Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701.

Bild:
<< vorherige Seite
Uberflüssiger gedancken
M. Jch sorge nur für mich/ die andern mögen lauffen.
F. Wer weiß/ wer noch zu erst die tantz schuh machen läst.
M. Wenn ich gestorben bin/ da ist mein hochzeit-fest.
F. Wie bitter ist der tod/ wie lieblich ist das leben!
M. Jch liebe meinen tod/ dem hab ich mich ergeben.
F. Wie heist der liebe tod/ hat er nicht hosen an?
M. Jch dachte was mir wär/ fängt er nicht händel an.
F. Doch sol der liebe tod/ bey ihr im sarge liegen.
M. Jch werde die gestalt des todes selber kriegen.
F. So nimmt sie ihn in arm/ und wird mit ihm ein leib.
M. Jch bin sein ehgemal/ sein schatz/ sein liebes weib.
F. Mich deucht/ es gucken schon die augen aus der bahre.
M. Jtzund versteh ichs erst/ ist er nicht loser haare?
F. Nun sol ich lose seyn/ und sie ist schuld daran.
M. Er warte biß ich auch zut antwort kommen kan.
F. Ach/ sie verliebe sich/ die antwort ist die beste.
M. Jch hab ein eignes haus/ das herbergt keine gäste.
F. Vor einen guten freund kan leicht ein plätzgen seyn.
M. Das plätzgen nimt darnach die gantze wohnung ein.
F. Die jungfer will also mit ihrem diener schertzen.
M. So war ich ehrlich bin/ das geht mir recht von hertzen.
XII.
Die endliche Erklärung.
JCh bin betrübt/
Weil mich mein kind nicht wieder liebt/
Denn dieses feuer meiner pein
Muß noch zur zeit verborgen seyn.
Und die mir gefället/ die weiß es noch nicht/
Und wenn sie es wüste/ so glaubte sie es nicht/
Und wenn sie es glaubte/ so sagte sie es nicht/
Und wenn sie es sagte/ so traut ich ihr nicht/
Und wenn ich ihr traute/ so hülffe michs nicht;
Drum lieget mein hertze gefangen/ und spricht:
Es ist um mich geschehn/
Jch bin zu lauter qual versehn.
2. Jch
Uberfluͤſſiger gedancken
M. Jch ſorge nur fuͤr mich/ die andern moͤgen lauffen.
F. Wer weiß/ wer noch zu erſt die tantz ſchuh machen laͤſt.
M. Wenn ich geſtorben bin/ da iſt mein hochzeit-feſt.
F. Wie bitter iſt der tod/ wie lieblich iſt das leben!
M. Jch liebe meinen tod/ dem hab ich mich ergeben.
F. Wie heiſt der liebe tod/ hat er nicht hoſen an?
M. Jch dachte was mir waͤr/ faͤngt er nicht haͤndel an.
F. Doch ſol der liebe tod/ bey ihr im ſarge liegen.
M. Jch werde die geſtalt des todes ſelber kriegen.
F. So nimmt ſie ihn in arm/ und wird mit ihm ein leib.
M. Jch bin ſein ehgemal/ ſein ſchatz/ ſein liebes weib.
F. Mich deucht/ es gucken ſchon die augen aus der bahre.
M. Jtzund verſteh ichs erſt/ iſt er nicht loſer haare?
F. Nun ſol ich loſe ſeyn/ und ſie iſt ſchuld daran.
M. Er warte biß ich auch zut antwort kommen kan.
F. Ach/ ſie verliebe ſich/ die antwort iſt die beſte.
M. Jch hab ein eignes haus/ das herbergt keine gaͤſte.
F. Vor einen guten freund kan leicht ein plaͤtzgen ſeyn.
M. Das plaͤtzgen nimt darnach die gantze wohnung ein.
F. Die jungfer will alſo mit ihrem diener ſchertzen.
M. So war ich ehrlich bin/ das geht mir recht von hertzen.
XII.
Die endliche Erklaͤrung.
JCh bin betruͤbt/
Weil mich mein kind nicht wieder liebt/
Denn dieſes feuer meiner pein
Muß noch zur zeit verborgen ſeyn.
Und die mir gefaͤllet/ die weiß es noch nicht/
Und wenn ſie es wuͤſte/ ſo glaubte ſie es nicht/
Und wenn ſie es glaubte/ ſo ſagte ſie es nicht/
Und wenn ſie es ſagte/ ſo traut ich ihr nicht/
Und wenn ich ihr traute/ ſo huͤlffe michs nicht;
Drum lieget mein hertze gefangen/ und ſpricht:
Es iſt um mich geſchehn/
Jch bin zu lauter qual verſehn.
2. Jch
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0174" n="158"/>
            <fw place="top" type="header">Uberflu&#x0364;&#x017F;&#x017F;iger gedancken</fw><lb/>
            <l><hi rendition="#aq">M.</hi> Jch &#x017F;orge nur fu&#x0364;r mich/ die andern mo&#x0364;gen lauffen.</l><lb/>
            <l><hi rendition="#aq">F.</hi> Wer weiß/ wer noch zu er&#x017F;t die tantz &#x017F;chuh machen la&#x0364;&#x017F;t.</l><lb/>
            <l><hi rendition="#aq">M.</hi> Wenn ich ge&#x017F;torben bin/ da i&#x017F;t mein hochzeit-fe&#x017F;t.</l><lb/>
            <l><hi rendition="#aq">F.</hi> Wie bitter i&#x017F;t der tod/ wie lieblich i&#x017F;t das leben!</l><lb/>
            <l><hi rendition="#aq">M.</hi> Jch liebe meinen tod/ dem hab ich mich ergeben.</l><lb/>
            <l><hi rendition="#aq">F.</hi> Wie hei&#x017F;t der liebe tod/ hat er nicht ho&#x017F;en an?</l><lb/>
            <l><hi rendition="#aq">M.</hi> Jch dachte was mir wa&#x0364;r/ fa&#x0364;ngt er nicht ha&#x0364;ndel an.</l><lb/>
            <l><hi rendition="#aq">F.</hi> Doch &#x017F;ol der liebe tod/ bey ihr im &#x017F;arge liegen.</l><lb/>
            <l><hi rendition="#aq">M.</hi> Jch werde die ge&#x017F;talt des todes &#x017F;elber kriegen.</l><lb/>
            <l><hi rendition="#aq">F.</hi> So nimmt &#x017F;ie ihn in arm/ und wird mit ihm ein leib.</l><lb/>
            <l><hi rendition="#aq">M.</hi> Jch bin &#x017F;ein ehgemal/ &#x017F;ein &#x017F;chatz/ &#x017F;ein liebes weib.</l><lb/>
            <l><hi rendition="#aq">F.</hi> Mich deucht/ es gucken &#x017F;chon die augen aus der bahre.</l><lb/>
            <l><hi rendition="#aq">M.</hi> Jtzund ver&#x017F;teh ichs er&#x017F;t/ i&#x017F;t er nicht lo&#x017F;er haare?</l><lb/>
            <l><hi rendition="#aq">F.</hi> Nun &#x017F;ol ich lo&#x017F;e &#x017F;eyn/ und &#x017F;ie i&#x017F;t &#x017F;chuld daran.</l><lb/>
            <l><hi rendition="#aq">M.</hi> Er warte biß ich auch zut antwort kommen kan.</l><lb/>
            <l><hi rendition="#aq">F.</hi> Ach/ &#x017F;ie verliebe &#x017F;ich/ die antwort i&#x017F;t die be&#x017F;te.</l><lb/>
            <l><hi rendition="#aq">M.</hi> Jch hab ein eignes haus/ das herbergt keine ga&#x0364;&#x017F;te.</l><lb/>
            <l><hi rendition="#aq">F.</hi> Vor einen guten freund kan leicht ein pla&#x0364;tzgen &#x017F;eyn.</l><lb/>
            <l><hi rendition="#aq">M.</hi> Das pla&#x0364;tzgen nimt darnach die gantze wohnung ein.</l><lb/>
            <l><hi rendition="#aq">F.</hi> Die jungfer will al&#x017F;o mit ihrem diener &#x017F;chertzen.</l><lb/>
            <l><hi rendition="#aq">M.</hi> So war ich ehrlich bin/ das geht mir recht von hertzen.</l>
          </lg>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#c"><hi rendition="#aq">XII.</hi><lb/>
Die endliche Erkla&#x0364;rung.</hi> </head><lb/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l><hi rendition="#in">J</hi>Ch bin betru&#x0364;bt/</l><lb/>
              <l>Weil mich mein kind nicht wieder liebt/</l><lb/>
              <l>Denn die&#x017F;es feuer meiner pein</l><lb/>
              <l>Muß noch zur zeit verborgen &#x017F;eyn.</l><lb/>
              <l>Und die mir gefa&#x0364;llet/ die weiß es noch nicht/</l><lb/>
              <l>Und wenn &#x017F;ie es wu&#x0364;&#x017F;te/ &#x017F;o glaubte &#x017F;ie es nicht/</l><lb/>
              <l>Und wenn &#x017F;ie es glaubte/ &#x017F;o &#x017F;agte &#x017F;ie es nicht/</l><lb/>
              <l>Und wenn &#x017F;ie es &#x017F;agte/ &#x017F;o traut ich ihr nicht/</l><lb/>
              <l>Und wenn ich ihr traute/ &#x017F;o hu&#x0364;lffe michs nicht;</l><lb/>
              <l><hi rendition="#fr">D</hi>rum lieget mein hertze gefangen/ und &#x017F;pricht:</l><lb/>
              <l>Es i&#x017F;t um mich ge&#x017F;chehn/</l><lb/>
              <l>Jch bin zu lauter qual ver&#x017F;ehn.</l>
            </lg><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">2. Jch</fw><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[158/0174] Uberfluͤſſiger gedancken M. Jch ſorge nur fuͤr mich/ die andern moͤgen lauffen. F. Wer weiß/ wer noch zu erſt die tantz ſchuh machen laͤſt. M. Wenn ich geſtorben bin/ da iſt mein hochzeit-feſt. F. Wie bitter iſt der tod/ wie lieblich iſt das leben! M. Jch liebe meinen tod/ dem hab ich mich ergeben. F. Wie heiſt der liebe tod/ hat er nicht hoſen an? M. Jch dachte was mir waͤr/ faͤngt er nicht haͤndel an. F. Doch ſol der liebe tod/ bey ihr im ſarge liegen. M. Jch werde die geſtalt des todes ſelber kriegen. F. So nimmt ſie ihn in arm/ und wird mit ihm ein leib. M. Jch bin ſein ehgemal/ ſein ſchatz/ ſein liebes weib. F. Mich deucht/ es gucken ſchon die augen aus der bahre. M. Jtzund verſteh ichs erſt/ iſt er nicht loſer haare? F. Nun ſol ich loſe ſeyn/ und ſie iſt ſchuld daran. M. Er warte biß ich auch zut antwort kommen kan. F. Ach/ ſie verliebe ſich/ die antwort iſt die beſte. M. Jch hab ein eignes haus/ das herbergt keine gaͤſte. F. Vor einen guten freund kan leicht ein plaͤtzgen ſeyn. M. Das plaͤtzgen nimt darnach die gantze wohnung ein. F. Die jungfer will alſo mit ihrem diener ſchertzen. M. So war ich ehrlich bin/ das geht mir recht von hertzen. XII. Die endliche Erklaͤrung. JCh bin betruͤbt/ Weil mich mein kind nicht wieder liebt/ Denn dieſes feuer meiner pein Muß noch zur zeit verborgen ſeyn. Und die mir gefaͤllet/ die weiß es noch nicht/ Und wenn ſie es wuͤſte/ ſo glaubte ſie es nicht/ Und wenn ſie es glaubte/ ſo ſagte ſie es nicht/ Und wenn ſie es ſagte/ ſo traut ich ihr nicht/ Und wenn ich ihr traute/ ſo huͤlffe michs nicht; Drum lieget mein hertze gefangen/ und ſpricht: Es iſt um mich geſchehn/ Jch bin zu lauter qual verſehn. 2. Jch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Die für das DTA ausgewählte Ausgabe von 1701 vere… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/weise_jugend_1701
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/weise_jugend_1701/174
Zitationshilfe: Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701, S. 158. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_jugend_1701/174>, abgerufen am 11.05.2024.