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Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701.

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siebendes dutzent.
Drum muß ich nun gefangen seyn.
Jch liebe sie alle/ doch Lisilis ist/
Die meine gedancken am besten versüst.
II.
Der ordentliche Liebes-Proceß.
1. die Freyheit.
WOl dem/ der seinen jungen jahren
Die süsse freyheit gönnen kan!
Er mag die zarten kräffte spahren/
Und legt die stunden besser an/
Als einer/ der sich tag und nacht
Mit liebes-grillen müde macht.
2. Das erste Blickgen.
Doch halt mein geist/ besinne dich/
Sieh auff/ das mädgen zeiget sich/
Du must es doch betrachten.
Jch hab es vormahls nicht gewust/
Man darff dergleichen augen-lust
Jn warheit nicht verachten.
3. Die erste Liebe.
Hätt ich das zuvor bedacht/
Daß ein blickgen solche macht
Gegen unsre seelen hätte/
Ach/ so gieng ich auffgericht/
Und mein hertze läge nicht/
An der strengen liebes-kette.
Nun ist meine freyheit hin/
Und ich muß den armen sinn
An die eitle schönheit binden:
Meine freude liegt daran/
Ob ich bey der liebsten kan
Liebe/ gunst und gnade finden.
4. Die
ſiebendes dutzent.
Drum muß ich nun gefangen ſeyn.
Jch liebe ſie alle/ doch Liſilis iſt/
Die meine gedancken am beſten verſuͤſt.
II.
Der ordentliche Liebes-Proceß.
1. die Freyheit.
WOl dem/ der ſeinen jungen jahren
Die ſuͤſſe freyheit goͤnnen kan!
Er mag die zarten kraͤffte ſpahren/
Und legt die ſtunden beſſer an/
Als einer/ der ſich tag und nacht
Mit liebes-grillen muͤde macht.
2. Das erſte Blickgen.
Doch halt mein geiſt/ beſinne dich/
Sieh auff/ das maͤdgen zeiget ſich/
Du muſt es doch betrachten.
Jch hab es vormahls nicht gewuſt/
Man darff dergleichen augen-luſt
Jn warheit nicht verachten.
3. Die erſte Liebe.
Haͤtt ich das zuvor bedacht/
Daß ein blickgen ſolche macht
Gegen unſre ſeelen haͤtte/
Ach/ ſo gieng ich auffgericht/
Und mein hertze laͤge nicht/
An der ſtrengen liebes-kette.
Nun iſt meine freyheit hin/
Und ich muß den armen ſinn
An die eitle ſchoͤnheit binden:
Meine freude liegt daran/
Ob ich bey der liebſten kan
Liebe/ gunſt und gnade finden.
4. Die
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[123/0139] ſiebendes dutzent. Drum muß ich nun gefangen ſeyn. Jch liebe ſie alle/ doch Liſilis iſt/ Die meine gedancken am beſten verſuͤſt. II. Der ordentliche Liebes-Proceß. 1. die Freyheit. WOl dem/ der ſeinen jungen jahren Die ſuͤſſe freyheit goͤnnen kan! Er mag die zarten kraͤffte ſpahren/ Und legt die ſtunden beſſer an/ Als einer/ der ſich tag und nacht Mit liebes-grillen muͤde macht. 2. Das erſte Blickgen. Doch halt mein geiſt/ beſinne dich/ Sieh auff/ das maͤdgen zeiget ſich/ Du muſt es doch betrachten. Jch hab es vormahls nicht gewuſt/ Man darff dergleichen augen-luſt Jn warheit nicht verachten. 3. Die erſte Liebe. Haͤtt ich das zuvor bedacht/ Daß ein blickgen ſolche macht Gegen unſre ſeelen haͤtte/ Ach/ ſo gieng ich auffgericht/ Und mein hertze laͤge nicht/ An der ſtrengen liebes-kette. Nun iſt meine freyheit hin/ Und ich muß den armen ſinn An die eitle ſchoͤnheit binden: Meine freude liegt daran/ Ob ich bey der liebſten kan Liebe/ gunſt und gnade finden. 4. Die

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Zitationshilfe: Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701, S. 123. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_jugend_1701/139>, abgerufen am 10.05.2024.