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Wanderley, Germano: Handbuch der Bauconstruktionslehre. 2. Aufl. Bd. 2. Die Constructionen in Stein. Leipzig, 1878.

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Die Bearbeitung des Werksteines.
Oberfläche schon an. Dieses Unebene haut der Steinmetz mit solchen
Eisen ab, die gerade Schneiden haben und hat man hierbei die Erfahrung
gemacht, daß es am vortheilhaftesten ist, wenn nach und nach breitere
Eisen angewendet werden. Zuerst geschieht die Arbeit mit den Beitz-
eisen
(Fig. 141 A u. B), hierauf mit dem Schlageisen (Fig. 141 E)
und endlich mit dem Scharrireisen (Fig. 141 J). Sodann ebnet
der Steinmetz die Fläche soweit, bis sie nur noch geschliffen oder mit
Reifen versehen wird, die parallel nebeneinander liegen und die ganze
Fläche bedecken. Soll nun ein Stein an allen sechs Seiten behauen
werden, so "bankt" der Steinmetz ihn auf zwei Böcke so auf, daß er
ihn bequem im Stehen bearbeiten kann. In der vorhin beschriebenen
Art ebnet er die obere Seite desselben und macht an einer Seite
dieser Fläche einen "Schlag", d. h. er ebnet einen schmalen Streifen
der Fläche, auf welchem das Richtscheit seiner Länge und Breite nach
bequem liegen kann. Auf den "Schlag" legt er ein "Richtscheit" und
auf diejenige Seite des Steines, die dem Richtscheit gegenüber ist,
wird ein zweites auf den rauhen Stein gelegt. Es wird nun von
dem ersten Richtscheite auf das zweite, welches mit jenem von gleicher
Stärke ist, "visirt", wonach man leicht bemerken wird, ob die Fläche
eine Ebene sei oder nicht. Ist diese Fläche geebnet, so wird der Stein
ausgemessen. Vorausgesetzt, man findet, daß auf jeder Seitenfläche
ein Stück von dem Steine abgearbeitet werden könne, welches 0,7zm
dick ist, so haut der Steinmetz um den ganzen Umfang der Fläche
einen "Schlag" oder vielmehr einen "Falz" aus, der 0,7zm tief und
etwa ebenso breit ist. Durch diesen Einschnitt wird nicht nur die
Dicke des Stückes bestimmt, welches von der Fläche abgehauen wer-
den soll, sondern der Abgang wird dadurch genöthigt, nur so tief bei
der Arbeit abzuspringen, als vorgehauen wurde.

Das "Bossiren" oder erste "rauhe Zuspitzen" der Werkstücke ge-
schieht in einigen Steinbrüchen folgendermaßen: Es wird zuerst das
Lager h Fig. 142 A, wie vorhin gesagt wurde, bearbeitet, alsdann
eine Linie a c vorgerissen, so daß das verlangte Werkstück voll wird,
ohne zu viel Abgang, sogenannte "abzuhauenden Posten", zu veran-
lassen. Nun hält ein Arbeiter ein Richtscheit b a längs dem Kopfe
oder kleinem Haupte k so an, daß es entweder mit der Schichtung
des Steines zusammenfällt, oder, wenn diese nicht vorhanden ist,
rechtwinklig auf h ist; im ersten Falle wurde angenommen, daß die
Fläche b senkrecht die Schichtung schneidet. Hierauf hält ein anderer

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Die Bearbeitung des Werkſteines.
Oberfläche ſchon an. Dieſes Unebene haut der Steinmetz mit ſolchen
Eiſen ab, die gerade Schneiden haben und hat man hierbei die Erfahrung
gemacht, daß es am vortheilhafteſten iſt, wenn nach und nach breitere
Eiſen angewendet werden. Zuerſt geſchieht die Arbeit mit den Beitz-
eiſen
(Fig. 141 A u. B), hierauf mit dem Schlageiſen (Fig. 141 E)
und endlich mit dem Scharrireiſen (Fig. 141 J). Sodann ebnet
der Steinmetz die Fläche ſoweit, bis ſie nur noch geſchliffen oder mit
Reifen verſehen wird, die parallel nebeneinander liegen und die ganze
Fläche bedecken. Soll nun ein Stein an allen ſechs Seiten behauen
werden, ſo „bankt“ der Steinmetz ihn auf zwei Böcke ſo auf, daß er
ihn bequem im Stehen bearbeiten kann. In der vorhin beſchriebenen
Art ebnet er die obere Seite deſſelben und macht an einer Seite
dieſer Fläche einen „Schlag“, d. h. er ebnet einen ſchmalen Streifen
der Fläche, auf welchem das Richtſcheit ſeiner Länge und Breite nach
bequem liegen kann. Auf den „Schlag“ legt er ein „Richtſcheit“ und
auf diejenige Seite des Steines, die dem Richtſcheit gegenüber iſt,
wird ein zweites auf den rauhen Stein gelegt. Es wird nun von
dem erſten Richtſcheite auf das zweite, welches mit jenem von gleicher
Stärke iſt, „viſirt“, wonach man leicht bemerken wird, ob die Fläche
eine Ebene ſei oder nicht. Iſt dieſe Fläche geebnet, ſo wird der Stein
ausgemeſſen. Vorausgeſetzt, man findet, daß auf jeder Seitenfläche
ein Stück von dem Steine abgearbeitet werden könne, welches 0,7zm
dick iſt, ſo haut der Steinmetz um den ganzen Umfang der Fläche
einen „Schlag“ oder vielmehr einen „Falz“ aus, der 0,7zm tief und
etwa ebenſo breit iſt. Durch dieſen Einſchnitt wird nicht nur die
Dicke des Stückes beſtimmt, welches von der Fläche abgehauen wer-
den ſoll, ſondern der Abgang wird dadurch genöthigt, nur ſo tief bei
der Arbeit abzuſpringen, als vorgehauen wurde.

Das „Boſſiren“ oder erſte „rauhe Zuſpitzen“ der Werkſtücke ge-
ſchieht in einigen Steinbrüchen folgendermaßen: Es wird zuerſt das
Lager h Fig. 142 A, wie vorhin geſagt wurde, bearbeitet, alsdann
eine Linie a c vorgeriſſen, ſo daß das verlangte Werkſtück voll wird,
ohne zu viel Abgang, ſogenannte „abzuhauenden Poſten“, zu veran-
laſſen. Nun hält ein Arbeiter ein Richtſcheit b a längs dem Kopfe
oder kleinem Haupte k ſo an, daß es entweder mit der Schichtung
des Steines zuſammenfällt, oder, wenn dieſe nicht vorhanden iſt,
rechtwinklig auf h iſt; im erſten Falle wurde angenommen, daß die
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[131/0147] Die Bearbeitung des Werkſteines. Oberfläche ſchon an. Dieſes Unebene haut der Steinmetz mit ſolchen Eiſen ab, die gerade Schneiden haben und hat man hierbei die Erfahrung gemacht, daß es am vortheilhafteſten iſt, wenn nach und nach breitere Eiſen angewendet werden. Zuerſt geſchieht die Arbeit mit den Beitz- eiſen (Fig. 141 A u. B), hierauf mit dem Schlageiſen (Fig. 141 E) und endlich mit dem Scharrireiſen (Fig. 141 J). Sodann ebnet der Steinmetz die Fläche ſoweit, bis ſie nur noch geſchliffen oder mit Reifen verſehen wird, die parallel nebeneinander liegen und die ganze Fläche bedecken. Soll nun ein Stein an allen ſechs Seiten behauen werden, ſo „bankt“ der Steinmetz ihn auf zwei Böcke ſo auf, daß er ihn bequem im Stehen bearbeiten kann. In der vorhin beſchriebenen Art ebnet er die obere Seite deſſelben und macht an einer Seite dieſer Fläche einen „Schlag“, d. h. er ebnet einen ſchmalen Streifen der Fläche, auf welchem das Richtſcheit ſeiner Länge und Breite nach bequem liegen kann. Auf den „Schlag“ legt er ein „Richtſcheit“ und auf diejenige Seite des Steines, die dem Richtſcheit gegenüber iſt, wird ein zweites auf den rauhen Stein gelegt. Es wird nun von dem erſten Richtſcheite auf das zweite, welches mit jenem von gleicher Stärke iſt, „viſirt“, wonach man leicht bemerken wird, ob die Fläche eine Ebene ſei oder nicht. Iſt dieſe Fläche geebnet, ſo wird der Stein ausgemeſſen. Vorausgeſetzt, man findet, daß auf jeder Seitenfläche ein Stück von dem Steine abgearbeitet werden könne, welches 0,7zm dick iſt, ſo haut der Steinmetz um den ganzen Umfang der Fläche einen „Schlag“ oder vielmehr einen „Falz“ aus, der 0,7zm tief und etwa ebenſo breit iſt. Durch dieſen Einſchnitt wird nicht nur die Dicke des Stückes beſtimmt, welches von der Fläche abgehauen wer- den ſoll, ſondern der Abgang wird dadurch genöthigt, nur ſo tief bei der Arbeit abzuſpringen, als vorgehauen wurde. Das „Boſſiren“ oder erſte „rauhe Zuſpitzen“ der Werkſtücke ge- ſchieht in einigen Steinbrüchen folgendermaßen: Es wird zuerſt das Lager h Fig. 142 A, wie vorhin geſagt wurde, bearbeitet, alsdann eine Linie a c vorgeriſſen, ſo daß das verlangte Werkſtück voll wird, ohne zu viel Abgang, ſogenannte „abzuhauenden Poſten“, zu veran- laſſen. Nun hält ein Arbeiter ein Richtſcheit b a längs dem Kopfe oder kleinem Haupte k ſo an, daß es entweder mit der Schichtung des Steines zuſammenfällt, oder, wenn dieſe nicht vorhanden iſt, rechtwinklig auf h iſt; im erſten Falle wurde angenommen, daß die Fläche b ſenkrecht die Schichtung ſchneidet. Hierauf hält ein anderer 9*

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Zitationshilfe: Wanderley, Germano: Handbuch der Bauconstruktionslehre. 2. Aufl. Bd. 2. Die Constructionen in Stein. Leipzig, 1878, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wanderley_bauconstructionslehre02_1878/147>, abgerufen am 05.05.2024.