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Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 2. Leipzig, 1870.

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[Spaltenumbruch] 20 Die in der Kirche die grössten Kreuze machen, sind nicht allzeit die Frömmsten.

21 Die Kirch ist Christi Burg, Schloss vnd Kammer, da er wohnet. - Petri, I, 25.

22 Die Kirch ist an dem orth, da wird des hirten Stimm gehort. - Petri, I, 42.

23 Die Kirch steht nimmer arger, als wenn sie ruhe vnd fried hat. - Petri, I, 26.

Die sie also bekämpfen, sind ihre wahren Freunde.

24 Die Kirche dürstet kein Blut. - Bodemeyer, 581; Graf, 549, 93.

Wenn dem so ist, dann hat sie es nach dem Zeugniss der Geschichte ohne Durst getrunken.

25 Die Kirche geht vor.

Frz.: L'eglise va devant. (Kritzinger, 262a.)

26 Die Kirche gestattet kein Unrecht. - Lünig, I, 246; Graf, 548, 72.

Ihr idealer Zweck ist die Heiligung ihrer Glieder, also der Kampf gegen das Unrecht.

27 Die Kirche hält kein Gericht über das, was heimlich geschieht. - Binder II, 714; Schamelius, 30, 9.

Lat.: De occultis non judicat Ecclesia. (Schamelius, 30, 9.)

28 Die Kirche hat alleweg den Vorrang. - Eiselein, 376; Simrock, 5685.

Nach Montalembert muss die Kirche Königin sein, wenn sie nicht nichts sein soll.

29 Die Kirche hat einen Straussenmagen, sie kann die härtesten Dinge vertragen.

30 Die Kirche hat 'n guten Magen, sie verdaut Länder mit Sporen und Kragen. Vgl. Goethe's Faust 1. Th. (Hempel's Ausg. XII, 92): "Die Kirche hat einen guten Magen, hat ganze Länder aufgefressen, und doch nie sich übergessen."

Die Spanier haben den Spruch: Der Geiz hat einen Mann erschlagen und hat sich in die Kirche gerettet, und wohnt nun drin seit jenen Tagen. (Westermann's Monatshefte, IV, 587.)

31 Die Kirche hat viererlei Waffen: Gottes Wort, Glaube, Gebet und Geduld.

Es fehlt nicht an Schriftstellern, die noch andere Waffen der Kirche kennen wollen, z. B. Llorente, welcher berechnet, dass allein in Spanien von 1481-1808 von der Inquisition über 341000 Personen bestraft, davon 31912 wirklich, 17669 im Bildniss verbrannt und 291456 mit strengen Bussstrafen belegt worden sind; an Schriftstellern, welche von allerhand Folterwerkzeugen reden, die sich vom Glauben und Gebet stark unterscheiden. Auch in neuester Zeit erwähnt Proudhon noch einer besondern Waffe der Kirche, die aber vielleicht nur eine Erscheinungsform der Geduld ist und zwar in seiner Schrift: Die Gerechtigkeit in der Revolution und in der Kirche, übersetzt von L. Pfau (Hamburg 1858), wo es (S. 33) heisst: "Wie das Schilf der Fabel biegt sie und bricht nicht. Vor der politischen Macht duckt sie und dauert; vor der Philosophie duckt sie und dauert; vor der Wissenschaft duckt sie und dauert; vor der Reform duckt sie und dauert." Das "Ducken" zu rechter Zeit scheint die fünfte, vielleicht die wirksamste ihrer Waffen zu sein.

32 Die Kirche hört nie auf Erbe zu sein. - Graf, 543, 43.

Sie, die meist so verächtlich auf die irdischen Güter herabsieht, hat es sehr gern, wenn ihr dieselben zugewandt werden; sie kann deren nicht genug haben, und ihre Diener sind in der Wahl der Mittel, sie zu erwerben, nicht gerade immer sehr peinlich. "Die kirch nimmermehr auffhört eyn erb zu sein." (Lünig, I, 246.)

33 Die Kirche ist auf Blut gegründet, im Blute gewachsen und aufgewachsen und im Blute wird sie endigen.

Lat.: Sanguine fundata est ecclesia, sanguine crevit, sanguine succrevit, sanguine finis erit.

34 Die Kirche ist des Priesters Gattin. - Graf, 536, 21.

Die Weihe, die dem Priester zum Kirchenamte beruft, begründet nach Ansicht der katholischen Kirche eine geistige Ehe zwischen ihm und der Kirche, in welcher er amtirt. Daraus erwächst die Pflicht, am Orte der Kirche zu wohnen, und die rechtliche Unmöglichkeit, mehrere Pfründen zugleich zu besitzen, weil dies eine geistige Doppelehe sein würde. Da die Kirche des Priesters Gattin ist, so kann er nach dieser Logik keine wirkliche Frau haben, er lebte sonst in einer Doppelehe. Die Angelsachsen: Cirice is mid rihte sacerdes aewe. (Schmid, 528.)

35 Die Kirche ist die Mutter des heiligen Reichs. - Graf, 535, 1; Klingen, 10a, 2.

"Da sich das deutsch-römische Reich als die Gemeinschaft der Christenheit in ihren äussern Beziehungen auffasste, verschmähten es manche Kaiser nicht, auf Betrieb der geistlichen Würdenträger die Krone wie ein Lehn aus den Händen des Papstes entgegenzunehmen und die Kirche als Mutter des Reichs anzuerkennen." Der Kirche fehlt es bei aller Demuth, die sie[Spaltenumbruch] predigt, nicht an Selbstbewusstsein; sie hält sich nicht nur für die Mutter des gestorbenen heiligen Reichs, sondern auch für die Quelle der Wissenschaft und Bildung. In der Sitzung der katholischen Vereine Deutschlands (in Frankfurt a. M. am 24. Aug. 1863) sprach sich Professor Hettinger aus Würzburg dahin über die Kirche aus: "Die Kirche hat alle Wandlungen überlebt und wird alle überleben. Keine Religion hat die Stürme der Zeit überlebt, keine die Kritik der Philosophie ausgehalten; die katholische Kirche hat alles überdauert, die zerstörende Zeit und die Kritik der Philosophie. Descartes, Galilei, Newton sind gekommen mit ihren Naturgesetzen; die Kirche scheint mit ihnen neu aufzuleben. Die Kirche wird ewig leben, weil sie den Begriff erfüllt, der in dem Worte Civilisation liegt. Civilisation ist ein lateinisches Wort, und sie finden es bei keinem lateinischen Schriftsteller. Es kam erst von den Mönchen, denn die Mönche waren die Verbreiter der Civilisation. Die Kirche war der Quell aller modernen Wissenschaft; die erste Universität und jetzt noch die grösste, Paris, ging von der Kirche aus. Von der Kirche wurde der Grund zur Repräsentativverfassung gelegt. Schon im 13. Jahrhundert sagte Thomas von Aquino: >Es ist gut, wenn alle an der Regierung theilnehmen.<" (Breslauer Zeitung, 1863, Nr. 457, S. 2386.)

36 Die Kirche ist kein Casino.

Kroat.: Cerkva je, da se Bog moli, a ne da se u njoj zbori.

37 Die Kirche ist kein Frosch, sie hüpft nicht fort.

Damit entschuldigen sich diejenigen, welche es mit dem Kirchenbesuch nicht eilig haben. Die Dänen haben ein ähnliches Wort, um ihr Nichtgehen zu entschuldigen.

Dän.: Kirken er et gammelt huus og fanden en skalk.

38 Die Kirche ist nie so voll, dass für den Pfarrer kein Raum mehr wäre.

Dän.: Kirken er aldrig saa fuld, at jo praesten har rum. (Prov. dan., 344.)

39 Die Kirche ist von Kalk, wer hineingeht, ist ein Schalk. (Niederlausitz.)

40 Die Kirche laichet in Noth auch mit Ketzern. - Eiselein, 376.

"Siehe die Klöster im Bunde mit den reformirten Aristokraten in der Schweiz." (Klosterspiegel, 31, 18.)

41 Die Kirche leiht sich allen und ergibt sich keinem.

Wird in einem Leitartikel der Berliner Volkszeitung (1859, Nr. 170) näher ausgeführt.

42 Die Kirche muss allzeit Oberhand behalten. - Eiselein, 377.

43 Die Kirche muss (mitten) im Dorfe bleiben.

Warnung vor Ueberstürzung.

44 Die Kirche rupft die Lebenden und schiert die Todten. - Altmann VI, 449.

45 Die Kirche segnet nur die, die sie segnen.

Der Pater Ventura sagte in einer seiner Reden schon vor 1848: "Die Kirche ward sonst von den Fürsten unterstützt; jetzt wollen oder können sie nichts mehr thun; wir werden daher die Demagogie taufen." (Neue Oderzeitung, Breslau 1851, Nr. 529.)

46 Die Kirche vergiesst kein Blut. - Blumer, I, 92; Graf, 549, 93.

Zwar scheute die Kirche das Blutvergiessen so sehr, dass sie den Mönchen zu arzneien verbot; aber es fehlte ihr, wie die Inquisitionsgeschichte haarsträubend beweist, nicht an Mitteln, welche das Schröpfen und Aderlassen ersetzen. Hat sie selbst kein Blut vergossen, so hat sie es in Strömen vergiessen lassen, und statt Menschen zu schlachten, sich begnügt, sie zu verbrennen. (Weckherlin, Gr. Ung., X, 24.)

47 Die Kirche wird durch den Heiligen Geist regiert.

Auch die Königin Christine von Schweden, die ihren Thron verliess und in Rom als Privatperson lebte, schrieb an den Bischof Burnet in England: Es könne nicht anders sein, als dass die Kirche durch den Heiligen Geist regiert werde, denn sie habe vier Päpste in Rom erlebt, von denen sie schwören könne, dass kein einziger derselben gesunden Menschenverstand gehabt habe. (Mayer, I, 30.)

48 Die Kirche wird nicht in Anschlag gebracht. - Eisenhart, VIII, 4b; Simrock, 5686; Eiselein, 377.

Wenn der Besitzer eines Dorfs, worin eine Kirche ist, dasselbe verkauft, so entsteht die Frage, ob bei Bestimmung der Kaufsumme die Kirche mit in Anschlag gebracht werden soll, was freilich nach dem katholischen Kirchenrecht nie der Fall ist, weil danach die Kirchen als res sacra kein Gegenstand bürgerlicher Geschäfte sind, aber bei den Protestanten Zweifel erregen kann. Das Sprichwort verneint die Frage ebenfalls, welchen Einschränkungen indess diese Verneinung unterliegt, ist in Eisenhart (a. a. O., 2) nachzusehen.

49 Die Kirche ziert der Altar, den Markt die Waar', den Acker das Getreid', den Degen die Scheid', das Pferd ziert der Zaum, das Kleid der Saum, den Garten die Blum', den Mann ein ehrlicher Ruhm. - Parömiakon, 3238.


[Spaltenumbruch] 20 Die in der Kirche die grössten Kreuze machen, sind nicht allzeit die Frömmsten.

21 Die Kirch ist Christi Burg, Schloss vnd Kammer, da er wohnet.Petri, I, 25.

22 Die Kirch ist an dem orth, da wird des hirten Stimm gehort.Petri, I, 42.

23 Die Kirch steht nimmer arger, als wenn sie ruhe vnd fried hat.Petri, I, 26.

Die sie also bekämpfen, sind ihre wahren Freunde.

24 Die Kirche dürstet kein Blut.Bodemeyer, 581; Graf, 549, 93.

Wenn dem so ist, dann hat sie es nach dem Zeugniss der Geschichte ohne Durst getrunken.

25 Die Kirche geht vor.

Frz.: L'église va devant. (Kritzinger, 262a.)

26 Die Kirche gestattet kein Unrecht.Lünig, I, 246; Graf, 548, 72.

Ihr idealer Zweck ist die Heiligung ihrer Glieder, also der Kampf gegen das Unrecht.

27 Die Kirche hält kein Gericht über das, was heimlich geschieht.Binder II, 714; Schamelius, 30, 9.

Lat.: De occultis non judicat Ecclesia. (Schamelius, 30, 9.)

28 Die Kirche hat alleweg den Vorrang.Eiselein, 376; Simrock, 5685.

Nach Montalembert muss die Kirche Königin sein, wenn sie nicht nichts sein soll.

29 Die Kirche hat einen Straussenmagen, sie kann die härtesten Dinge vertragen.

30 Die Kirche hat 'n guten Magen, sie verdaut Länder mit Sporen und Kragen. Vgl. Goethe's Faust 1. Th. (Hempel's Ausg. XII, 92): „Die Kirche hat einen guten Magen, hat ganze Länder aufgefressen, und doch nie sich übergessen.“

Die Spanier haben den Spruch: Der Geiz hat einen Mann erschlagen und hat sich in die Kirche gerettet, und wohnt nun drin seit jenen Tagen. (Westermann's Monatshefte, IV, 587.)

31 Die Kirche hat viererlei Waffen: Gottes Wort, Glaube, Gebet und Geduld.

Es fehlt nicht an Schriftstellern, die noch andere Waffen der Kirche kennen wollen, z. B. Llorente, welcher berechnet, dass allein in Spanien von 1481-1808 von der Inquisition über 341000 Personen bestraft, davon 31912 wirklich, 17669 im Bildniss verbrannt und 291456 mit strengen Bussstrafen belegt worden sind; an Schriftstellern, welche von allerhand Folterwerkzeugen reden, die sich vom Glauben und Gebet stark unterscheiden. Auch in neuester Zeit erwähnt Proudhon noch einer besondern Waffe der Kirche, die aber vielleicht nur eine Erscheinungsform der Geduld ist und zwar in seiner Schrift: Die Gerechtigkeit in der Revolution und in der Kirche, übersetzt von L. Pfau (Hamburg 1858), wo es (S. 33) heisst: „Wie das Schilf der Fabel biegt sie und bricht nicht. Vor der politischen Macht duckt sie und dauert; vor der Philosophie duckt sie und dauert; vor der Wissenschaft duckt sie und dauert; vor der Reform duckt sie und dauert.“ Das „Ducken“ zu rechter Zeit scheint die fünfte, vielleicht die wirksamste ihrer Waffen zu sein.

32 Die Kirche hört nie auf Erbe zu sein.Graf, 543, 43.

Sie, die meist so verächtlich auf die irdischen Güter herabsieht, hat es sehr gern, wenn ihr dieselben zugewandt werden; sie kann deren nicht genug haben, und ihre Diener sind in der Wahl der Mittel, sie zu erwerben, nicht gerade immer sehr peinlich. „Die kirch nimmermehr auffhört eyn erb zu sein.“ (Lünig, I, 246.)

33 Die Kirche ist auf Blut gegründet, im Blute gewachsen und aufgewachsen und im Blute wird sie endigen.

Lat.: Sanguine fundata est ecclesia, sanguine crevit, sanguine succrevit, sanguine finis erit.

34 Die Kirche ist des Priesters Gattin.Graf, 536, 21.

Die Weihe, die dem Priester zum Kirchenamte beruft, begründet nach Ansicht der katholischen Kirche eine geistige Ehe zwischen ihm und der Kirche, in welcher er amtirt. Daraus erwächst die Pflicht, am Orte der Kirche zu wohnen, und die rechtliche Unmöglichkeit, mehrere Pfründen zugleich zu besitzen, weil dies eine geistige Doppelehe sein würde. Da die Kirche des Priesters Gattin ist, so kann er nach dieser Logik keine wirkliche Frau haben, er lebte sonst in einer Doppelehe. Die Angelsachsen: Cirice is mid rihte sacerdes aewe. (Schmid, 528.)

35 Die Kirche ist die Mutter des heiligen Reichs.Graf, 535, 1; Klingen, 10a, 2.

„Da sich das deutsch-römische Reich als die Gemeinschaft der Christenheit in ihren äussern Beziehungen auffasste, verschmähten es manche Kaiser nicht, auf Betrieb der geistlichen Würdenträger die Krone wie ein Lehn aus den Händen des Papstes entgegenzunehmen und die Kirche als Mutter des Reichs anzuerkennen.“ Der Kirche fehlt es bei aller Demuth, die sie[Spaltenumbruch] predigt, nicht an Selbstbewusstsein; sie hält sich nicht nur für die Mutter des gestorbenen heiligen Reichs, sondern auch für die Quelle der Wissenschaft und Bildung. In der Sitzung der katholischen Vereine Deutschlands (in Frankfurt a. M. am 24. Aug. 1863) sprach sich Professor Hettinger aus Würzburg dahin über die Kirche aus: „Die Kirche hat alle Wandlungen überlebt und wird alle überleben. Keine Religion hat die Stürme der Zeit überlebt, keine die Kritik der Philosophie ausgehalten; die katholische Kirche hat alles überdauert, die zerstörende Zeit und die Kritik der Philosophie. Descartes, Galilei, Newton sind gekommen mit ihren Naturgesetzen; die Kirche scheint mit ihnen neu aufzuleben. Die Kirche wird ewig leben, weil sie den Begriff erfüllt, der in dem Worte Civilisation liegt. Civilisation ist ein lateinisches Wort, und sie finden es bei keinem lateinischen Schriftsteller. Es kam erst von den Mönchen, denn die Mönche waren die Verbreiter der Civilisation. Die Kirche war der Quell aller modernen Wissenschaft; die erste Universität und jetzt noch die grösste, Paris, ging von der Kirche aus. Von der Kirche wurde der Grund zur Repräsentativverfassung gelegt. Schon im 13. Jahrhundert sagte Thomas von Aquino: ›Es ist gut, wenn alle an der Regierung theilnehmen.‹“ (Breslauer Zeitung, 1863, Nr. 457, S. 2386.)

36 Die Kirche ist kein Casino.

Kroat.: Cerkva je, da se Bog moli, a ne da se u njoj zbori.

37 Die Kirche ist kein Frosch, sie hüpft nicht fort.

Damit entschuldigen sich diejenigen, welche es mit dem Kirchenbesuch nicht eilig haben. Die Dänen haben ein ähnliches Wort, um ihr Nichtgehen zu entschuldigen.

Dän.: Kirken er et gammelt huus og fanden en skalk.

38 Die Kirche ist nie so voll, dass für den Pfarrer kein Raum mehr wäre.

Dän.: Kirken er aldrig saa fuld, at jo præsten har rum. (Prov. dan., 344.)

39 Die Kirche ist von Kalk, wer hineingeht, ist ein Schalk. (Niederlausitz.)

40 Die Kirche laichet in Noth auch mit Ketzern.Eiselein, 376.

„Siehe die Klöster im Bunde mit den reformirten Aristokraten in der Schweiz.“ (Klosterspiegel, 31, 18.)

41 Die Kirche leiht sich allen und ergibt sich keinem.

Wird in einem Leitartikel der Berliner Volkszeitung (1859, Nr. 170) näher ausgeführt.

42 Die Kirche muss allzeit Oberhand behalten.Eiselein, 377.

43 Die Kirche muss (mitten) im Dorfe bleiben.

Warnung vor Ueberstürzung.

44 Die Kirche rupft die Lebenden und schiert die Todten.Altmann VI, 449.

45 Die Kirche segnet nur die, die sie segnen.

Der Pater Ventura sagte in einer seiner Reden schon vor 1848: „Die Kirche ward sonst von den Fürsten unterstützt; jetzt wollen oder können sie nichts mehr thun; wir werden daher die Demagogie taufen.“ (Neue Oderzeitung, Breslau 1851, Nr. 529.)

46 Die Kirche vergiesst kein Blut.Blumer, I, 92; Graf, 549, 93.

Zwar scheute die Kirche das Blutvergiessen so sehr, dass sie den Mönchen zu arzneien verbot; aber es fehlte ihr, wie die Inquisitionsgeschichte haarsträubend beweist, nicht an Mitteln, welche das Schröpfen und Aderlassen ersetzen. Hat sie selbst kein Blut vergossen, so hat sie es in Strömen vergiessen lassen, und statt Menschen zu schlachten, sich begnügt, sie zu verbrennen. (Weckherlin, Gr. Ung., X, 24.)

47 Die Kirche wird durch den Heiligen Geist regiert.

Auch die Königin Christine von Schweden, die ihren Thron verliess und in Rom als Privatperson lebte, schrieb an den Bischof Burnet in England: Es könne nicht anders sein, als dass die Kirche durch den Heiligen Geist regiert werde, denn sie habe vier Päpste in Rom erlebt, von denen sie schwören könne, dass kein einziger derselben gesunden Menschenverstand gehabt habe. (Mayer, I, 30.)

48 Die Kirche wird nicht in Anschlag gebracht.Eisenhart, VIII, 4b; Simrock, 5686; Eiselein, 377.

Wenn der Besitzer eines Dorfs, worin eine Kirche ist, dasselbe verkauft, so entsteht die Frage, ob bei Bestimmung der Kaufsumme die Kirche mit in Anschlag gebracht werden soll, was freilich nach dem katholischen Kirchenrecht nie der Fall ist, weil danach die Kirchen als res sacra kein Gegenstand bürgerlicher Geschäfte sind, aber bei den Protestanten Zweifel erregen kann. Das Sprichwort verneint die Frage ebenfalls, welchen Einschränkungen indess diese Verneinung unterliegt, ist in Eisenhart (a. a. O., 2) nachzusehen.

49 Die Kirche ziert der Altar, den Markt die Waar', den Acker das Getreid', den Degen die Scheid', das Pferd ziert der Zaum, das Kleid der Saum, den Garten die Blum', den Mann ein ehrlicher Ruhm.Parömiakon, 3238.


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[[669]/0675] 20 Die in der Kirche die grössten Kreuze machen, sind nicht allzeit die Frömmsten. 21 Die Kirch ist Christi Burg, Schloss vnd Kammer, da er wohnet. – Petri, I, 25. 22 Die Kirch ist an dem orth, da wird des hirten Stimm gehort. – Petri, I, 42. 23 Die Kirch steht nimmer arger, als wenn sie ruhe vnd fried hat. – Petri, I, 26. Die sie also bekämpfen, sind ihre wahren Freunde. 24 Die Kirche dürstet kein Blut. – Bodemeyer, 581; Graf, 549, 93. Wenn dem so ist, dann hat sie es nach dem Zeugniss der Geschichte ohne Durst getrunken. 25 Die Kirche geht vor. Frz.: L'église va devant. (Kritzinger, 262a.) 26 Die Kirche gestattet kein Unrecht. – Lünig, I, 246; Graf, 548, 72. Ihr idealer Zweck ist die Heiligung ihrer Glieder, also der Kampf gegen das Unrecht. 27 Die Kirche hält kein Gericht über das, was heimlich geschieht. – Binder II, 714; Schamelius, 30, 9. Lat.: De occultis non judicat Ecclesia. (Schamelius, 30, 9.) 28 Die Kirche hat alleweg den Vorrang. – Eiselein, 376; Simrock, 5685. Nach Montalembert muss die Kirche Königin sein, wenn sie nicht nichts sein soll. 29 Die Kirche hat einen Straussenmagen, sie kann die härtesten Dinge vertragen. 30 Die Kirche hat 'n guten Magen, sie verdaut Länder mit Sporen und Kragen. Vgl. Goethe's Faust 1. Th. (Hempel's Ausg. XII, 92): „Die Kirche hat einen guten Magen, hat ganze Länder aufgefressen, und doch nie sich übergessen.“ Die Spanier haben den Spruch: Der Geiz hat einen Mann erschlagen und hat sich in die Kirche gerettet, und wohnt nun drin seit jenen Tagen. (Westermann's Monatshefte, IV, 587.) 31 Die Kirche hat viererlei Waffen: Gottes Wort, Glaube, Gebet und Geduld. Es fehlt nicht an Schriftstellern, die noch andere Waffen der Kirche kennen wollen, z. B. Llorente, welcher berechnet, dass allein in Spanien von 1481-1808 von der Inquisition über 341000 Personen bestraft, davon 31912 wirklich, 17669 im Bildniss verbrannt und 291456 mit strengen Bussstrafen belegt worden sind; an Schriftstellern, welche von allerhand Folterwerkzeugen reden, die sich vom Glauben und Gebet stark unterscheiden. Auch in neuester Zeit erwähnt Proudhon noch einer besondern Waffe der Kirche, die aber vielleicht nur eine Erscheinungsform der Geduld ist und zwar in seiner Schrift: Die Gerechtigkeit in der Revolution und in der Kirche, übersetzt von L. Pfau (Hamburg 1858), wo es (S. 33) heisst: „Wie das Schilf der Fabel biegt sie und bricht nicht. Vor der politischen Macht duckt sie und dauert; vor der Philosophie duckt sie und dauert; vor der Wissenschaft duckt sie und dauert; vor der Reform duckt sie und dauert.“ Das „Ducken“ zu rechter Zeit scheint die fünfte, vielleicht die wirksamste ihrer Waffen zu sein. 32 Die Kirche hört nie auf Erbe zu sein. – Graf, 543, 43. Sie, die meist so verächtlich auf die irdischen Güter herabsieht, hat es sehr gern, wenn ihr dieselben zugewandt werden; sie kann deren nicht genug haben, und ihre Diener sind in der Wahl der Mittel, sie zu erwerben, nicht gerade immer sehr peinlich. „Die kirch nimmermehr auffhört eyn erb zu sein.“ (Lünig, I, 246.) 33 Die Kirche ist auf Blut gegründet, im Blute gewachsen und aufgewachsen und im Blute wird sie endigen. Lat.: Sanguine fundata est ecclesia, sanguine crevit, sanguine succrevit, sanguine finis erit. 34 Die Kirche ist des Priesters Gattin. – Graf, 536, 21. Die Weihe, die dem Priester zum Kirchenamte beruft, begründet nach Ansicht der katholischen Kirche eine geistige Ehe zwischen ihm und der Kirche, in welcher er amtirt. Daraus erwächst die Pflicht, am Orte der Kirche zu wohnen, und die rechtliche Unmöglichkeit, mehrere Pfründen zugleich zu besitzen, weil dies eine geistige Doppelehe sein würde. Da die Kirche des Priesters Gattin ist, so kann er nach dieser Logik keine wirkliche Frau haben, er lebte sonst in einer Doppelehe. Die Angelsachsen: Cirice is mid rihte sacerdes aewe. (Schmid, 528.) 35 Die Kirche ist die Mutter des heiligen Reichs. – Graf, 535, 1; Klingen, 10a, 2. „Da sich das deutsch-römische Reich als die Gemeinschaft der Christenheit in ihren äussern Beziehungen auffasste, verschmähten es manche Kaiser nicht, auf Betrieb der geistlichen Würdenträger die Krone wie ein Lehn aus den Händen des Papstes entgegenzunehmen und die Kirche als Mutter des Reichs anzuerkennen.“ Der Kirche fehlt es bei aller Demuth, die sie predigt, nicht an Selbstbewusstsein; sie hält sich nicht nur für die Mutter des gestorbenen heiligen Reichs, sondern auch für die Quelle der Wissenschaft und Bildung. In der Sitzung der katholischen Vereine Deutschlands (in Frankfurt a. M. am 24. Aug. 1863) sprach sich Professor Hettinger aus Würzburg dahin über die Kirche aus: „Die Kirche hat alle Wandlungen überlebt und wird alle überleben. Keine Religion hat die Stürme der Zeit überlebt, keine die Kritik der Philosophie ausgehalten; die katholische Kirche hat alles überdauert, die zerstörende Zeit und die Kritik der Philosophie. Descartes, Galilei, Newton sind gekommen mit ihren Naturgesetzen; die Kirche scheint mit ihnen neu aufzuleben. Die Kirche wird ewig leben, weil sie den Begriff erfüllt, der in dem Worte Civilisation liegt. Civilisation ist ein lateinisches Wort, und sie finden es bei keinem lateinischen Schriftsteller. Es kam erst von den Mönchen, denn die Mönche waren die Verbreiter der Civilisation. Die Kirche war der Quell aller modernen Wissenschaft; die erste Universität und jetzt noch die grösste, Paris, ging von der Kirche aus. Von der Kirche wurde der Grund zur Repräsentativverfassung gelegt. Schon im 13. Jahrhundert sagte Thomas von Aquino: ›Es ist gut, wenn alle an der Regierung theilnehmen.‹“ (Breslauer Zeitung, 1863, Nr. 457, S. 2386.) 36 Die Kirche ist kein Casino. Kroat.: Cerkva je, da se Bog moli, a ne da se u njoj zbori. 37 Die Kirche ist kein Frosch, sie hüpft nicht fort. Damit entschuldigen sich diejenigen, welche es mit dem Kirchenbesuch nicht eilig haben. Die Dänen haben ein ähnliches Wort, um ihr Nichtgehen zu entschuldigen. Dän.: Kirken er et gammelt huus og fanden en skalk. 38 Die Kirche ist nie so voll, dass für den Pfarrer kein Raum mehr wäre. Dän.: Kirken er aldrig saa fuld, at jo præsten har rum. (Prov. dan., 344.) 39 Die Kirche ist von Kalk, wer hineingeht, ist ein Schalk. (Niederlausitz.) 40 Die Kirche laichet in Noth auch mit Ketzern. – Eiselein, 376. „Siehe die Klöster im Bunde mit den reformirten Aristokraten in der Schweiz.“ (Klosterspiegel, 31, 18.) 41 Die Kirche leiht sich allen und ergibt sich keinem. Wird in einem Leitartikel der Berliner Volkszeitung (1859, Nr. 170) näher ausgeführt. 42 Die Kirche muss allzeit Oberhand behalten. – Eiselein, 377. 43 Die Kirche muss (mitten) im Dorfe bleiben. Warnung vor Ueberstürzung. 44 Die Kirche rupft die Lebenden und schiert die Todten. – Altmann VI, 449. 45 Die Kirche segnet nur die, die sie segnen. Der Pater Ventura sagte in einer seiner Reden schon vor 1848: „Die Kirche ward sonst von den Fürsten unterstützt; jetzt wollen oder können sie nichts mehr thun; wir werden daher die Demagogie taufen.“ (Neue Oderzeitung, Breslau 1851, Nr. 529.) 46 Die Kirche vergiesst kein Blut. – Blumer, I, 92; Graf, 549, 93. Zwar scheute die Kirche das Blutvergiessen so sehr, dass sie den Mönchen zu arzneien verbot; aber es fehlte ihr, wie die Inquisitionsgeschichte haarsträubend beweist, nicht an Mitteln, welche das Schröpfen und Aderlassen ersetzen. Hat sie selbst kein Blut vergossen, so hat sie es in Strömen vergiessen lassen, und statt Menschen zu schlachten, sich begnügt, sie zu verbrennen. (Weckherlin, Gr. Ung., X, 24.) 47 Die Kirche wird durch den Heiligen Geist regiert. Auch die Königin Christine von Schweden, die ihren Thron verliess und in Rom als Privatperson lebte, schrieb an den Bischof Burnet in England: Es könne nicht anders sein, als dass die Kirche durch den Heiligen Geist regiert werde, denn sie habe vier Päpste in Rom erlebt, von denen sie schwören könne, dass kein einziger derselben gesunden Menschenverstand gehabt habe. (Mayer, I, 30.) 48 Die Kirche wird nicht in Anschlag gebracht. – Eisenhart, VIII, 4b; Simrock, 5686; Eiselein, 377. Wenn der Besitzer eines Dorfs, worin eine Kirche ist, dasselbe verkauft, so entsteht die Frage, ob bei Bestimmung der Kaufsumme die Kirche mit in Anschlag gebracht werden soll, was freilich nach dem katholischen Kirchenrecht nie der Fall ist, weil danach die Kirchen als res sacra kein Gegenstand bürgerlicher Geschäfte sind, aber bei den Protestanten Zweifel erregen kann. Das Sprichwort verneint die Frage ebenfalls, welchen Einschränkungen indess diese Verneinung unterliegt, ist in Eisenhart (a. a. O., 2) nachzusehen. 49 Die Kirche ziert der Altar, den Markt die Waar', den Acker das Getreid', den Degen die Scheid', das Pferd ziert der Zaum, das Kleid der Saum, den Garten die Blum', den Mann ein ehrlicher Ruhm. – Parömiakon, 3238.

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Zitationshilfe: Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 2. Leipzig, 1870, S. [669]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon02_1870/675>, abgerufen am 27.04.2024.