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Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 3. Leipzig, 1873.

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[Spaltenumbruch] 5 Fünf Personen erkennt man nur in fünf Lagen: den Tapfern im Kampfe, den Grossen im Zorn, den Kaufmann in der Speculation, den Tugendhaften im Unglück, den Freund in der Noth.

6 Hohe Personen müssen hohe Thüren haben. - Herberger, I, 92.

7 Ist die Person nicht gut, so kann nicht gut sein, was sie thut. - Petri, II, 118.

8 Kleine Person, kleine Rüstung.

Lat.: Pygmaeus parvis currit bellator in armis. (Seybold, 465.)

9 Man muss die Person nicht nach den Wercken, sondern die Werck nach der Person achten. - Petri, II, 461.

10 Nachdem die Person ist, gebührt ihr auch die Quaste. - Mathesy, 138a.

11 Person, ort vnd zeit gibt dem handel zeugnuss. - Mathesius, Historia Jesu, LXXIa.

12 Person, noth vnd zeit macht gesätz eng vnd weit. - Henisch, 1560, 28; Petri, II, 505; Mathesy, CXIb.

13 Personen, so sich heimlich lieben, werffen einander mit steinlein. - Lehmann, II, 349, 6.

14 Personen sterben, aber die Aemter bleiben.

Dän.: Personen döer, bestillingen bliver. (Prov. dan., 454.)

15 So viel Personen, so viel Erbtheile. (S. Mund 3 u. 152.) - Graf, 215, 214.

Mhd.: Als mannich person als mannichen teyl der erbstücke. (Michelsen, 26, 2.)

16 Stattliche Person und grosse Gaben selten was guts aussgerichtet haben. - Petri, II, 540.

17 Von wegen wenig frommer personen thut Gott viel gottlose verschonen.

Lat.: Pro paucis iustis, parcetur multis iniquis. (Loci comm., 99.)

18 Wer die Person nicht kennt, der kennt auch die Sache nicht.

Holl.: In den persoon gemist, is geheel gefaald. (Harrebomee, II, 179b.)

19 Wer mit hohen Personen handelt, der muss die Porsten sincken lassen vnnd nicht genawsuchtig sein. - Lehmann, 275, 20.

20 Zwölf Personen verderben die Welt: ein Weiser ohne Werke, ein Alter ohne Glauben, ein Junger ohne Gehorsam, ein Reicher ohne Almosen, ein Armer so hoffärtig, eine Frau ohne Scham, ein Herr ohne Tugend, ein zänkischer Christ, ein nachlässiger Geistlicher, ein ungerechter König, der Pöbel ohne Zucht und das Volk ohne Gesetz.

*21 Es ist wol ein schön Person, davon man aber nicht kan essen. - Ayrer, I, 332, 29.


Perspectiv.

* Er kick (guckt) auf'm Perespective. (Jüd.-deutsch. Brody.)

D. h. er speculirt.


Perwusche.

* He öss ut Perwusche, wo de Hund op Schlorre gahne. - Frischbier2, 2892.

Perwusen, ein Dorf an der Strasse zwischen Preussisch-Eylau und Bartenstein. Dieselbe Redensart wendet man auch auf das Dorf Pawesten (gumbinner Kreis, Kirchspiel Niedbusten) an, aber noch mit dem Zusatz: wo die Hunde mit dem A. bellen. (S. Buxtehude und Nipperwiese.)


Perzel.

* Er hat den Perzel1. - Frischbier2, 2893.

1) Pürzel, Bürzel. - Von einem der im Hause viel unnütz hin- und herläuft, oder auch am Durchfall leidet.


Peserick.

* Er hat einen guten Peserick. - Frischbier2, 2894.

Peserick, auch Beserick, die Ruthe des Bullen, die man im ausgetrockneten Zustande zum Zuschlagen benutzt, daher Peserik auch in der Bedeutung von Prügel gebraucht wird.


Pespern.

*1 Pespern (flüstern) wä de Halwelegner iwer de Keakel. (Siebenbürg.-sächs.) - Frommann, V, 177, 200.

Scherzhaft für sehr laut sprechen, wie man es muss, wenn man mit jemand über ein Wasser redet. Hallwelegen und Schaas sind Dörfer und die grosse Kockel (Koakel) ein Fluss im Kreise Hermannstadt.

[Spaltenumbruch] *2 Pespern wä de Schaser iwer de Boag. (Siebenbürg.-sächs.) - Frommann, V, 177, 200.


Pessulant.

* Es ist ein Pessulant.

So hiessen im 16. Jahrhundert bei den gelehrten Soldaten alle, welche einen Zauber bei sich trugen, um unverwundbar zu sein; und wer die Kunst verstand, solchen Zauber zu lösen, war ein Solvant. "Es ist möglich," sagt G. Freytag (Bilder aus der deutschen Vergangenheit, Leipzig 1861, II, 79 - 83), "dass der Ausdruck Pessulant in >Passauer Kunst< verwandelt worden ist."


Pest.

1 Bei Pest und in Kriegszeit gibt's die meiste Neuigkeit.

2 Die Pest baut da ihr Nest, wo man sie ruhig brüten lässt.

Also vorzüglich da, wo der Glaube herrscht, dass sie nur die ergreifen könne, denen der Tod durch sie bestimmt sei; da, wo jeder nur an sich denkt und allgemeine Schutzmassregeln gegen sie nicht getroffen werden. Ein Sprichwort, das sich in allen Ländern des nördlichen Afrika verbreitet findet, charakterisirt die Araber als vollendete Egoisten, die zuletzt nur an sich denken. Der herrschende Fatalismus ist ihrem Egoismus zu Hülfe gekommen. Alle Anstrengungen gegen das Uebel sind ihnen Auflehnungen gegen Gott, sogar ein zu lebhaftes Mitleiden mit den vom Unglück Betroffenen. Ein Sprichwort, das ein naives und vollständiges Bekenntniss der Ansicht ist, welche nicht gegen das Uebel ankämpft, sondern ihm alles preisgibt, wenn nur der eigene Kopf verschont bleibt, lautet: "Die Pest ist ins Land gekommen, o mein Gott mache, dass sie meinen Stamm verschone! Die Pest ist in deinen Stamm gekommen, o mein Gott mache, dass sie meinen Duar verschone! Die Pest ist in deinen Duar gekommen, o mein Gott mache, dass sie mein Zelt verschone! Die Pest ist in deinem Zelte, o mein Gott mache, dass sie meinen Kopf verschone."

3 Die Pest erfasst die am ersten, welche sich vor ihr fürchten.

Die Russen: Wer die Pest fürchtet, ist vor ihr nicht sicher. (Altmann VI, 393.)

4 Die Pest fürchtet sich vor der Apotheke nicht.

5 Die Pest stösst am eh'sten an, die eine gute Diät han.

D. h. hier nicht etwa mässig leben, sondern in Gegentheil einen guten Tisch, eine fette Küche führen.

6 Die Pest stosst die am ersten an, die sich thun weit von dan. - Gruter, III, 22; Lehmann, II, 85, 170.

7 Die Pest währte sieben Jahr, aber niemand starb vor seiner Zeit. - Tendlau, 947.

Fatalistische Anschauung.

8 Drey zeiten jagen pestem aus: bald weit, spat in und aus dem Hauss, bald mach dich weg, weit zeuch davon und letzlich langsam wider kom. - Coler, 1072a.

Wol ein so sicheres Schutzmittel gegen die Pest, wie das Impfen gegen die Pocken. Die Russen: Wer im Pesthause nichts zu schaffen hat, der halte sich ihm fern. Ferner: Zur Pestzeit gelten die Pocken für keine Krankheit. (Altmann VI, 476 u. 492.)

9 Gegen die Pest hilft am sichersten ein neu Paar Schuhe, gebraucht, bis sie brechen.

"Die Pest belangend, lehrt ein genfischer Apostel in zween Quästionen, es sey nichts bessers dafür, dann ein gut new par Schuh vnd dieselben von dannen gebraucht biss sie brechen." (Fischart, Gesch., in Kloster, VIII, 376.) Das preussische Sanitätscollegium wollte sie, ungefähr wie die jetzigen Medicinalcollegien die Blattern durch Kuhpockengift, mit Arzneien bezwingen und trug im Jahre 1709 beim Könige darauf an, dass für die, welche ihr Gebräu und Gemisch verschmähten, Galgen erbaut werden möchten, um sie im Sarge daranzuhängen. (Hausblätter, Stuttgart 1867, Hft. 5, S. 367.)

10 In der Pest ist das Beste: Lauf bald weit und komm langsam wieder.

Der Standpunkt, sich gar nicht mit ihr zu befassen, sie also gewähren zu lassen, weder die Ursachen ihrer Entstehung, noch Bekämpfungsmittel zu erforschen. Von dieser Auffassung geleitet, sagten die Karthager (Punier) mit Bezug auf das Verhalten zu streitsüchtigen Menschen, von denen man den Frieden um jeden Preis kaufen müsse, sprichwörtlich: Die Pest ist vor der Thür und sucht einen Nummus, gib ihrer zwei, so zieht sie ab.

Frz.: Remede en peste sur tout art, c'est fui tot, loin et revient tard. (Kritzinger, 528a.)

11 Mancher will die Pest heilen und stirbt selbst am Aussatz. - Sprichwörtergarten, 358.

Die andere arzneien wollen, ohne sich selbst helfen zu können.

[Spaltenumbruch] 5 Fünf Personen erkennt man nur in fünf Lagen: den Tapfern im Kampfe, den Grossen im Zorn, den Kaufmann in der Speculation, den Tugendhaften im Unglück, den Freund in der Noth.

6 Hohe Personen müssen hohe Thüren haben.Herberger, I, 92.

7 Ist die Person nicht gut, so kann nicht gut sein, was sie thut.Petri, II, 118.

8 Kleine Person, kleine Rüstung.

Lat.: Pygmaeus parvis currit bellator in armis. (Seybold, 465.)

9 Man muss die Person nicht nach den Wercken, sondern die Werck nach der Person achten.Petri, II, 461.

10 Nachdem die Person ist, gebührt ihr auch die Quaste.Mathesy, 138a.

11 Person, ort vnd zeit gibt dem handel zeugnuss.Mathesius, Historia Jesu, LXXIa.

12 Person, noth vnd zeit macht gesätz eng vnd weit.Henisch, 1560, 28; Petri, II, 505; Mathesy, CXIb.

13 Personen, so sich heimlich lieben, werffen einander mit steinlein.Lehmann, II, 349, 6.

14 Personen sterben, aber die Aemter bleiben.

Dän.: Personen døer, bestillingen bliver. (Prov. dan., 454.)

15 So viel Personen, so viel Erbtheile. (S. Mund 3 u. 152.) – Graf, 215, 214.

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16 Stattliche Person und grosse Gaben selten was guts aussgerichtet haben.Petri, II, 540.

17 Von wegen wenig frommer personen thut Gott viel gottlose verschonen.

Lat.: Pro paucis iustis, parcetur multis iniquis. (Loci comm., 99.)

18 Wer die Person nicht kennt, der kennt auch die Sache nicht.

Holl.: In den persoon gemist, is geheel gefaald. (Harrebomée, II, 179b.)

19 Wer mit hohen Personen handelt, der muss die Porsten sincken lassen vnnd nicht genawsuchtig sein.Lehmann, 275, 20.

20 Zwölf Personen verderben die Welt: ein Weiser ohne Werke, ein Alter ohne Glauben, ein Junger ohne Gehorsam, ein Reicher ohne Almosen, ein Armer so hoffärtig, eine Frau ohne Scham, ein Herr ohne Tugend, ein zänkischer Christ, ein nachlässiger Geistlicher, ein ungerechter König, der Pöbel ohne Zucht und das Volk ohne Gesetz.

*21 Es ist wol ein schön Person, davon man aber nicht kan essen.Ayrer, I, 332, 29.


Perspectiv.

* Er kick (guckt) auf'm Perespective. (Jüd.-deutsch. Brody.)

D. h. er speculirt.


Perwusche.

* He öss ut Perwusche, wo de Hund op Schlorre gahne.Frischbier2, 2892.

Perwusen, ein Dorf an der Strasse zwischen Preussisch-Eylau und Bartenstein. Dieselbe Redensart wendet man auch auf das Dorf Pawesten (gumbinner Kreis, Kirchspiel Niedbusten) an, aber noch mit dem Zusatz: wo die Hunde mit dem A. bellen. (S. Buxtehude und Nipperwiese.)


Perzel.

* Er hat den Perzel1.Frischbier2, 2893.

1) Pürzel, Bürzel. – Von einem der im Hause viel unnütz hin- und herläuft, oder auch am Durchfall leidet.


Peserick.

* Er hat einen guten Peserick.Frischbier2, 2894.

Peserick, auch Beserick, die Ruthe des Bullen, die man im ausgetrockneten Zustande zum Zuschlagen benutzt, daher Peserik auch in der Bedeutung von Prügel gebraucht wird.


Pespern.

*1 Pespern (flüstern) wä de Halwelêgner iwer de Keakel. (Siebenbürg.-sächs.) – Frommann, V, 177, 200.

Scherzhaft für sehr laut sprechen, wie man es muss, wenn man mit jemand über ein Wasser redet. Hallwelegen und Schaas sind Dörfer und die grosse Kockel (Koakel) ein Fluss im Kreise Hermannstadt.

[Spaltenumbruch] *2 Pespern wä de Schâser iwer de Boag. (Siebenbürg.-sächs.) – Frommann, V, 177, 200.


Pessulant.

* Es ist ein Pessulant.

So hiessen im 16. Jahrhundert bei den gelehrten Soldaten alle, welche einen Zauber bei sich trugen, um unverwundbar zu sein; und wer die Kunst verstand, solchen Zauber zu lösen, war ein Solvant. „Es ist möglich,“ sagt G. Freytag (Bilder aus der deutschen Vergangenheit, Leipzig 1861, II, 79 – 83), „dass der Ausdruck Pessulant in ›Passauer Kunst‹ verwandelt worden ist.“


Pest.

1 Bei Pest und in Kriegszeit gibt's die meiste Neuigkeit.

2 Die Pest baut da ihr Nest, wo man sie ruhig brüten lässt.

Also vorzüglich da, wo der Glaube herrscht, dass sie nur die ergreifen könne, denen der Tod durch sie bestimmt sei; da, wo jeder nur an sich denkt und allgemeine Schutzmassregeln gegen sie nicht getroffen werden. Ein Sprichwort, das sich in allen Ländern des nördlichen Afrika verbreitet findet, charakterisirt die Araber als vollendete Egoisten, die zuletzt nur an sich denken. Der herrschende Fatalismus ist ihrem Egoismus zu Hülfe gekommen. Alle Anstrengungen gegen das Uebel sind ihnen Auflehnungen gegen Gott, sogar ein zu lebhaftes Mitleiden mit den vom Unglück Betroffenen. Ein Sprichwort, das ein naives und vollständiges Bekenntniss der Ansicht ist, welche nicht gegen das Uebel ankämpft, sondern ihm alles preisgibt, wenn nur der eigene Kopf verschont bleibt, lautet: „Die Pest ist ins Land gekommen, o mein Gott mache, dass sie meinen Stamm verschone! Die Pest ist in deinen Stamm gekommen, o mein Gott mache, dass sie meinen Duar verschone! Die Pest ist in deinen Duar gekommen, o mein Gott mache, dass sie mein Zelt verschone! Die Pest ist in deinem Zelte, o mein Gott mache, dass sie meinen Kopf verschone.“

3 Die Pest erfasst die am ersten, welche sich vor ihr fürchten.

Die Russen: Wer die Pest fürchtet, ist vor ihr nicht sicher. (Altmann VI, 393.)

4 Die Pest fürchtet sich vor der Apotheke nicht.

5 Die Pest stösst am eh'sten an, die eine gute Diät han.

D. h. hier nicht etwa mässig leben, sondern in Gegentheil einen guten Tisch, eine fette Küche führen.

6 Die Pest stosst die am ersten an, die sich thun weit von dan.Gruter, III, 22; Lehmann, II, 85, 170.

7 Die Pest währte sieben Jahr, aber niemand starb vor seiner Zeit.Tendlau, 947.

Fatalistische Anschauung.

8 Drey zeiten jagen pestem aus: bald weit, spat in und aus dem Hauss, bald mach dich weg, weit zeuch davon und letzlich langsam wider kom.Coler, 1072a.

Wol ein so sicheres Schutzmittel gegen die Pest, wie das Impfen gegen die Pocken. Die Russen: Wer im Pesthause nichts zu schaffen hat, der halte sich ihm fern. Ferner: Zur Pestzeit gelten die Pocken für keine Krankheit. (Altmann VI, 476 u. 492.)

9 Gegen die Pest hilft am sichersten ein neu Paar Schuhe, gebraucht, bis sie brechen.

„Die Pest belangend, lehrt ein genfischer Apostel in zween Quästionen, es sey nichts bessers dafür, dann ein gut new par Schuh vnd dieselben von dannen gebraucht biss sie brechen.“ (Fischart, Gesch., in Kloster, VIII, 376.) Das preussische Sanitätscollegium wollte sie, ungefähr wie die jetzigen Medicinalcollegien die Blattern durch Kuhpockengift, mit Arzneien bezwingen und trug im Jahre 1709 beim Könige darauf an, dass für die, welche ihr Gebräu und Gemisch verschmähten, Galgen erbaut werden möchten, um sie im Sarge daranzuhängen. (Hausblätter, Stuttgart 1867, Hft. 5, S. 367.)

10 In der Pest ist das Beste: Lauf bald weit und komm langsam wieder.

Der Standpunkt, sich gar nicht mit ihr zu befassen, sie also gewähren zu lassen, weder die Ursachen ihrer Entstehung, noch Bekämpfungsmittel zu erforschen. Von dieser Auffassung geleitet, sagten die Karthager (Punier) mit Bezug auf das Verhalten zu streitsüchtigen Menschen, von denen man den Frieden um jeden Preis kaufen müsse, sprichwörtlich: Die Pest ist vor der Thür und sucht einen Nummus, gib ihrer zwei, so zieht sie ab.

Frz.: Remede en peste sur tout art, c'est fui tôt, loin et revient tard. (Kritzinger, 528a.)

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[[607]/0621] 5 Fünf Personen erkennt man nur in fünf Lagen: den Tapfern im Kampfe, den Grossen im Zorn, den Kaufmann in der Speculation, den Tugendhaften im Unglück, den Freund in der Noth. 6 Hohe Personen müssen hohe Thüren haben. – Herberger, I, 92. 7 Ist die Person nicht gut, so kann nicht gut sein, was sie thut. – Petri, II, 118. 8 Kleine Person, kleine Rüstung. Lat.: Pygmaeus parvis currit bellator in armis. (Seybold, 465.) 9 Man muss die Person nicht nach den Wercken, sondern die Werck nach der Person achten. – Petri, II, 461. 10 Nachdem die Person ist, gebührt ihr auch die Quaste. – Mathesy, 138a. 11 Person, ort vnd zeit gibt dem handel zeugnuss. – Mathesius, Historia Jesu, LXXIa. 12 Person, noth vnd zeit macht gesätz eng vnd weit. – Henisch, 1560, 28; Petri, II, 505; Mathesy, CXIb. 13 Personen, so sich heimlich lieben, werffen einander mit steinlein. – Lehmann, II, 349, 6. 14 Personen sterben, aber die Aemter bleiben. Dän.: Personen døer, bestillingen bliver. (Prov. dan., 454.) 15 So viel Personen, so viel Erbtheile. (S. Mund 3 u. 152.) – Graf, 215, 214. Mhd.: Als mannich person als mannichen teyl der erbstücke. (Michelsen, 26, 2.) 16 Stattliche Person und grosse Gaben selten was guts aussgerichtet haben. – Petri, II, 540. 17 Von wegen wenig frommer personen thut Gott viel gottlose verschonen. Lat.: Pro paucis iustis, parcetur multis iniquis. (Loci comm., 99.) 18 Wer die Person nicht kennt, der kennt auch die Sache nicht. Holl.: In den persoon gemist, is geheel gefaald. (Harrebomée, II, 179b.) 19 Wer mit hohen Personen handelt, der muss die Porsten sincken lassen vnnd nicht genawsuchtig sein. – Lehmann, 275, 20. 20 Zwölf Personen verderben die Welt: ein Weiser ohne Werke, ein Alter ohne Glauben, ein Junger ohne Gehorsam, ein Reicher ohne Almosen, ein Armer so hoffärtig, eine Frau ohne Scham, ein Herr ohne Tugend, ein zänkischer Christ, ein nachlässiger Geistlicher, ein ungerechter König, der Pöbel ohne Zucht und das Volk ohne Gesetz. *21 Es ist wol ein schön Person, davon man aber nicht kan essen. – Ayrer, I, 332, 29. Perspectiv. * Er kick (guckt) auf'm Perespective. (Jüd.-deutsch. Brody.) D. h. er speculirt. Perwusche. * He öss ut Perwusche, wo de Hund op Schlorre gahne. – Frischbier2, 2892. Perwusen, ein Dorf an der Strasse zwischen Preussisch-Eylau und Bartenstein. Dieselbe Redensart wendet man auch auf das Dorf Pawesten (gumbinner Kreis, Kirchspiel Niedbusten) an, aber noch mit dem Zusatz: wo die Hunde mit dem A. bellen. (S. Buxtehude und Nipperwiese.) Perzel. * Er hat den Perzel1. – Frischbier2, 2893. 1) Pürzel, Bürzel. – Von einem der im Hause viel unnütz hin- und herläuft, oder auch am Durchfall leidet. Peserick. * Er hat einen guten Peserick. – Frischbier2, 2894. Peserick, auch Beserick, die Ruthe des Bullen, die man im ausgetrockneten Zustande zum Zuschlagen benutzt, daher Peserik auch in der Bedeutung von Prügel gebraucht wird. Pespern. *1 Pespern (flüstern) wä de Halwelêgner iwer de Keakel. (Siebenbürg.-sächs.) – Frommann, V, 177, 200. Scherzhaft für sehr laut sprechen, wie man es muss, wenn man mit jemand über ein Wasser redet. Hallwelegen und Schaas sind Dörfer und die grosse Kockel (Koakel) ein Fluss im Kreise Hermannstadt. *2 Pespern wä de Schâser iwer de Boag. (Siebenbürg.-sächs.) – Frommann, V, 177, 200. Pessulant. * Es ist ein Pessulant. So hiessen im 16. Jahrhundert bei den gelehrten Soldaten alle, welche einen Zauber bei sich trugen, um unverwundbar zu sein; und wer die Kunst verstand, solchen Zauber zu lösen, war ein Solvant. „Es ist möglich,“ sagt G. Freytag (Bilder aus der deutschen Vergangenheit, Leipzig 1861, II, 79 – 83), „dass der Ausdruck Pessulant in ›Passauer Kunst‹ verwandelt worden ist.“ Pest. 1 Bei Pest und in Kriegszeit gibt's die meiste Neuigkeit. 2 Die Pest baut da ihr Nest, wo man sie ruhig brüten lässt. Also vorzüglich da, wo der Glaube herrscht, dass sie nur die ergreifen könne, denen der Tod durch sie bestimmt sei; da, wo jeder nur an sich denkt und allgemeine Schutzmassregeln gegen sie nicht getroffen werden. Ein Sprichwort, das sich in allen Ländern des nördlichen Afrika verbreitet findet, charakterisirt die Araber als vollendete Egoisten, die zuletzt nur an sich denken. Der herrschende Fatalismus ist ihrem Egoismus zu Hülfe gekommen. Alle Anstrengungen gegen das Uebel sind ihnen Auflehnungen gegen Gott, sogar ein zu lebhaftes Mitleiden mit den vom Unglück Betroffenen. Ein Sprichwort, das ein naives und vollständiges Bekenntniss der Ansicht ist, welche nicht gegen das Uebel ankämpft, sondern ihm alles preisgibt, wenn nur der eigene Kopf verschont bleibt, lautet: „Die Pest ist ins Land gekommen, o mein Gott mache, dass sie meinen Stamm verschone! Die Pest ist in deinen Stamm gekommen, o mein Gott mache, dass sie meinen Duar verschone! Die Pest ist in deinen Duar gekommen, o mein Gott mache, dass sie mein Zelt verschone! Die Pest ist in deinem Zelte, o mein Gott mache, dass sie meinen Kopf verschone.“ 3 Die Pest erfasst die am ersten, welche sich vor ihr fürchten. Die Russen: Wer die Pest fürchtet, ist vor ihr nicht sicher. (Altmann VI, 393.) 4 Die Pest fürchtet sich vor der Apotheke nicht. 5 Die Pest stösst am eh'sten an, die eine gute Diät han. D. h. hier nicht etwa mässig leben, sondern in Gegentheil einen guten Tisch, eine fette Küche führen. 6 Die Pest stosst die am ersten an, die sich thun weit von dan. – Gruter, III, 22; Lehmann, II, 85, 170. 7 Die Pest währte sieben Jahr, aber niemand starb vor seiner Zeit. – Tendlau, 947. Fatalistische Anschauung. 8 Drey zeiten jagen pestem aus: bald weit, spat in und aus dem Hauss, bald mach dich weg, weit zeuch davon und letzlich langsam wider kom. – Coler, 1072a. Wol ein so sicheres Schutzmittel gegen die Pest, wie das Impfen gegen die Pocken. Die Russen: Wer im Pesthause nichts zu schaffen hat, der halte sich ihm fern. Ferner: Zur Pestzeit gelten die Pocken für keine Krankheit. (Altmann VI, 476 u. 492.) 9 Gegen die Pest hilft am sichersten ein neu Paar Schuhe, gebraucht, bis sie brechen. „Die Pest belangend, lehrt ein genfischer Apostel in zween Quästionen, es sey nichts bessers dafür, dann ein gut new par Schuh vnd dieselben von dannen gebraucht biss sie brechen.“ (Fischart, Gesch., in Kloster, VIII, 376.) Das preussische Sanitätscollegium wollte sie, ungefähr wie die jetzigen Medicinalcollegien die Blattern durch Kuhpockengift, mit Arzneien bezwingen und trug im Jahre 1709 beim Könige darauf an, dass für die, welche ihr Gebräu und Gemisch verschmähten, Galgen erbaut werden möchten, um sie im Sarge daranzuhängen. (Hausblätter, Stuttgart 1867, Hft. 5, S. 367.) 10 In der Pest ist das Beste: Lauf bald weit und komm langsam wieder. Der Standpunkt, sich gar nicht mit ihr zu befassen, sie also gewähren zu lassen, weder die Ursachen ihrer Entstehung, noch Bekämpfungsmittel zu erforschen. Von dieser Auffassung geleitet, sagten die Karthager (Punier) mit Bezug auf das Verhalten zu streitsüchtigen Menschen, von denen man den Frieden um jeden Preis kaufen müsse, sprichwörtlich: Die Pest ist vor der Thür und sucht einen Nummus, gib ihrer zwei, so zieht sie ab. Frz.: Remede en peste sur tout art, c'est fui tôt, loin et revient tard. (Kritzinger, 528a.) 11 Mancher will die Pest heilen und stirbt selbst am Aussatz. – Sprichwörtergarten, 358. Die andere arzneien wollen, ohne sich selbst helfen zu können.

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Zitationshilfe: Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 3. Leipzig, 1873, S. [607]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon03_1873/621>, abgerufen am 28.04.2024.