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Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701.

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drittes dutzent.
5. Jch darff dieselben nicht verachten/
Denn sonsten hieß es alsobald/
Daß wir es nirgend anders machten/
Und wären weder warm noch kalt:
Und gleichwohl wenn ich freundlich thu
So heists ich spreche ja darzu.
6. Jch darff ihr zwar die Hände drücken/
Die meinen aber drückt sie nicht/
Jch spiele mit verkehrten blicken/
Und sie behält ihr angesicht/
Mein fuß der stösst sie ungefehr/
Jedoch sie stösst nicht wieder her.
7. Den süssen purpur-mund zu küssen
Geht mir zu schwer und sauer ein/
Dieweil ich mich befürchten müssen
Es möcht ihr nicht belieblich seyn/
Wiewohl was hilfft ein kalter kuß/
Jndem man sonsten warten muß.
8. Jch schwatze viel von liebes-sachen
Wie es die leutgen in der welt
An dem und jenem orte machen/
Und alles was mir wohl gefällt/
Das macht mein höchst-verliebter mund
Jhr durch verblümte reden kund.
9. Jch kan sie aber nicht erwischen/
Sie schlägt die reden in den wind/
Jch muß in einem teiche fischen
Da keine fische drinnen sind/
So eilt die junge zeit dahin/
Daß ich stets aus mir selber bin.
10. Und also seh ich meine freude
Nur zwischen furcht und hoffnung stehn/
Und
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drittes dutzent.
5. Jch darff dieſelben nicht verachten/
Denn ſonſten hieß es alſobald/
Daß wir es nirgend anders machten/
Und waͤren weder warm noch kalt:
Und gleichwohl wenn ich freundlich thu
So heiſts ich ſpreche ja darzu.
6. Jch darff ihr zwar die Haͤnde druͤcken/
Die meinen aber druͤckt ſie nicht/
Jch ſpiele mit verkehrten blicken/
Und ſie behaͤlt ihr angeſicht/
Mein fuß der ſtoͤſſt ſie ungefehr/
Jedoch ſie ſtoͤſſt nicht wieder her.
7. Den ſuͤſſen purpur-mund zu kuͤſſen
Geht mir zu ſchwer und ſauer ein/
Dieweil ich mich befuͤrchten muͤſſen
Es moͤcht ihr nicht belieblich ſeyn/
Wiewohl was hilfft ein kalter kuß/
Jndem man ſonſten warten muß.
8. Jch ſchwatze viel von liebes-ſachen
Wie es die leutgen in der welt
An dem und jenem orte machen/
Und alles was mir wohl gefaͤllt/
Das macht mein hoͤchſt-verliebter mund
Jhr durch verbluͤmte reden kund.
9. Jch kan ſie aber nicht erwiſchen/
Sie ſchlaͤgt die reden in den wind/
Jch muß in einem teiche fiſchen
Da keine fiſche drinnen ſind/
So eilt die junge zeit dahin/
Daß ich ſtets aus mir ſelber bin.
10. Und alſo ſeh ich meine freude
Nur zwiſchen furcht und hoffnung ſtehn/
Und
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[37/0053] drittes dutzent. 5. Jch darff dieſelben nicht verachten/ Denn ſonſten hieß es alſobald/ Daß wir es nirgend anders machten/ Und waͤren weder warm noch kalt: Und gleichwohl wenn ich freundlich thu So heiſts ich ſpreche ja darzu. 6. Jch darff ihr zwar die Haͤnde druͤcken/ Die meinen aber druͤckt ſie nicht/ Jch ſpiele mit verkehrten blicken/ Und ſie behaͤlt ihr angeſicht/ Mein fuß der ſtoͤſſt ſie ungefehr/ Jedoch ſie ſtoͤſſt nicht wieder her. 7. Den ſuͤſſen purpur-mund zu kuͤſſen Geht mir zu ſchwer und ſauer ein/ Dieweil ich mich befuͤrchten muͤſſen Es moͤcht ihr nicht belieblich ſeyn/ Wiewohl was hilfft ein kalter kuß/ Jndem man ſonſten warten muß. 8. Jch ſchwatze viel von liebes-ſachen Wie es die leutgen in der welt An dem und jenem orte machen/ Und alles was mir wohl gefaͤllt/ Das macht mein hoͤchſt-verliebter mund Jhr durch verbluͤmte reden kund. 9. Jch kan ſie aber nicht erwiſchen/ Sie ſchlaͤgt die reden in den wind/ Jch muß in einem teiche fiſchen Da keine fiſche drinnen ſind/ So eilt die junge zeit dahin/ Daß ich ſtets aus mir ſelber bin. 10. Und alſo ſeh ich meine freude Nur zwiſchen furcht und hoffnung ſtehn/ Und C 3

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Zitationshilfe: Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_jugend_1701/53>, abgerufen am 13.05.2024.