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Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 4. Leipzig, 1876.

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Steuer (Abgabe).

1 Der Steuer kann man nicht entlaufen.

Eine jüdisch-deutsche Redensart in Warschau sagt: Var S'chim thur män nit entlaufen, d. h. man darf (soll) sich dem Steuerzahlen, den allgemeinen Lasten nicht entziehen.

2 Steuer geben und Sterben muss man überall.

3 Steuern sind keine Liebesgaben.

Dän.: Skat og skyld er ingen aere-gave, men en pligt. (Prov. dan., 14.)

4 Steuern und schlecht Wetter sind nicht beliebt.

"Steuern und schlecht Wetter sind ominös für jede Regierung."

5 Um an Kreuzer Steuer soll men an Gaul zu todt reit'n. (Franken.)

Zunächst die Abgeneigtheit zum Steuerzahlen ausdrückend, dann aber auch, um zu sagen: für das kleinste Recht soll man das grösste Opfer nicht scheuen.

6 Wenn die alten Steuern zu schwer sind, muss man keine neuen dazu machen.

"Wenn die Unterthanen, sagte Kaiser Valentinian, die alten Auflagen nicht bezahlen können, wie werden sie die neuern bezahlen." (S. Ambros. orat. in Valentiniani funere.)

7 Wenn's an die Steuer (zum gemeinen Nutzen) geht, so sucht jeder den Bettelmantel hervor.

Vgl. Schlosser's Geschichte des 18. u. 19. Jahrhunderts, I.

8 Wer die Steuern verdoppeln will, soll auch zweifache Ernten geben.

"Willst du die Auflagen verdoppeln", sagte Hybranas zu Antonius, "so gib uns eine doppelte Ernte." (Plutarch.) Sprichwort wie andere Aussprüche aus allen Zeiten warnen davor, die Steuerkraft des Volks zu sehr anzuspannen. "Alle Finanzoperationen, die zu tief ins Fleisch eindringen, gehen auf das Leben des Staatskörpers." "Das Aerarium", sagt Plinius, "sei keine Niederlage von Bürgerspolien." Und Seneca bemerkt: "Ein Wald ist bald zu Asche gemacht." Unser deutsches Sprichwort spricht den Gedanken bekanntlich durch die Worte aus: "Man mag die Schafe scheren, man soll ihnen aber die Haut lassen." "Nimm der Henne die Eier ab", sagt Lafontaine, "aber lass ihr den Eierstock." Als die Präfecten der Provinzen dem Tiberius den Vorschlag machten, die Auflagen noch mehr zu erhöhen, gab er zur Antwort: "Man mag wol die Schafe scheren, aber erwürgen muss man sie nicht." (Vgl. Kornmann, IV, 22; V, 214.)

9 Wer keine Steuer gibt, hat auch keine Stimme.

In Warschau jüdisch-deutsch: Wer es git kein S'chim, hat kein Deje (Meinung, Stimme). Ferner: Wer es git nit zü Steuers thur in der Kasche nit herein schreien. Wer keine Beiträge für die öffentlichen Angelegenheiten gibt, hat auch keine Stimme, wenn über dieselben berathen und beschlossen wird. Kasche vom polnischen kasza = Grütze.

*10 Steuer vnd Bett von todten nemen. - Eyering, II, 414.

*11 Zur Steuer der Wahrheit.

"Die Wahrheit muss ihr Recht haben." (Ludmilla Assing.)


Steuer (Clavus).

1 Das Steuer soll nur einer führen, es ist nicht gut, wenn viel regieren.

2 Es kann nicht jeder das Steuer führen.

Es wird zur richtigen Führung desselben Geschick und Uebung erfordert. Als Hercules ein Schiff regieren wollte, zerbrach er alle Ruder. (Kornmann, VI, 107.)

3 Wenn das Steuer fort (zerbrochen) ist das Schiff verloren.

Dän.: Naar knarren er rorlös, gaaer den for vrag. (Bohn I, 301.)

4 Wer am Steuer sitzt, muss rudern können.

Holl.: Die aan het stuur zit, moet gan onbevaren man zijn, die nooit buiten Duis geweest is; hij moet ter doge weten, waar Oost en West ligt. (Harrebomee, II, 320a.)

5 Wohin man das Steuer wendet, dahin dreht sich das Schiff.

*6 Er ist des Steuers verlustig.

Hat das Regiment verloren.

*7 Er sitzt am Steuer.

Ordnet die Sache.

*8 Et geit mit em över Stür. - Richey, 298; Eichwald, 1867; Dähnert, 470b.

Er kommt zurück, es geht den Krebsgang mit ihm. Oever Stür gan = über Bord, verlorengehen.

*9 Steuer und strafe. - Neocorus, II, 113.

*10 To Stür kommen. - Dähnert, 471.

Zu pass, zu statten kommen. "Der kompt vns wol zu steur." (Waldis, III, 50, 13.)

[Spaltenumbruch] *11 Van 't Stür 1. - Stürenburg, 270b.

1) Steuer, Steuerruder. Also steuerlos, d. i. ausser Fassung.


Steuerbord.

*1 Er ist am Steuerbord heraufgekommen, am Backbord weggegangen.

Mit Ehren gekommen, mit Schanden abgetreten. Steuerbord ist der Ehrenplatz eines Fischers zum wohnen wie spazieren. Vom Steuerbord vertrieben werden ist also Zurücksetzung, Erniedrigung.

*2 Jemand vom Steuerbord nach dem Backbord sckicken.

Ihn vertreiben, hin- und herstossen, zurücksetzen.


Steuerleute.

1 De beste Stürlüde sünd an 't Land. - Eichwald, 1220; Bueren, 188; Goldschmidt, 162; Frommann, III, 429, 235; Kern, 388; Stürenburg, 270b; Hauskalender, I.

2 Die besten Steuerleute stehen am Ufer.

Spott auf müssige Kritiker und wohlfeilen Tadel.

Holl.: De beste stuurlui staan aan wal, de slechte vindt men overal. (Harrebomee, II, 320a.)

3 Die besten Steuerleute stehen an der Küste (am Kai, zu Lande, am Strande). - Winckler, III, 57.

Wenigstens glauben die Zuschauer die Sache meist sehr gut und oft besser als die wirklich Handelnden zu verstehen, da Tadeln leichter als Selbermachen ist.

4 Viel Steuerleute bringen das Schiff zum Sinken. - Sanders, 8.

Böhm.: Kde mnoho spravcuv lodnich, tam se lod' rozbije (jde nadno). (Celakovsky, 318.)

Ill.: Gdje vele dumenara (naucera). (Celakovsky, 318.)


Steuermann.

1 Am Steuermann hängt das Schiff.

2 Den guten Steuermann erkennt man im Sturm.

Dän.: God styrmand kiendes ei naar havet er stille og veit til villie. (Bohn I, 371.)

3 Den Steuermann darf man nicht meistern.

4 Der beste Steuermann ist zuerst im Hafen.

Holl.: De geschickteste stuurman komt het eerst in de haven. (Harrebomee, II, 320a.)

5 Der Steuermann gilt das meiste auf jedem Schiffe. - Graf, 487, 32.

Dän.: God styremand giör skibet trygt. (Prov. dan., 535.) - Styrimadr scal mesto rada innan bords a hverio scipi. (Galath, 102, 10.)

6 Die besten Steuermänner stehen am Ufer. (Holl.)

Wer von fern einer Gefahr zusieht, der will stets bessere Mittel zu ihrer Bekämpfung wissen, als diejenigen anwenden, welche wirklich mit ihr kämpfen. Von den urtheilen den Zuschauern am Meeresufer entlehnt, welche ein Schiff mit den Wellen kämpfen sehen und denen der Steuermann nicht zur Genüge handelt.

7 Ein alter Steuermann scheitert nicht so leicht als ein junger. - Parömiakon, 1549.

8 Ein guter Steuermann erschrickt auch nicht vor jedem Windlein.

9 Ein guter Steuermann führt das Schiff wohl.

Schwed.: God styrman gör skeppet trygd. (Grubb, 264.)

10 Ein ungeschickter Steuermann kann das beste Schiff verderben. - Altmann VI, 409.

11 Es gibt sich mancher für einen Steuermann aus, der keinen Kahn regieren kann.

Holl.: Ik vaar voor stuurman ten oorlog, zei bootsman Jan, en hij voer voor korporal op een krooswijker schuitje. (Harrebomee, II, 320a.)

12 Ohne Steuermann scheitert das beste Schiff. - Sprichwörtergarten, 348.

13 Steuermann, Theuermann.

Von ihm hängt ja hauptsächlich die Führung des Fahrzeugs mit seiner gesammten Ladung ab.

Holl.: Een stierman is zoo goed als vier man. (Harrebomee, II, 320a.)

14 Viel Steuermänner machen das Schiff scheitern.

Frz.: La barque qui a plusieurs pilotes court droit au naufrage. (Masson, 191.)

15 Wenn der Steuermann blass ist, so ist das Ungewitter nicht weit.

16 Wenn der Steuermann nicht weiss, wozu, wer soll es denn wissen.

Aehnlich russisch Altmann VI, 442.

17 Zwei Steuermänner auf Einem Schiff bringen das Fahrzeug auf den Riff. - Schlechta, 115.

*18 Er ist ein guter Steuermann zur See.

Von jemand, dem man die Ausführung wichtiger Angelegenheiten vertrauen kann.


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Steuer (Abgabe).

1 Der Steuer kann man nicht entlaufen.

Eine jüdisch-deutsche Redensart in Warschau sagt: Var S'chim thur män nit entlaufen, d. h. man darf (soll) sich dem Steuerzahlen, den allgemeinen Lasten nicht entziehen.

2 Steuer geben und Sterben muss man überall.

3 Steuern sind keine Liebesgaben.

Dän.: Skat og skyld er ingen ære-gave, men en pligt. (Prov. dan., 14.)

4 Steuern und schlecht Wetter sind nicht beliebt.

„Steuern und schlecht Wetter sind ominös für jede Regierung.“

5 Um an Kreuzer Steuer soll men an Gaul zu todt reit'n. (Franken.)

Zunächst die Abgeneigtheit zum Steuerzahlen ausdrückend, dann aber auch, um zu sagen: für das kleinste Recht soll man das grösste Opfer nicht scheuen.

6 Wenn die alten Steuern zu schwer sind, muss man keine neuen dazu machen.

„Wenn die Unterthanen, sagte Kaiser Valentinian, die alten Auflagen nicht bezahlen können, wie werden sie die neuern bezahlen.“ (S. Ambros. orat. in Valentiniani funere.)

7 Wenn's an die Steuer (zum gemeinen Nutzen) geht, so sucht jeder den Bettelmantel hervor.

Vgl. Schlosser's Geschichte des 18. u. 19. Jahrhunderts, I.

8 Wer die Steuern verdoppeln will, soll auch zweifache Ernten geben.

„Willst du die Auflagen verdoppeln“, sagte Hybranas zu Antonius, „so gib uns eine doppelte Ernte.“ (Plutarch.) Sprichwort wie andere Aussprüche aus allen Zeiten warnen davor, die Steuerkraft des Volks zu sehr anzuspannen. „Alle Finanzoperationen, die zu tief ins Fleisch eindringen, gehen auf das Leben des Staatskörpers.“ „Das Aerarium“, sagt Plinius, „sei keine Niederlage von Bürgerspolien.“ Und Seneca bemerkt: „Ein Wald ist bald zu Asche gemacht.“ Unser deutsches Sprichwort spricht den Gedanken bekanntlich durch die Worte aus: „Man mag die Schafe scheren, man soll ihnen aber die Haut lassen.“ „Nimm der Henne die Eier ab“, sagt Lafontaine, „aber lass ihr den Eierstock.“ Als die Präfecten der Provinzen dem Tiberius den Vorschlag machten, die Auflagen noch mehr zu erhöhen, gab er zur Antwort: „Man mag wol die Schafe scheren, aber erwürgen muss man sie nicht.“ (Vgl. Kornmann, IV, 22; V, 214.)

9 Wer keine Steuer gibt, hat auch keine Stimme.

In Warschau jüdisch-deutsch: Wer es git kein S'chim, hat kein Deje (Meinung, Stimme). Ferner: Wer es git nit zü Steuers thur in der Kasche nit herein schreien. Wer keine Beiträge für die öffentlichen Angelegenheiten gibt, hat auch keine Stimme, wenn über dieselben berathen und beschlossen wird. Kasche vom polnischen kasza = Grütze.

*10 Steuer vnd Bett von todten nemen.Eyering, II, 414.

*11 Zur Steuer der Wahrheit.

„Die Wahrheit muss ihr Recht haben.“ (Ludmilla Assing.)


Steuer (Clavus).

1 Das Steuer soll nur einer führen, es ist nicht gut, wenn viel regieren.

2 Es kann nicht jeder das Steuer führen.

Es wird zur richtigen Führung desselben Geschick und Uebung erfordert. Als Hercules ein Schiff regieren wollte, zerbrach er alle Ruder. (Kornmann, VI, 107.)

3 Wenn das Steuer fort (zerbrochen) ist das Schiff verloren.

Dän.: Naar knarren er rorløs, gaaer den for vrag. (Bohn I, 301.)

4 Wer am Steuer sitzt, muss rudern können.

Holl.: Die aan het stuur zit, moet gan onbevaren man zijn, die nooit buiten Duis geweest is; hij moet ter doge weten, waar Oost en West ligt. (Harrebomée, II, 320a.)

5 Wohin man das Steuer wendet, dahin dreht sich das Schiff.

*6 Er ist des Steuers verlustig.

Hat das Regiment verloren.

*7 Er sitzt am Steuer.

Ordnet die Sache.

*8 Et geit mit em över Stür.Richey, 298; Eichwald, 1867; Dähnert, 470b.

Er kommt zurück, es geht den Krebsgang mit ihm. Oever Stür gân = über Bord, verlorengehen.

*9 Steuer und strafe.Neocorus, II, 113.

*10 To Stür kommen.Dähnert, 471.

Zu pass, zu statten kommen. „Der kompt vns wol zu steur.“ (Waldis, III, 50, 13.)

[Spaltenumbruch] *11 Van 't Stür 1.Stürenburg, 270b.

1) Steuer, Steuerruder. Also steuerlos, d. i. ausser Fassung.


Steuerbord.

*1 Er ist am Steuerbord heraufgekommen, am Backbord weggegangen.

Mit Ehren gekommen, mit Schanden abgetreten. Steuerbord ist der Ehrenplatz eines Fischers zum wohnen wie spazieren. Vom Steuerbord vertrieben werden ist also Zurücksetzung, Erniedrigung.

*2 Jemand vom Steuerbord nach dem Backbord sckicken.

Ihn vertreiben, hin- und herstossen, zurücksetzen.


Steuerleute.

1 De beste Stürlüde sünd an 't Land.Eichwald, 1220; Bueren, 188; Goldschmidt, 162; Frommann, III, 429, 235; Kern, 388; Stürenburg, 270b; Hauskalender, I.

2 Die besten Steuerleute stehen am Ufer.

Spott auf müssige Kritiker und wohlfeilen Tadel.

Holl.: De beste stuurlui staan aan wal, de slechte vindt men overal. (Harrebomée, II, 320a.)

3 Die besten Steuerleute stehen an der Küste (am Kai, zu Lande, am Strande).Winckler, III, 57.

Wenigstens glauben die Zuschauer die Sache meist sehr gut und oft besser als die wirklich Handelnden zu verstehen, da Tadeln leichter als Selbermachen ist.

4 Viel Steuerleute bringen das Schiff zum Sinken.Sanders, 8.

Böhm.: Kde mnoho správcův łodních, tam se łod' rozbije (jde nadno). (Čelakovsky, 318.)

Ill.: Gdje vele dumenarâ (naucerâ). (Čelakovsky, 318.)


Steuermann.

1 Am Steuermann hängt das Schiff.

2 Den guten Steuermann erkennt man im Sturm.

Dän.: God styrmand kiendes ei naar havet er stille og veit til villie. (Bohn I, 371.)

3 Den Steuermann darf man nicht meistern.

4 Der beste Steuermann ist zuerst im Hafen.

Holl.: De geschickteste stuurman komt het eerst in de haven. (Harrebomée, II, 320a.)

5 Der Steuermann gilt das meiste auf jedem Schiffe.Graf, 487, 32.

Dän.: God styremand giør skibet trygt. (Prov. dan., 535.) – Styrimadr scal mesto rada innan bords à hverio scipi. (Galath, 102, 10.)

6 Die besten Steuermänner stehen am Ufer. (Holl.)

Wer von fern einer Gefahr zusieht, der will stets bessere Mittel zu ihrer Bekämpfung wissen, als diejenigen anwenden, welche wirklich mit ihr kämpfen. Von den urtheilen den Zuschauern am Meeresufer entlehnt, welche ein Schiff mit den Wellen kämpfen sehen und denen der Steuermann nicht zur Genüge handelt.

7 Ein alter Steuermann scheitert nicht so leicht als ein junger.Parömiakon, 1549.

8 Ein guter Steuermann erschrickt auch nicht vor jedem Windlein.

9 Ein guter Steuermann führt das Schiff wohl.

Schwed.: God styrman gör skeppet trygd. (Grubb, 264.)

10 Ein ungeschickter Steuermann kann das beste Schiff verderben.Altmann VI, 409.

11 Es gibt sich mancher für einen Steuermann aus, der keinen Kahn regieren kann.

Holl.: Ik vaar voor stuurman ten oorlog, zei bootsman Jan, en hij voer voor korporal op een krooswijker schuitje. (Harrebomée, II, 320a.)

12 Ohne Steuermann scheitert das beste Schiff.Sprichwörtergarten, 348.

13 Steuermann, Theuermann.

Von ihm hängt ja hauptsächlich die Führung des Fahrzeugs mit seiner gesammten Ladung ab.

Holl.: Een stierman is zoo goed als vier man. (Harrebomée, II, 320a.)

14 Viel Steuermänner machen das Schiff scheitern.

Frz.: La barque qui a plusieurs pilotes court droit au naufrage. (Masson, 191.)

15 Wenn der Steuermann blass ist, so ist das Ungewitter nicht weit.

16 Wenn der Steuermann nicht weiss, wozu, wer soll es denn wissen.

Aehnlich russisch Altmann VI, 442.

17 Zwei Steuermänner auf Einem Schiff bringen das Fahrzeug auf den Riff.Schlechta, 115.

*18 Er ist ein guter Steuermann zur See.

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[[422]/0428] Steuer (Abgabe). 1 Der Steuer kann man nicht entlaufen. Eine jüdisch-deutsche Redensart in Warschau sagt: Var S'chim thur män nit entlaufen, d. h. man darf (soll) sich dem Steuerzahlen, den allgemeinen Lasten nicht entziehen. 2 Steuer geben und Sterben muss man überall. 3 Steuern sind keine Liebesgaben. Dän.: Skat og skyld er ingen ære-gave, men en pligt. (Prov. dan., 14.) 4 Steuern und schlecht Wetter sind nicht beliebt. „Steuern und schlecht Wetter sind ominös für jede Regierung.“ 5 Um an Kreuzer Steuer soll men an Gaul zu todt reit'n. (Franken.) Zunächst die Abgeneigtheit zum Steuerzahlen ausdrückend, dann aber auch, um zu sagen: für das kleinste Recht soll man das grösste Opfer nicht scheuen. 6 Wenn die alten Steuern zu schwer sind, muss man keine neuen dazu machen. „Wenn die Unterthanen, sagte Kaiser Valentinian, die alten Auflagen nicht bezahlen können, wie werden sie die neuern bezahlen.“ (S. Ambros. orat. in Valentiniani funere.) 7 Wenn's an die Steuer (zum gemeinen Nutzen) geht, so sucht jeder den Bettelmantel hervor. Vgl. Schlosser's Geschichte des 18. u. 19. Jahrhunderts, I. 8 Wer die Steuern verdoppeln will, soll auch zweifache Ernten geben. „Willst du die Auflagen verdoppeln“, sagte Hybranas zu Antonius, „so gib uns eine doppelte Ernte.“ (Plutarch.) Sprichwort wie andere Aussprüche aus allen Zeiten warnen davor, die Steuerkraft des Volks zu sehr anzuspannen. „Alle Finanzoperationen, die zu tief ins Fleisch eindringen, gehen auf das Leben des Staatskörpers.“ „Das Aerarium“, sagt Plinius, „sei keine Niederlage von Bürgerspolien.“ Und Seneca bemerkt: „Ein Wald ist bald zu Asche gemacht.“ Unser deutsches Sprichwort spricht den Gedanken bekanntlich durch die Worte aus: „Man mag die Schafe scheren, man soll ihnen aber die Haut lassen.“ „Nimm der Henne die Eier ab“, sagt Lafontaine, „aber lass ihr den Eierstock.“ Als die Präfecten der Provinzen dem Tiberius den Vorschlag machten, die Auflagen noch mehr zu erhöhen, gab er zur Antwort: „Man mag wol die Schafe scheren, aber erwürgen muss man sie nicht.“ (Vgl. Kornmann, IV, 22; V, 214.) 9 Wer keine Steuer gibt, hat auch keine Stimme. In Warschau jüdisch-deutsch: Wer es git kein S'chim, hat kein Deje (Meinung, Stimme). Ferner: Wer es git nit zü Steuers thur in der Kasche nit herein schreien. Wer keine Beiträge für die öffentlichen Angelegenheiten gibt, hat auch keine Stimme, wenn über dieselben berathen und beschlossen wird. Kasche vom polnischen kasza = Grütze. *10 Steuer vnd Bett von todten nemen. – Eyering, II, 414. *11 Zur Steuer der Wahrheit. „Die Wahrheit muss ihr Recht haben.“ (Ludmilla Assing.) Steuer (Clavus). 1 Das Steuer soll nur einer führen, es ist nicht gut, wenn viel regieren. 2 Es kann nicht jeder das Steuer führen. Es wird zur richtigen Führung desselben Geschick und Uebung erfordert. Als Hercules ein Schiff regieren wollte, zerbrach er alle Ruder. (Kornmann, VI, 107.) 3 Wenn das Steuer fort (zerbrochen) ist das Schiff verloren. Dän.: Naar knarren er rorløs, gaaer den for vrag. (Bohn I, 301.) 4 Wer am Steuer sitzt, muss rudern können. Holl.: Die aan het stuur zit, moet gan onbevaren man zijn, die nooit buiten Duis geweest is; hij moet ter doge weten, waar Oost en West ligt. (Harrebomée, II, 320a.) 5 Wohin man das Steuer wendet, dahin dreht sich das Schiff. *6 Er ist des Steuers verlustig. Hat das Regiment verloren. *7 Er sitzt am Steuer. Ordnet die Sache. *8 Et geit mit em över Stür. – Richey, 298; Eichwald, 1867; Dähnert, 470b. Er kommt zurück, es geht den Krebsgang mit ihm. Oever Stür gân = über Bord, verlorengehen. *9 Steuer und strafe. – Neocorus, II, 113. *10 To Stür kommen. – Dähnert, 471. Zu pass, zu statten kommen. „Der kompt vns wol zu steur.“ (Waldis, III, 50, 13.) *11 Van 't Stür 1. – Stürenburg, 270b. 1) Steuer, Steuerruder. Also steuerlos, d. i. ausser Fassung. Steuerbord. *1 Er ist am Steuerbord heraufgekommen, am Backbord weggegangen. Mit Ehren gekommen, mit Schanden abgetreten. Steuerbord ist der Ehrenplatz eines Fischers zum wohnen wie spazieren. Vom Steuerbord vertrieben werden ist also Zurücksetzung, Erniedrigung. *2 Jemand vom Steuerbord nach dem Backbord sckicken. Ihn vertreiben, hin- und herstossen, zurücksetzen. Steuerleute. 1 De beste Stürlüde sünd an 't Land. – Eichwald, 1220; Bueren, 188; Goldschmidt, 162; Frommann, III, 429, 235; Kern, 388; Stürenburg, 270b; Hauskalender, I. 2 Die besten Steuerleute stehen am Ufer. Spott auf müssige Kritiker und wohlfeilen Tadel. Holl.: De beste stuurlui staan aan wal, de slechte vindt men overal. (Harrebomée, II, 320a.) 3 Die besten Steuerleute stehen an der Küste (am Kai, zu Lande, am Strande). – Winckler, III, 57. Wenigstens glauben die Zuschauer die Sache meist sehr gut und oft besser als die wirklich Handelnden zu verstehen, da Tadeln leichter als Selbermachen ist. 4 Viel Steuerleute bringen das Schiff zum Sinken. – Sanders, 8. Böhm.: Kde mnoho správcův łodních, tam se łod' rozbije (jde nadno). (Čelakovsky, 318.) Ill.: Gdje vele dumenarâ (naucerâ). (Čelakovsky, 318.) Steuermann. 1 Am Steuermann hängt das Schiff. 2 Den guten Steuermann erkennt man im Sturm. Dän.: God styrmand kiendes ei naar havet er stille og veit til villie. (Bohn I, 371.) 3 Den Steuermann darf man nicht meistern. 4 Der beste Steuermann ist zuerst im Hafen. Holl.: De geschickteste stuurman komt het eerst in de haven. (Harrebomée, II, 320a.) 5 Der Steuermann gilt das meiste auf jedem Schiffe. – Graf, 487, 32. Dän.: God styremand giør skibet trygt. (Prov. dan., 535.) – Styrimadr scal mesto rada innan bords à hverio scipi. (Galath, 102, 10.) 6 Die besten Steuermänner stehen am Ufer. (Holl.) Wer von fern einer Gefahr zusieht, der will stets bessere Mittel zu ihrer Bekämpfung wissen, als diejenigen anwenden, welche wirklich mit ihr kämpfen. Von den urtheilen den Zuschauern am Meeresufer entlehnt, welche ein Schiff mit den Wellen kämpfen sehen und denen der Steuermann nicht zur Genüge handelt. 7 Ein alter Steuermann scheitert nicht so leicht als ein junger. – Parömiakon, 1549. 8 Ein guter Steuermann erschrickt auch nicht vor jedem Windlein. 9 Ein guter Steuermann führt das Schiff wohl. Schwed.: God styrman gör skeppet trygd. (Grubb, 264.) 10 Ein ungeschickter Steuermann kann das beste Schiff verderben. – Altmann VI, 409. 11 Es gibt sich mancher für einen Steuermann aus, der keinen Kahn regieren kann. Holl.: Ik vaar voor stuurman ten oorlog, zei bootsman Jan, en hij voer voor korporal op een krooswijker schuitje. (Harrebomée, II, 320a.) 12 Ohne Steuermann scheitert das beste Schiff. – Sprichwörtergarten, 348. 13 Steuermann, Theuermann. Von ihm hängt ja hauptsächlich die Führung des Fahrzeugs mit seiner gesammten Ladung ab. Holl.: Een stierman is zoo goed als vier man. (Harrebomée, II, 320a.) 14 Viel Steuermänner machen das Schiff scheitern. Frz.: La barque qui a plusieurs pilotes court droit au naufrage. (Masson, 191.) 15 Wenn der Steuermann blass ist, so ist das Ungewitter nicht weit. 16 Wenn der Steuermann nicht weiss, wozu, wer soll es denn wissen. Aehnlich russisch Altmann VI, 442. 17 Zwei Steuermänner auf Einem Schiff bringen das Fahrzeug auf den Riff. – Schlechta, 115. *18 Er ist ein guter Steuermann zur See. Von jemand, dem man die Ausführung wichtiger Angelegenheiten vertrauen kann.

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Zitationshilfe: Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 4. Leipzig, 1876, S. [422]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon04_1876/428>, abgerufen am 29.04.2024.