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Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 2. Leipzig, 1870.

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[Spaltenumbruch] 51 Es sind nicht alle Heilige, die sich kreuzigen.

Die Russen: Es heisst nicht jeder Heilige Iwan. (Altmann V, 88.) Es ist nicht jeder ein Heiliger, der im Kloster begraben liegt. (Altmann VI, 447.) Aber es gibt Heilige, die sich im Leben gerade nicht gekreuzigt haben, wie das Beispiel Karl's des Grossen beweist, dessen Hofleben nichts mit Kreuzigung gemein hatte. Er unterhielt neben vier rechtmässigen Frauen noch fünf officielle Freundinnen, die am Hofe wohnten und deren Kinder mit den ehelichen erzogen wurden; seine fünf Töchter waren sehr schön, aber nichts weniger als Tugendspiegel; noch als Sechziger hatte er drei Kebsfrauen. Aber er ging täglich zweimal in die Kirche, bekehrte bei Verden an der Aller dadurch 4500 Sachsen zum Christenthum, dass er ihnen den Kopf abschlagen liess, bedrohte im Artikel 7 des "Capitulars" von Paderborn die Leichenverbrennung, durch Artikel 8 die Verweigerung der Taufe mit dem Tode und machte, was die Hauptsache ist, reiche Stiftungen an Kirchen und Klöster. Rom war dafür erkenntlich und sprach ihn " heilig". Dieser Weg ein Heiliger zu werden hat mit Fleischeskreuzigung nichts zu thun.

52 Es sind nicht alles Heilige, die weisse, schwarze oder graue Zipfel tragen. - Klosterspiegel, 43, 1.

53 Es sindt nit all heiligen, die in allerheiligen kirchen gehen. - Franck, I, 78a; Egenolff, 337a; Gruter, I, 38; Mager, II, 93; Simrock, 4497; Blum, 83; Gaal, 1013; Körte, 2710; Braun, I, 1239.

Vom fleissigen Kirchengehen allein lässt sich kein Schluss auf die Frömmigkeit des Kirchgängers machen. Die heilige Larve bedeckt oft das Angesicht eines Schalks und Bösewichts.

Böhm.: Ne vsickni jsou svati, co si otiraji o kostel paty. (Celakovsky, 41.)

Dän.: De ere ei alle helgene der gaae til kirke. (Prov. dan., 345.)

Holl.: Si sijn niet al heilich, die gheern te kerken gaen. (Tunn., 27, 6; Harrebomee, I, 298.)

It.: Non sono tutti santi quelli che vanno in chiesa. (Bohn I, 115; Gaal, 1013.)

Lat.: Non omnes sancti qui calcant limina templi. (Philippi, II, 41.)

Ung.: Nem mind szentek azok kik a' templomba jarnak. (Gaal, 1013.)

54 Es wird mancher für einen Heiligen im Himmel angebetet, der in der Hölle ist.

Als von den mystischen Schriften der heiligen Therese die Rede war, die man 1609 in Frankreich zu verbreiten begann, sagte der Präsident von Jambeville zum Präsidenten Sequier: "Wir beide, sie wie ich, haben mehr als 50 pariser Kupplerinnen auspeitschen lassen, die ihre Hiebe nicht so gründlich verdient hatten, wie diese Mutter Therese."

55 Et wird kene Helge en sengem Lang ge-eit. (Bedburg.)

Es wird kein Heiliger in seinem Lande geehrt.

56 Gnädige Heilige muss man in fernen Landen suchen. - Eiselein, 295.

57 Grosse heiligen, gross Creutz vnd arbeit. - Henisch, 622, 64.

58 Grosse Heiligen, grosse Thaten. - Petri, II, 358.

59 Hinter den Heiligen wird Gottes Gunst vergessen.

Frz.: Il vaut mieux avoir affaire a Dieu qu'a ses saints.

60 Ich will dir nicht alle Heiligen herzählen (hertragen), - Eisenhart, VI, 2, 21; Eiselein, 295.

Es handelt dies Sprichwort von einem Gebrauche, der ehedem bei Ablegung eines Eides üblich gewesen ist. Als unsere Vorfahren zum Christenthum übergetreten waren, schwuren sie unter anderm auch auf die Heiligen, eigentlich auf die Reliquien derselben, indem sie die Hand bei der Eidesleistung auf das Reliquienkästchen legten. Wenn es eine wichtige Sache galt, so genügte ein Heiliger nicht, sondern der Schwörende musste bei den Reliquien mehrerer Heiligen den Eid ableisten. Es will sagen: Wer z. B. seine Unschuld einmal betheuert, hat nicht nöthig, sie durch neue Eide auf die Gebeine anderer Heiligen wiederholentlich zu betheuern.

61 Ist auch ein Heiliger, der heisst Hälsen und Küssen? - Eiselein, 295.

62 Je grösser Heiliger, je grösser Creutz. - Petri, I, 57; Herberger, II, 407.

63 Je grösser Heiliger, je grösser Martirer. - Petri, I, 56.

64 Je grösser Heiliger, je grösser Sünder. - Petri, II, 391.

65 Je grösser heiliger, je mehr Anfechtung. - Petri, I, 57; Henisch, 621. 64.

" ...Wir sehen daher die Geschichte des innern Lebens der Heiligen voll von Seelenkämpfen, Anfechtungen [Spaltenumbruch] und Verlassenheit von der Gnade, d. h. von derjenigen Erkenntnissweise, welche den tiefsten Frieden gibt und das Thor der Freiheit öffnet." (Schopenhauer, Welt als Wille, I, 461.)

66 Je grösser heiliger, je tiefer demut. - Petri, III, 18; Henisch, 675, 34.

67 Jedem Heiligen sein Licht (seine Kerze).

Jedem die ihm gebührende Ehre!

Frz.: A chaque saint sa chandelle. (Cahier, 291; Lendroy, 295; Leroux, I, 28.) - A chaque saint son cierge. (Bohn I, 2.) - A chaque saint son offrande. (Lendroy, 1103.)

Holl.: Eer dat ieder heilige zijn lichtje heeft. (Harrebomee, I, 297.)

It.: Ad ogni santo la sua torcia. (Bohn I.68.)

68 Jeder Heilige hat seine Fürsprecher.

Span.: No piden tortos para un santo. (Bohn I, 237.)

69 Jeder Heilige hat seinen Festtag.

Klopstock hatte die Büste der Charlotte Corday in seinem Zimmer und bemerkte, auf sie zeigend: "Das ist meine Heilige."

70 Jeder lobt (verehrt) seinen eigenen Heiligen.

It.: Ognuno loda il proprio santo. (Bohn I, 117.)

71 Junger heilig, alter teuffel. - Franck, II, 156a; Gruter, I, 52; Meisner, 1; Eiselein, 294; Simrock, 4488.

It.: Buon papero e cattiva oca. (Gaal, 977.)

Lat.: Augclicus juvenis senibus sathanizat in annia. (Gaal, 987.)

72 Kein Heiliger so gross, er hat mit bösen Gedanken im Katzbalg gelegen. - Eiselein, 294.

73 Kein Heiliger so klein, er will seine eigene Kerze. - Graf, 458, 82; Braun, I, 1240.

74 Kein Heiliger, so nicht mit dem Teufel stritte.

Wobei der Teufel mitunter in eine gar misliche Lage kommt. So wird von Duncan (um das Jahr 950 Abt von Glastonbury) erzählt, dass er einmal den Teufel mit einer glühenden Feuerzange bei der Nase gepackt und ihn so fest gehalten habe, dass sein Schmerzgebrüll in der ganzen Nachbarschaft gehört wurde. (Neuyorker Beobachter, vom 23. Febr. 1851.)

75 Kleine Heilige, kleine Opfer.

Frz.: A petit saint petite offrande. (Leroux, I, 28.)

76 Kleine Heilige thun auch (kleine) Zeichen. - Petri, II, 423; Lehmann, 380, 3; Eiselein, 295; Simruck, 5508; Braun, I, 1234.

Nur im verjüngten Massstabe. - Wer kleinen Herrn dient, soll nicht vergessen, dass sie auch Macht und Einfluss besitzen. So verschluckte Franz von Ariano bei der Communion eine Spinne, die am Schenkel wieder hervorkam. Sanct-Barodat verbrachte sein Leben in einem Käfig. Sanot-Adhelme forderte den Teufel der Wollust heraus und er siegte. (Vgl. Westdeutche Zeitung 1849, Nr. 71.)

Dän.: Smaae helgen giör og jertegen. (Prov. dan., 278 u. 513; Bohn I, 398.)

77 Kleine Heiligen haben auch macht. - Lehmann, 380, 13.

Holl.: Kleine heiligen hebben ook magt. (Harrebomee, I, 298.)

78 Kleinen Heiligen feiert man nicht.

79 Kleinen Heiligen hält man schlechte Feiertage.

Die kleinen Dorfheiligen geniessen keiner grossen Verehrung. Gesetz ohne Macht wird nur verlacht. Achtung wird nur durch Macht und Weisheit erzeugt.

Frz.: Le saint de la ville n'est point aoure (adore). (Leroux, I, 28.)

80 Man glaubt an keinen scheissenden Heiligen. - Körte, 2712 u. 3363; Simrock, 4507.

Wer verehrt werden will, muss nicht versäumen, sich mit einer gewissen, das Publikum bestechenden Glorie zu umgeben; er muss vermeiden, was an menschliche Natur erinnert.

Holl.: Ik geloof geene heiligen, of zij moeten brood eten. (Harrebomee, I, 298.)

81 Man glaubt den Heiligen nicht ehe, sie thun den zeichen. - Petri, II, 454.

82 Man glaubt keim heiligen, er zeychne dann. - Franck, II, 90a; Tappius, 131a; Körte, 2713; Simrock, 4506.

Dän.: Man troer ikke helgen för man seer jertegen. (Prov. dan., 278..)

Frz.: Saint qui ne guerit de rien, n'a guere de pelerins. (Bohn I, 55.)

Holl.: Hij gelooft geene heiligen, of zij moeten mirakelen doen. (Harrebomee, I, 298.)

It.: Non credere al santo se non fa miracoli. (Bohn I, 112.)

Lat.: Aderit Temesseus genius. (Erasm., 953, Tappius, 130b.)

83 Man hat auf die Heiligen auch viel falsche Dinge gesagt. - Eiselein, 295.

Sowie man auch falsche Heilige gemacht hat. Als die Gebeine eines Heiligen, die sich der Herzog von Crequi

[Spaltenumbruch] 51 Es sind nicht alle Heilige, die sich kreuzigen.

Die Russen: Es heisst nicht jeder Heilige Iwan. (Altmann V, 88.) Es ist nicht jeder ein Heiliger, der im Kloster begraben liegt. (Altmann VI, 447.) Aber es gibt Heilige, die sich im Leben gerade nicht gekreuzigt haben, wie das Beispiel Karl's des Grossen beweist, dessen Hofleben nichts mit Kreuzigung gemein hatte. Er unterhielt neben vier rechtmässigen Frauen noch fünf officielle Freundinnen, die am Hofe wohnten und deren Kinder mit den ehelichen erzogen wurden; seine fünf Töchter waren sehr schön, aber nichts weniger als Tugendspiegel; noch als Sechziger hatte er drei Kebsfrauen. Aber er ging täglich zweimal in die Kirche, bekehrte bei Verden an der Aller dadurch 4500 Sachsen zum Christenthum, dass er ihnen den Kopf abschlagen liess, bedrohte im Artikel 7 des „Capitulars“ von Paderborn die Leichenverbrennung, durch Artikel 8 die Verweigerung der Taufe mit dem Tode und machte, was die Hauptsache ist, reiche Stiftungen an Kirchen und Klöster. Rom war dafür erkenntlich und sprach ihn „ heilig“. Dieser Weg ein Heiliger zu werden hat mit Fleischeskreuzigung nichts zu thun.

52 Es sind nicht alles Heilige, die weisse, schwarze oder graue Zipfel tragen.Klosterspiegel, 43, 1.

53 Es sindt nit all heiligen, die in allerheiligen kirchen gehen.Franck, I, 78a; Egenolff, 337a; Gruter, I, 38; Mager, II, 93; Simrock, 4497; Blum, 83; Gaal, 1013; Körte, 2710; Braun, I, 1239.

Vom fleissigen Kirchengehen allein lässt sich kein Schluss auf die Frömmigkeit des Kirchgängers machen. Die heilige Larve bedeckt oft das Angesicht eines Schalks und Bösewichts.

Böhm.: Ne všickni jsou svati, co si otírají o kostel paty. (Čelakovsky, 41.)

Dän.: De ere ei alle helgene der gaae til kirke. (Prov. dan., 345.)

Holl.: Si sijn niet al heilich, die gheern te kerken gaen. (Tunn., 27, 6; Harrebomée, I, 298.)

It.: Non sono tutti santi quelli che vanno in chiesa. (Bohn I, 115; Gaal, 1013.)

Lat.: Non omnes sancti qui calcant limina templi. (Philippi, II, 41.)

Ung.: Nem mind szentek azok kik a' templomba járnak. (Gaal, 1013.)

54 Es wird mancher für einen Heiligen im Himmel angebetet, der in der Hölle ist.

Als von den mystischen Schriften der heiligen Therese die Rede war, die man 1609 in Frankreich zu verbreiten begann, sagte der Präsident von Jambeville zum Präsidenten Sequier: „Wir beide, sie wie ich, haben mehr als 50 pariser Kupplerinnen auspeitschen lassen, die ihre Hiebe nicht so gründlich verdient hatten, wie diese Mutter Therese.“

55 Et wird kene Helge en sengem Lang ge-ît. (Bedburg.)

Es wird kein Heiliger in seinem Lande geehrt.

56 Gnädige Heilige muss man in fernen Landen suchen.Eiselein, 295.

57 Grosse heiligen, gross Creutz vnd arbeit.Henisch, 622, 64.

58 Grosse Heiligen, grosse Thaten.Petri, II, 358.

59 Hinter den Heiligen wird Gottes Gunst vergessen.

Frz.: Il vaut mieux avoir affaire à Dieu qu'à ses saints.

60 Ich will dir nicht alle Heiligen herzählen (hertragen),Eisenhart, VI, 2, 21; Eiselein, 295.

Es handelt dies Sprichwort von einem Gebrauche, der ehedem bei Ablegung eines Eides üblich gewesen ist. Als unsere Vorfahren zum Christenthum übergetreten waren, schwuren sie unter anderm auch auf die Heiligen, eigentlich auf die Reliquien derselben, indem sie die Hand bei der Eidesleistung auf das Reliquienkästchen legten. Wenn es eine wichtige Sache galt, so genügte ein Heiliger nicht, sondern der Schwörende musste bei den Reliquien mehrerer Heiligen den Eid ableisten. Es will sagen: Wer z. B. seine Unschuld einmal betheuert, hat nicht nöthig, sie durch neue Eide auf die Gebeine anderer Heiligen wiederholentlich zu betheuern.

61 Ist auch ein Heiliger, der heisst Hälsen und Küssen?Eiselein, 295.

62 Je grösser Heiliger, je grösser Creutz.Petri, I, 57; Herberger, II, 407.

63 Je grösser Heiliger, je grösser Martirer.Petri, I, 56.

64 Je grösser Heiliger, je grösser Sünder.Petri, II, 391.

65 Je grösser heiliger, je mehr Anfechtung.Petri, I, 57; Henisch, 621. 64.

„ ...Wir sehen daher die Geschichte des innern Lebens der Heiligen voll von Seelenkämpfen, Anfechtungen [Spaltenumbruch] und Verlassenheit von der Gnade, d. h. von derjenigen Erkenntnissweise, welche den tiefsten Frieden gibt und das Thor der Freiheit öffnet.“ (Schopenhauer, Welt als Wille, I, 461.)

66 Je grösser heiliger, je tiefer demut.Petri, III, 18; Henisch, 675, 34.

67 Jedem Heiligen sein Licht (seine Kerze).

Jedem die ihm gebührende Ehre!

Frz.: A chaque saint sa chandelle. (Cahier, 291; Lendroy, 295; Leroux, I, 28.) – A chaque saint son cierge. (Bohn I, 2.) – A chaque saint son offrande. (Lendroy, 1103.)

Holl.: Eer dat ieder heilige zijn lichtje heeft. (Harrebomée, I, 297.)

It.: Ad ogni santo la sua torcia. (Bohn I.68.)

68 Jeder Heilige hat seine Fürsprecher.

Span.: No piden tortos para un santo. (Bohn I, 237.)

69 Jeder Heilige hat seinen Festtag.

Klopstock hatte die Büste der Charlotte Corday in seinem Zimmer und bemerkte, auf sie zeigend: „Das ist meine Heilige.“

70 Jeder lobt (verehrt) seinen eigenen Heiligen.

It.: Ognuno loda il proprio santo. (Bohn I, 117.)

71 Junger heilig, alter teuffel.Franck, II, 156a; Gruter, I, 52; Meisner, 1; Eiselein, 294; Simrock, 4488.

It.: Buon papero e cattiva oca. (Gaal, 977.)

Lat.: Augclicus juvenis senibus sathanizat in annia. (Gaal, 987.)

72 Kein Heiliger so gross, er hat mit bösen Gedanken im Katzbalg gelegen.Eiselein, 294.

73 Kein Heiliger so klein, er will seine eigene Kerze.Graf, 458, 82; Braun, I, 1240.

74 Kein Heiliger, so nicht mit dem Teufel stritte.

Wobei der Teufel mitunter in eine gar misliche Lage kommt. So wird von Duncan (um das Jahr 950 Abt von Glastonbury) erzählt, dass er einmal den Teufel mit einer glühenden Feuerzange bei der Nase gepackt und ihn so fest gehalten habe, dass sein Schmerzgebrüll in der ganzen Nachbarschaft gehört wurde. (Neuyorker Beobachter, vom 23. Febr. 1851.)

75 Kleine Heilige, kleine Opfer.

Frz.: A petit saint petite offrande. (Leroux, I, 28.)

76 Kleine Heilige thun auch (kleine) Zeichen.Petri, II, 423; Lehmann, 380, 3; Eiselein, 295; Simruck, 5508; Braun, I, 1234.

Nur im verjüngten Massstabe. – Wer kleinen Herrn dient, soll nicht vergessen, dass sie auch Macht und Einfluss besitzen. So verschluckte Franz von Ariano bei der Communion eine Spinne, die am Schenkel wieder hervorkam. Sanct-Barodat verbrachte sein Leben in einem Käfig. Sanot-Adhelme forderte den Teufel der Wollust heraus und er siegte. (Vgl. Westdeutche Zeitung 1849, Nr. 71.)

Dän.: Smaae helgen giør og jertegen. (Prov. dan., 278 u. 513; Bohn I, 398.)

77 Kleine Heiligen haben auch macht.Lehmann, 380, 13.

Holl.: Kleine heiligen hebben ook magt. (Harrebomée, I, 298.)

78 Kleinen Heiligen feiert man nicht.

79 Kleinen Heiligen hält man schlechte Feiertage.

Die kleinen Dorfheiligen geniessen keiner grossen Verehrung. Gesetz ohne Macht wird nur verlacht. Achtung wird nur durch Macht und Weisheit erzeugt.

Frz.: Le saint de la ville n'est point aouré (adoré). (Leroux, I, 28.)

80 Man glaubt an keinen scheissenden Heiligen.Körte, 2712 u. 3363; Simrock, 4507.

Wer verehrt werden will, muss nicht versäumen, sich mit einer gewissen, das Publikum bestechenden Glorie zu umgeben; er muss vermeiden, was an menschliche Natur erinnert.

Holl.: Ik geloof geene heiligen, of zij moeten brood eten. (Harrebomée, I, 298.)

81 Man glaubt den Heiligen nicht ehe, sie thun den zeichen.Petri, II, 454.

82 Man glaubt keim heiligen, er zeychne dann.Franck, II, 90a; Tappius, 131a; Körte, 2713; Simrock, 4506.

Dän.: Man troer ikke helgen før man seer jertegen. (Prov. dan., 278..)

Frz.: Saint qui ne guérit de rien, n'a guère de pélerins. (Bohn I, 55.)

Holl.: Hij gelooft geene heiligen, of zij moeten mirakelen doen. (Harrebomée, I, 298.)

It.: Non credere al santo se non fa miracoli. (Bohn I, 112.)

Lat.: Aderit Temesseus genius. (Erasm., 953, Tappius, 130b.)

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[[233]/0239] 51 Es sind nicht alle Heilige, die sich kreuzigen. Die Russen: Es heisst nicht jeder Heilige Iwan. (Altmann V, 88.) Es ist nicht jeder ein Heiliger, der im Kloster begraben liegt. (Altmann VI, 447.) Aber es gibt Heilige, die sich im Leben gerade nicht gekreuzigt haben, wie das Beispiel Karl's des Grossen beweist, dessen Hofleben nichts mit Kreuzigung gemein hatte. Er unterhielt neben vier rechtmässigen Frauen noch fünf officielle Freundinnen, die am Hofe wohnten und deren Kinder mit den ehelichen erzogen wurden; seine fünf Töchter waren sehr schön, aber nichts weniger als Tugendspiegel; noch als Sechziger hatte er drei Kebsfrauen. Aber er ging täglich zweimal in die Kirche, bekehrte bei Verden an der Aller dadurch 4500 Sachsen zum Christenthum, dass er ihnen den Kopf abschlagen liess, bedrohte im Artikel 7 des „Capitulars“ von Paderborn die Leichenverbrennung, durch Artikel 8 die Verweigerung der Taufe mit dem Tode und machte, was die Hauptsache ist, reiche Stiftungen an Kirchen und Klöster. Rom war dafür erkenntlich und sprach ihn „ heilig“. Dieser Weg ein Heiliger zu werden hat mit Fleischeskreuzigung nichts zu thun. 52 Es sind nicht alles Heilige, die weisse, schwarze oder graue Zipfel tragen. – Klosterspiegel, 43, 1. 53 Es sindt nit all heiligen, die in allerheiligen kirchen gehen. – Franck, I, 78a; Egenolff, 337a; Gruter, I, 38; Mager, II, 93; Simrock, 4497; Blum, 83; Gaal, 1013; Körte, 2710; Braun, I, 1239. Vom fleissigen Kirchengehen allein lässt sich kein Schluss auf die Frömmigkeit des Kirchgängers machen. Die heilige Larve bedeckt oft das Angesicht eines Schalks und Bösewichts. Böhm.: Ne všickni jsou svati, co si otírají o kostel paty. (Čelakovsky, 41.) Dän.: De ere ei alle helgene der gaae til kirke. (Prov. dan., 345.) Holl.: Si sijn niet al heilich, die gheern te kerken gaen. (Tunn., 27, 6; Harrebomée, I, 298.) It.: Non sono tutti santi quelli che vanno in chiesa. (Bohn I, 115; Gaal, 1013.) Lat.: Non omnes sancti qui calcant limina templi. (Philippi, II, 41.) Ung.: Nem mind szentek azok kik a' templomba járnak. (Gaal, 1013.) 54 Es wird mancher für einen Heiligen im Himmel angebetet, der in der Hölle ist. Als von den mystischen Schriften der heiligen Therese die Rede war, die man 1609 in Frankreich zu verbreiten begann, sagte der Präsident von Jambeville zum Präsidenten Sequier: „Wir beide, sie wie ich, haben mehr als 50 pariser Kupplerinnen auspeitschen lassen, die ihre Hiebe nicht so gründlich verdient hatten, wie diese Mutter Therese.“ 55 Et wird kene Helge en sengem Lang ge-ît. (Bedburg.) Es wird kein Heiliger in seinem Lande geehrt. 56 Gnädige Heilige muss man in fernen Landen suchen. – Eiselein, 295. 57 Grosse heiligen, gross Creutz vnd arbeit. – Henisch, 622, 64. 58 Grosse Heiligen, grosse Thaten. – Petri, II, 358. 59 Hinter den Heiligen wird Gottes Gunst vergessen. Frz.: Il vaut mieux avoir affaire à Dieu qu'à ses saints. 60 Ich will dir nicht alle Heiligen herzählen (hertragen), – Eisenhart, VI, 2, 21; Eiselein, 295. Es handelt dies Sprichwort von einem Gebrauche, der ehedem bei Ablegung eines Eides üblich gewesen ist. Als unsere Vorfahren zum Christenthum übergetreten waren, schwuren sie unter anderm auch auf die Heiligen, eigentlich auf die Reliquien derselben, indem sie die Hand bei der Eidesleistung auf das Reliquienkästchen legten. Wenn es eine wichtige Sache galt, so genügte ein Heiliger nicht, sondern der Schwörende musste bei den Reliquien mehrerer Heiligen den Eid ableisten. Es will sagen: Wer z. B. seine Unschuld einmal betheuert, hat nicht nöthig, sie durch neue Eide auf die Gebeine anderer Heiligen wiederholentlich zu betheuern. 61 Ist auch ein Heiliger, der heisst Hälsen und Küssen? – Eiselein, 295. 62 Je grösser Heiliger, je grösser Creutz. – Petri, I, 57; Herberger, II, 407. 63 Je grösser Heiliger, je grösser Martirer. – Petri, I, 56. 64 Je grösser Heiliger, je grösser Sünder. – Petri, II, 391. 65 Je grösser heiliger, je mehr Anfechtung. – Petri, I, 57; Henisch, 621. 64. „ ...Wir sehen daher die Geschichte des innern Lebens der Heiligen voll von Seelenkämpfen, Anfechtungen und Verlassenheit von der Gnade, d. h. von derjenigen Erkenntnissweise, welche den tiefsten Frieden gibt und das Thor der Freiheit öffnet.“ (Schopenhauer, Welt als Wille, I, 461.) 66 Je grösser heiliger, je tiefer demut. – Petri, III, 18; Henisch, 675, 34. 67 Jedem Heiligen sein Licht (seine Kerze). Jedem die ihm gebührende Ehre! Frz.: A chaque saint sa chandelle. (Cahier, 291; Lendroy, 295; Leroux, I, 28.) – A chaque saint son cierge. (Bohn I, 2.) – A chaque saint son offrande. (Lendroy, 1103.) Holl.: Eer dat ieder heilige zijn lichtje heeft. (Harrebomée, I, 297.) It.: Ad ogni santo la sua torcia. (Bohn I.68.) 68 Jeder Heilige hat seine Fürsprecher. Span.: No piden tortos para un santo. (Bohn I, 237.) 69 Jeder Heilige hat seinen Festtag. Klopstock hatte die Büste der Charlotte Corday in seinem Zimmer und bemerkte, auf sie zeigend: „Das ist meine Heilige.“ 70 Jeder lobt (verehrt) seinen eigenen Heiligen. It.: Ognuno loda il proprio santo. (Bohn I, 117.) 71 Junger heilig, alter teuffel. – Franck, II, 156a; Gruter, I, 52; Meisner, 1; Eiselein, 294; Simrock, 4488. It.: Buon papero e cattiva oca. (Gaal, 977.) Lat.: Augclicus juvenis senibus sathanizat in annia. (Gaal, 987.) 72 Kein Heiliger so gross, er hat mit bösen Gedanken im Katzbalg gelegen. – Eiselein, 294. 73 Kein Heiliger so klein, er will seine eigene Kerze. – Graf, 458, 82; Braun, I, 1240. 74 Kein Heiliger, so nicht mit dem Teufel stritte. Wobei der Teufel mitunter in eine gar misliche Lage kommt. So wird von Duncan (um das Jahr 950 Abt von Glastonbury) erzählt, dass er einmal den Teufel mit einer glühenden Feuerzange bei der Nase gepackt und ihn so fest gehalten habe, dass sein Schmerzgebrüll in der ganzen Nachbarschaft gehört wurde. (Neuyorker Beobachter, vom 23. Febr. 1851.) 75 Kleine Heilige, kleine Opfer. Frz.: A petit saint petite offrande. (Leroux, I, 28.) 76 Kleine Heilige thun auch (kleine) Zeichen. – Petri, II, 423; Lehmann, 380, 3; Eiselein, 295; Simruck, 5508; Braun, I, 1234. Nur im verjüngten Massstabe. – Wer kleinen Herrn dient, soll nicht vergessen, dass sie auch Macht und Einfluss besitzen. So verschluckte Franz von Ariano bei der Communion eine Spinne, die am Schenkel wieder hervorkam. Sanct-Barodat verbrachte sein Leben in einem Käfig. Sanot-Adhelme forderte den Teufel der Wollust heraus und er siegte. (Vgl. Westdeutche Zeitung 1849, Nr. 71.) Dän.: Smaae helgen giør og jertegen. (Prov. dan., 278 u. 513; Bohn I, 398.) 77 Kleine Heiligen haben auch macht. – Lehmann, 380, 13. Holl.: Kleine heiligen hebben ook magt. (Harrebomée, I, 298.) 78 Kleinen Heiligen feiert man nicht. 79 Kleinen Heiligen hält man schlechte Feiertage. Die kleinen Dorfheiligen geniessen keiner grossen Verehrung. Gesetz ohne Macht wird nur verlacht. Achtung wird nur durch Macht und Weisheit erzeugt. Frz.: Le saint de la ville n'est point aouré (adoré). (Leroux, I, 28.) 80 Man glaubt an keinen scheissenden Heiligen. – Körte, 2712 u. 3363; Simrock, 4507. Wer verehrt werden will, muss nicht versäumen, sich mit einer gewissen, das Publikum bestechenden Glorie zu umgeben; er muss vermeiden, was an menschliche Natur erinnert. Holl.: Ik geloof geene heiligen, of zij moeten brood eten. (Harrebomée, I, 298.) 81 Man glaubt den Heiligen nicht ehe, sie thun den zeichen. – Petri, II, 454. 82 Man glaubt keim heiligen, er zeychne dann. – Franck, II, 90a; Tappius, 131a; Körte, 2713; Simrock, 4506. Dän.: Man troer ikke helgen før man seer jertegen. (Prov. dan., 278..) Frz.: Saint qui ne guérit de rien, n'a guère de pélerins. (Bohn I, 55.) Holl.: Hij gelooft geene heiligen, of zij moeten mirakelen doen. (Harrebomée, I, 298.) It.: Non credere al santo se non fa miracoli. (Bohn I, 112.) Lat.: Aderit Temesseus genius. (Erasm., 953, Tappius, 130b.) 83 Man hat auf die Heiligen auch viel falsche Dinge gesagt. – Eiselein, 295. Sowie man auch falsche Heilige gemacht hat. Als die Gebeine eines Heiligen, die sich der Herzog von Crequi

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Zitationshilfe: Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 2. Leipzig, 1870, S. [233]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon02_1870/239>, abgerufen am 06.05.2024.