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Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701.

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Will aus der liebes-taffel kratzen/
Der übersieht es doch
Und macht in das papier ein loch.

4. Auch wann es gut gerathen soll
So muß ein schandfleck bleiben/
Darauff man nicht so wohl
Die neue liebe kan beschreiben/
Dann dorte/ da und hier
Sticht noch die alte dinte für.
5. Man hat ja wohl einander lieb/
Doch muß man immer hören
Wie sie den ersten dieb
Jn ihren hertzen heimlich ehren/
Darneben trau'n sie nicht/
Und was man auch vor worte spricht.
6. Dieweil nun itzt das kleine kind
Die sauer-süssen sachen
Fein zeitlich lieb gewinnt/
So will ich mich an keine machen/
Damit werd ich allein
Kein unglückselger schreiber seyn.
VI.
An einen verliebten/ aber doch sehr hoffärtigen
lieder-dichter.
MEin freund/ was fluchst du auf die sterne/
Was klagst du ihr verhängniß an/
Als hätten sie dir aus der ferne
So grossen überlast gethan?
Ach bilde dir auf ihren schein
Doch nicht dergleichen händel ein.
2. Die sterne/ welche droben schimmern/
Sind warlich viel zu stoltz darzu/
Als daß sie sich darum bekümmern/
Was ich allhie auf erden thu:
Drum
A 5

Will aus der liebes-taffel kratzen/
Der uͤberſieht es doch
Und macht in das papier ein loch.

4. Auch wann es gut gerathen ſoll
So muß ein ſchandfleck bleiben/
Darauff man nicht ſo wohl
Die neue liebe kan beſchreiben/
Dann dorte/ da und hier
Sticht noch die alte dinte fuͤr.
5. Man hat ja wohl einander lieb/
Doch muß man immer hoͤren
Wie ſie den erſten dieb
Jn ihren hertzen heimlich ehren/
Darneben trau’n ſie nicht/
Und was man auch vor worte ſpricht.
6. Dieweil nun itzt das kleine kind
Die ſauer-ſuͤſſen ſachen
Fein zeitlich lieb gewinnt/
So will ich mich an keine machen/
Damit werd ich allein
Kein ungluͤckſelger ſchreiber ſeyn.
VI.
An einen verliebten/ aber doch ſehr hoffaͤrtigen
lieder-dichter.
MEin freund/ was fluchſt du auf die ſterne/
Was klagſt du ihr verhaͤngniß an/
Als haͤtten ſie dir aus der ferne
So groſſen uͤberlaſt gethan?
Ach bilde dir auf ihren ſchein
Doch nicht dergleichen haͤndel ein.
2. Die ſterne/ welche droben ſchimmern/
Sind warlich viel zu ſtoltz darzu/
Als daß ſie ſich darum bekuͤmmern/
Was ich allhie auf erden thu:
Drum
A 5
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[0025] Will aus der liebes-taffel kratzen/ Der uͤberſieht es doch Und macht in das papier ein loch. 4. Auch wann es gut gerathen ſoll So muß ein ſchandfleck bleiben/ Darauff man nicht ſo wohl Die neue liebe kan beſchreiben/ Dann dorte/ da und hier Sticht noch die alte dinte fuͤr. 5. Man hat ja wohl einander lieb/ Doch muß man immer hoͤren Wie ſie den erſten dieb Jn ihren hertzen heimlich ehren/ Darneben trau’n ſie nicht/ Und was man auch vor worte ſpricht. 6. Dieweil nun itzt das kleine kind Die ſauer-ſuͤſſen ſachen Fein zeitlich lieb gewinnt/ So will ich mich an keine machen/ Damit werd ich allein Kein ungluͤckſelger ſchreiber ſeyn. VI. An einen verliebten/ aber doch ſehr hoffaͤrtigen lieder-dichter. MEin freund/ was fluchſt du auf die ſterne/ Was klagſt du ihr verhaͤngniß an/ Als haͤtten ſie dir aus der ferne So groſſen uͤberlaſt gethan? Ach bilde dir auf ihren ſchein Doch nicht dergleichen haͤndel ein. 2. Die ſterne/ welche droben ſchimmern/ Sind warlich viel zu ſtoltz darzu/ Als daß ſie ſich darum bekuͤmmern/ Was ich allhie auf erden thu: Drum A 5

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Zitationshilfe: Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_jugend_1701/25>, abgerufen am 27.04.2024.