einer elfenbeinernen Bettstatt.

116 Der Bauer soll gern verkaufen.

Dän.: Bonde skal saelge og ikke kiöbe.

Lat.: Agricolam vendacem esse oportet, non emacem.

117 Der Bauer springt hurtiger im gewirkten Kittel, als ein Herr im seidenen Rock.

118 Der Bauer trägt das Pulver, Gott die Kugel. (Poln.)

119 Der Bauer tüchtig zu essen weiss, dem Edelmann gebührt im Trinken der Preis. (Poln.) - Wurzbach I, 28.

Trinken steht hier euphemistisch für Saufen.

120 Der Bauer und der liebe Gott liegen stets im Streite.

121 Der Bauer und sein Stier sind Ein Thier. - Simrock, 786; Eiselein, 60.

Schildert die Störrigkeit der Bauern, die ihren Grund, wie bei einem andern Sprichwort bemerkt worden ist, in ihrer Behandlungsweise hatte, die für Bauer und Stier so ziemlich dieselbe war, mit dem Unterschiede etwa, dass der Bauer nicht einmal, wie weiland Bileam's Esel fragte: Warum schlägst du mich? Die Holländer dagegen sagen: Vier diere maken een' boer, womit sie scherzhaft andeuten, dass die Buchstaben, aus denen das Wort boer besteht, die Anfangsbuchstaben der folgenden vier Worte sind: b = buffel, o = os, e = ezel und r = rekel. (Harrebomee, I, 72.)

122 Der Bauer verliert lieber seine rothe Nase, als seinen rothen Kreuzer.

123 Der Bauer wird am meisten geschoren.

Das wird mit Laune, ohne Bitterkeit von einem Bauer in folgenden alten Reimen vorgetragen:

Der Kaiser will haben sein Treu und Pflicht,

Der Pastor will sein frei und quitt,

Der Edelmann spricht: ich bin frei,

Der Jude treibt seine Wucherei;

Der Soldat spricht: ich gebe nichts.

Da spricht der Bauer: das muss Gott walten,

Muss ich diese alle erhalten,

So geh' ich mich geduldig drein,

Und will es also zufrieden sein.

Frz.: Le laboureur n'a rien a soy, et si avons nous prou de loixe. (Leroux, I, 52.)

Holl.: De boer moet alles betalen. (Harrebomee, I, 69.)

124 Der Bauern Schalkheit und Gottes Barmherzigkeit dauert alle Zeit.

125 Der Bauern Weisheit und der Huren Schönheit gelten nicht weit.

Holl.: De wijsheid van een' boer, de schonheid van een hoer, en zakkeltragers kracht - 't is al niet veel geacht. (Harrebomee, I, 69.)

126 Der Bawr den bawren in nacken schlegt, wenn er gleich gold vnd samet tregt. - Henisch, 213.

127 Der Bawren tantz vnd bettler zehren, von den sagt man in allen ehren. - Henisch, 345.

128 Der beste Bauer ist ein Schelm. - Meisner, 75.

129 Der Bur dur sini Müh im Koth, erhält, was reitet und was goht. (Schaffhausen.)

130 Der Bur ist ein Slur. - Eiselein, 59.

131 Di Baue'n gnuag Mist, d' Hea'n1 gnuag Geld, Bue2 doas war'3 a Leb'n af de Welt. (Innsbruck.) - Frommann, VI, 35.

1) Herren.

2) Bube, Bursche.

3) Wäre.

132 Die Bauern begehren lange Bratwürste und kurze Lehren.

133 Die Bauern haben häufig Durst, sie lieben kurze Predigt und lange Wurst.

134 Die Bauern hören gut, wenn - sie nur wollen. Eiselein, 61.

135 Die Bauern jauchzen darzu, wenn sie singen. - Henisch, 213.

136 Die Bauern jauchzen erst, wenn sie heimgehen. - Kirchhofer, 212.

137 Die Bauern können einen Mores lehren. - Simrock, 791; Lehmann, II, 84, 148; Henisch, 213; Frank, I, 22.

138 Die Bauen müssen den Dieben das Gelage bezahlen. - Henisch, 213.

139 Die Bauern müssen den Junkern die Hunde und die Laien den Pfaffen die Weiber (Mägde) aufziehen.

[Spaltenumbruch] 99 Der Bauer ist (bleibt) ein Bauer (oder: Schelm), auch wenn er schläft bis Mittag.Bücking, 9; Simrock, 808.

Wenn auch ein wohlhabender Bauer nach Art der höhern Stände aus der Nacht Tag und aus dem Tage Nacht machen wollte, so würde er doch in weiter nichts als gerade in diesem Punkte, wenn auch nicht den (specifisch) Gebildeten, doch den höhern Ständen gleichen.

Dän.: En bonde bliver bonde, sov han end paa silke bolster. (Bohn, I, 365.)

100 Der Bauer ist ein Ehrenmann.

101 Der Bauer ist ein Ehrenmann, der weiss, will und kann.

Dän.: Det er en god bonde som veed, og kand, og vil dyrke jorden.

102 Der Bauer ist ein Laurer, der bei vielem Gut thut Gott und seinem Herren selten gut.Eisenhart, 77; Pistor., II, 61; Estor, I, 179.

Laurer = tückischer Mensch, nicht zusammengezogen von Lauerer und von lauern abgeleitet, sondern von luren, listig anführen, anködern, eigentlich ludern von Luder, sein Luder (Spiel) mit jemand treiben. Eiselein dagegen: Lauer – Lawer, althochdeutsch: Lave tepidus.

103 Der Bauer ist nicht zu verderben, man hau' ihm denn Hand und Fuss ab.Eiselein, 60; Simrock, 794.

104 Der Bauer ist nie arm.Kirchhofer, 212.

105 Der Bauer ist nie ärmer, als wenn er eingesammelt hat.Simrock, 12273; Kirchhofer, 212.

106 Der Bauer ist so stolz auf seinem Mist, als der Junker auf seinem Schlosse.Eiselein, 59.

107 Der Bauer ist über den (stolzer als der) Barbier, er darf auf sein Werk hofier'.Simrock, 834.

Holl.: De boer is stouter dan de barbier, hij durft op zijn eigen werk schijten. (Harrebomée, I, 31.)

108 Der Bauer muss castriren (lassen), wenn der Verschneider kommt.

In einzelnen Gegenden gehen Personen herum, welche das Castriren von Hausthieren besorgen; jeder Thierbesitzer muss das Geschäft besorgen lassen, wenn diese Person da ist. Also: Benutze den günstigen Augenblick!

109 Der Bauer muss dienen, wie er bespannt ist.Eisenhart, 78; Simrock, 819; Eiselein, 60; Hillebrand, 180.

Wo dies Sprichwort galt (z. B. in der Wetterau und den angrenzenden Landen), enthielt es die Regel, dass bei den Spanndiensten gar nicht darauf zu sehen sei, ob und wie viel der Bauer Land besitze, sondern allein auf die Anzahl des Zugviehs, welches derselbe hält. Mit den Fronen ist auch seine juridische Anwendung verschwunden. (Vgl. über dies Sprichwort Lauhn's oben erwähnte Abhandlung von den Frondiensten der Deutschen.)

110 Der Bauer muss grösser sein als das Land.

Ein kleines Land, gut bearbeitet, trägt mehr, als ein grosses, zu dessen Cultur es an Kraft und Mitteln fehlt.

Dän.: Bonden skal være mægtigere end hans brug.

Frz.: A foible champ fort laboureur. (Leroux, I, 51.)

111 Der Bauer muss sein wie ein behauener Stock.

112 Der Bauer pflügt umsonst die Erde, spricht der Herr nicht: Werde!Sprichwörterschatz, I, 93; Sprichwörtergarten, 284.

113 Der Bauer reich und zottig der Hund, ist ein guter Bund.

Das passt gut, hat man gern.

114 Der Bauer riecht stets nach dem Kittel.

Frz.: La caque sent toujours le hareng. (Lendroy, 268.)

Das französische Sprichwort verdankt seine Entstehung dem Rechtsgelehrten Peutinger, einem Rathe des Kaisers Maximilian. Ein sehr gelehrter Jude, Johann Pfefferkorn, war zum Christenthum übergetreten und hatte so viel Einfluss auf den Kaiser Maximilian gewonnen, dass der Befehl ausging, alle hebräischen Bücher, ausser der Bibel, unter dem Vorwande, dass sie Gotteslästerungen, Zaubereien und andere gefährliche Sachen enthielten, zu verbrennen. Die gelehrten Orientalisten bewiesen aber das Verderbliche dieser Verordnung auf eine so überzeugende Weise, dass Pfefferkorn gezwungen ward, sein Vaterland zu verlassen. Er ging nach Lothringen und lebte dort unter dem Namen Lacaque. Einst machte er den Vorschlag, dem Könige von Frankreich vorzustellen, den Juden mehr Freiheit in seinem Reiche zu geben. Eben als der Vorschlag zur Verhandlung kommen sollte, kam Peutinger nach Frankreich, den ein Doctor der Sorbonne um seine Meinung über den Lacaque'schen Antrag bat. Peutinger, Pfefferkorn erkennend, antwortete: „Messieurs, La caque“ u. s. w. Man fand die Antwort sehr räthselhaft, Peutinger musste sich darüber erklären; das Wort gefiel und ward, unzähligemal wiederholt, Sprichwort, das man immer im schlimmen Sinne anwendet,[Spaltenumbruch] um zu sagen, dass sich niemand, in welchem Stande er sich auch befinden möge, von den ersten Eindrücken der Jugend und seines ersten Standes gänzlich freizumachen vermöge.

115 Der Bauer schläft ebenso gut auf dem Strohsack, als der Fürst in einer elfenbeinernen Bettstatt.

116 Der Bauer soll gern verkaufen.

Dän.: Bonde skal sælge og ikke kiøbe.

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117 Der Bauer springt hurtiger im gewirkten Kittel, als ein Herr im seidenen Rock.

118 Der Bauer trägt das Pulver, Gott die Kugel. (Poln.)

119 Der Bauer tüchtig zu essen weiss, dem Edelmann gebührt im Trinken der Preis. (Poln.) – Wurzbach I, 28.

Trinken steht hier euphemistisch für Saufen.

120 Der Bauer und der liebe Gott liegen stets im Streite.

121 Der Bauer und sein Stier sind Ein Thier.Simrock, 786; Eiselein, 60.

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122 Der Bauer verliert lieber seine rothe Nase, als seinen rothen Kreuzer.

123 Der Bauer wird am meisten geschoren.

Das wird mit Laune, ohne Bitterkeit von einem Bauer in folgenden alten Reimen vorgetragen:

Der Kaiser will haben sein Treu und Pflicht,

Der Pastor will sein frei und quitt,

Der Edelmann spricht: ich bin frei,

Der Jude treibt seine Wucherei;

Der Soldat spricht: ich gebe nichts.

Da spricht der Bauer: das muss Gott walten,

Muss ich diese alle erhalten,

So geh' ich mich geduldig drein,

Und will es also zufrieden sein.

Frz.: Le laboureur n'a rien à soy, et si avons nous prou de loixe. (Leroux, I, 52.)

Holl.: De boer moet alles betalen. (Harrebomée, I, 69.)

124 Der Bauern Schalkheit und Gottes Barmherzigkeit dauert alle Zeit.

125 Der Bauern Weisheit und der Huren Schönheit gelten nicht weit.

Holl.: De wijsheid van een' boer, de schonheid van een hoer, en zakkeltragers kracht – 't is al niet veel geacht. (Harrebomée, I, 69.)

126 Der Bawr den bawren in nacken schlegt, wenn er gleich gold vnd samet tregt.Henisch, 213.

127 Der Bawren tantz vnd bettler zehren, von den sagt man in allen ehren.Henisch, 345.

128 Der beste Bauer ist ein Schelm.Meisner, 75.

129 Der Bur dur sini Müh im Koth, erhält, was reitet und was goht. (Schaffhausen.)

130 Der Bur ist ein Slur.Eiselein, 59.

131 Di Baue'n gnuag Mist, d' Hea'n1 gnuag Geld, Bue2 doas war'3 a Leb'n af de Welt. (Innsbruck.) – Frommann, VI, 35.

1) Herren.

2) Bube, Bursche.

3) Wäre.

132 Die Bauern begehren lange Bratwürste und kurze Lehren.

133 Die Bauern haben häufig Durst, sie lieben kurze Predigt und lange Wurst.

134 Die Bauern hören gut, wenn – sie nur wollen. Eiselein, 61.

135 Die Bauern jauchzen darzu, wenn sie singen.Henisch, 213.

136 Die Bauern jauchzen erst, wenn sie heimgehen.Kirchhofer, 212.

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[[130]/0158] 99 Der Bauer ist (bleibt) ein Bauer (oder: Schelm), auch wenn er schläft bis Mittag. – Bücking, 9; Simrock, 808. Wenn auch ein wohlhabender Bauer nach Art der höhern Stände aus der Nacht Tag und aus dem Tage Nacht machen wollte, so würde er doch in weiter nichts als gerade in diesem Punkte, wenn auch nicht den (specifisch) Gebildeten, doch den höhern Ständen gleichen. Dän.: En bonde bliver bonde, sov han end paa silke bolster. (Bohn, I, 365.) 100 Der Bauer ist ein Ehrenmann. 101 Der Bauer ist ein Ehrenmann, der weiss, will und kann. Dän.: Det er en god bonde som veed, og kand, og vil dyrke jorden. 102 Der Bauer ist ein Laurer, der bei vielem Gut thut Gott und seinem Herren selten gut. – Eisenhart, 77; Pistor., II, 61; Estor, I, 179. Laurer = tückischer Mensch, nicht zusammengezogen von Lauerer und von lauern abgeleitet, sondern von luren, listig anführen, anködern, eigentlich ludern von Luder, sein Luder (Spiel) mit jemand treiben. Eiselein dagegen: Lauer – Lawer, althochdeutsch: Lave tepidus. 103 Der Bauer ist nicht zu verderben, man hau' ihm denn Hand und Fuss ab. – Eiselein, 60; Simrock, 794. 104 Der Bauer ist nie arm. – Kirchhofer, 212. 105 Der Bauer ist nie ärmer, als wenn er eingesammelt hat. – Simrock, 12273; Kirchhofer, 212. 106 Der Bauer ist so stolz auf seinem Mist, als der Junker auf seinem Schlosse. – Eiselein, 59. 107 Der Bauer ist über den (stolzer als der) Barbier, er darf auf sein Werk hofier'. – Simrock, 834. Holl.: De boer is stouter dan de barbier, hij durft op zijn eigen werk schijten. (Harrebomée, I, 31.) 108 Der Bauer muss castriren (lassen), wenn der Verschneider kommt. In einzelnen Gegenden gehen Personen herum, welche das Castriren von Hausthieren besorgen; jeder Thierbesitzer muss das Geschäft besorgen lassen, wenn diese Person da ist. Also: Benutze den günstigen Augenblick! 109 Der Bauer muss dienen, wie er bespannt ist. – Eisenhart, 78; Simrock, 819; Eiselein, 60; Hillebrand, 180. Wo dies Sprichwort galt (z. B. in der Wetterau und den angrenzenden Landen), enthielt es die Regel, dass bei den Spanndiensten gar nicht darauf zu sehen sei, ob und wie viel der Bauer Land besitze, sondern allein auf die Anzahl des Zugviehs, welches derselbe hält. Mit den Fronen ist auch seine juridische Anwendung verschwunden. (Vgl. über dies Sprichwort Lauhn's oben erwähnte Abhandlung von den Frondiensten der Deutschen.) 110 Der Bauer muss grösser sein als das Land. Ein kleines Land, gut bearbeitet, trägt mehr, als ein grosses, zu dessen Cultur es an Kraft und Mitteln fehlt. Dän.: Bonden skal være mægtigere end hans brug. Frz.: A foible champ fort laboureur. (Leroux, I, 51.) 111 Der Bauer muss sein wie ein behauener Stock. 112 Der Bauer pflügt umsonst die Erde, spricht der Herr nicht: Werde! – Sprichwörterschatz, I, 93; Sprichwörtergarten, 284. 113 Der Bauer reich und zottig der Hund, ist ein guter Bund. Das passt gut, hat man gern. 114 Der Bauer riecht stets nach dem Kittel. Frz.: La caque sent toujours le hareng. (Lendroy, 268.) Das französische Sprichwort verdankt seine Entstehung dem Rechtsgelehrten Peutinger, einem Rathe des Kaisers Maximilian. Ein sehr gelehrter Jude, Johann Pfefferkorn, war zum Christenthum übergetreten und hatte so viel Einfluss auf den Kaiser Maximilian gewonnen, dass der Befehl ausging, alle hebräischen Bücher, ausser der Bibel, unter dem Vorwande, dass sie Gotteslästerungen, Zaubereien und andere gefährliche Sachen enthielten, zu verbrennen. Die gelehrten Orientalisten bewiesen aber das Verderbliche dieser Verordnung auf eine so überzeugende Weise, dass Pfefferkorn gezwungen ward, sein Vaterland zu verlassen. Er ging nach Lothringen und lebte dort unter dem Namen Lacaque. Einst machte er den Vorschlag, dem Könige von Frankreich vorzustellen, den Juden mehr Freiheit in seinem Reiche zu geben. Eben als der Vorschlag zur Verhandlung kommen sollte, kam Peutinger nach Frankreich, den ein Doctor der Sorbonne um seine Meinung über den Lacaque'schen Antrag bat. Peutinger, Pfefferkorn erkennend, antwortete: „Messieurs, La caque“ u. s. w. Man fand die Antwort sehr räthselhaft, Peutinger musste sich darüber erklären; das Wort gefiel und ward, unzähligemal wiederholt, Sprichwort, das man immer im schlimmen Sinne anwendet, um zu sagen, dass sich niemand, in welchem Stande er sich auch befinden möge, von den ersten Eindrücken der Jugend und seines ersten Standes gänzlich freizumachen vermöge. 115 Der Bauer schläft ebenso gut auf dem Strohsack, als der Fürst in einer elfenbeinernen Bettstatt. 116 Der Bauer soll gern verkaufen. Dän.: Bonde skal sælge og ikke kiøbe. Lat.: Agricolam vendacem esse oportet, non emacem. 117 Der Bauer springt hurtiger im gewirkten Kittel, als ein Herr im seidenen Rock. 118 Der Bauer trägt das Pulver, Gott die Kugel. (Poln.) 119 Der Bauer tüchtig zu essen weiss, dem Edelmann gebührt im Trinken der Preis. (Poln.) – Wurzbach I, 28. Trinken steht hier euphemistisch für Saufen. 120 Der Bauer und der liebe Gott liegen stets im Streite. 121 Der Bauer und sein Stier sind Ein Thier. – Simrock, 786; Eiselein, 60. Schildert die Störrigkeit der Bauern, die ihren Grund, wie bei einem andern Sprichwort bemerkt worden ist, in ihrer Behandlungsweise hatte, die für Bauer und Stier so ziemlich dieselbe war, mit dem Unterschiede etwa, dass der Bauer nicht einmal, wie weiland Bileam's Esel fragte: Warum schlägst du mich? Die Holländer dagegen sagen: Vier diere maken een' boer, womit sie scherzhaft andeuten, dass die Buchstaben, aus denen das Wort boer besteht, die Anfangsbuchstaben der folgenden vier Worte sind: b = buffel, o = os, e = ezel und r = rekel. (Harrebomée, I, 72.) 122 Der Bauer verliert lieber seine rothe Nase, als seinen rothen Kreuzer. 123 Der Bauer wird am meisten geschoren. Das wird mit Laune, ohne Bitterkeit von einem Bauer in folgenden alten Reimen vorgetragen: Der Kaiser will haben sein Treu und Pflicht, Der Pastor will sein frei und quitt, Der Edelmann spricht: ich bin frei, Der Jude treibt seine Wucherei; Der Soldat spricht: ich gebe nichts. Da spricht der Bauer: das muss Gott walten, Muss ich diese alle erhalten, So geh' ich mich geduldig drein, Und will es also zufrieden sein. Frz.: Le laboureur n'a rien à soy, et si avons nous prou de loixe. (Leroux, I, 52.) Holl.: De boer moet alles betalen. (Harrebomée, I, 69.) 124 Der Bauern Schalkheit und Gottes Barmherzigkeit dauert alle Zeit. 125 Der Bauern Weisheit und der Huren Schönheit gelten nicht weit. Holl.: De wijsheid van een' boer, de schonheid van een hoer, en zakkeltragers kracht – 't is al niet veel geacht. (Harrebomée, I, 69.) 126 Der Bawr den bawren in nacken schlegt, wenn er gleich gold vnd samet tregt. – Henisch, 213. 127 Der Bawren tantz vnd bettler zehren, von den sagt man in allen ehren. – Henisch, 345. 128 Der beste Bauer ist ein Schelm. – Meisner, 75. 129 Der Bur dur sini Müh im Koth, erhält, was reitet und was goht. (Schaffhausen.) 130 Der Bur ist ein Slur. – Eiselein, 59. 131 Di Baue'n gnuag Mist, d' Hea'n1 gnuag Geld, Bue2 doas war'3 a Leb'n af de Welt. (Innsbruck.) – Frommann, VI, 35. 1) Herren. 2) Bube, Bursche. 3) Wäre. 132 Die Bauern begehren lange Bratwürste und kurze Lehren. 133 Die Bauern haben häufig Durst, sie lieben kurze Predigt und lange Wurst. 134 Die Bauern hören gut, wenn – sie nur wollen. Eiselein, 61. 135 Die Bauern jauchzen darzu, wenn sie singen. – Henisch, 213. 136 Die Bauern jauchzen erst, wenn sie heimgehen. – Kirchhofer, 212. 137 Die Bauern können einen Mores lehren. – Simrock, 791; Lehmann, II, 84, 148; Henisch, 213; Frank, I, 22. 138 Die Bauen müssen den Dieben das Gelage bezahlen. – Henisch, 213. 139 Die Bauern müssen den Junkern die Hunde und die Laien den Pfaffen die Weiber (Mägde) aufziehen.

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Zitationshilfe: Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 1. Leipzig, 1867, S. [130]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon01_1867/158>, abgerufen am 27.04.2024.