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Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701.

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Der beschützten Unschuld
ist/ kan sie auch mit einsamen gedancken verehret wer-
den.
Her. Dieser einbildung solt Borgia bald abhelffen.
Leon. Eu. Durchl. vergeben mir gnädigst/ daß ich
in meiner traurigkeit schertze. Einer witwe wird ein
gantzes jahr zur trauer eingeräumet: Man vergönne
mir unverheyratheten witwe ein halbes jahr.
Her. Einen halben monat/ doch erwegt den vor-
schlag: Unsere gnade habt ihr völlig.
(Sie gehn ab)
Leon. Es sage doch kein mensch/ er sey am allerun-
glückseligsten: Alldieweil allzeit ein schmertz zurücke
bleibt/ dadurch sich das elend vermehren kan. Jch
wolte vor angst vergehn/ als Camillo mir die liebe auf-
kündigte. Nun falle ich viel tieffer in das unglück/ da
ich meinen ärgsten feind Borgia lieben sol/ wer weiß
was vor eine noth auf mich wartet/ wofern ich ietzund
zu ungedultig bin? doch diß sey mein schluß/ weil mich
Camillo seiner liebe unwürdig acht/ so wil ich im ge-
gentheil so hoffärtig seyn/ und alle menschen meiner
liebe unwürdig schätzen.
(Geht ab)


Vierdte Handlung.
(Der Schauplatz präsentirt einen wald.)
Camillo/ Simplicio.
Cam. Jch hab es beschlosse/ ich wil in den tod gehn.
Simpl. Und mein herr könte in Franckreich so
glückselig seyn.
Cam. Solches thäte ich/ wenn ich Simplicio wä-
re: Ach hastu zu Ferrara den Flavio nicht gesehn?
Simpl. Weder den Flavio noch die Leonore/ diß
sahe ich/ daß Borgia muste in grossen gnaden seyn.
Cam.
Der beſchuͤtzten Unſchuld
iſt/ kan ſie auch mit einſamen gedancken verehret wer-
den.
Her. Dieſer einbildung ſolt Borgia bald abhelffẽ.
Leon. Eu. Durchl. vergeben mir gnaͤdigſt/ daß ich
in meiner traurigkeit ſchertze. Einer witwe wird ein
gantzes jahr zur trauer eingeraͤumet: Man vergoͤnne
mir unverheyratheten witwe ein halbes jahr.
Her. Einen halben monat/ doch erwegt den vor-
ſchlag: Unſere gnade habt ihr voͤllig.
(Sie gehn ab)
Leon. Es ſage doch kein menſch/ er ſey am allerun-
gluͤckſeligſten: Alldieweil allzeit ein ſchmertz zuruͤcke
bleibt/ dadurch ſich das elend vermehren kan. Jch
wolte vor angſt vergehn/ als Camillo mir die liebe auf-
kuͤndigte. Nun falle ich viel tieffer in das ungluͤck/ da
ich meinen aͤrgſten feind Borgia lieben ſol/ wer weiß
was vor eine noth auf mich wartet/ wofern ich ietzund
zu ungedultig bin? doch diß ſey mein ſchluß/ weil mich
Camillo ſeiner liebe unwuͤrdig acht/ ſo wil ich im ge-
gentheil ſo hoffaͤrtig ſeyn/ und alle menſchen meiner
liebe unwuͤrdig ſchaͤtzen.
(Geht ab)


Vierdte Handlung.
(Der Schauplatz pꝛaͤſentirt einen wald.)
Camillo/ Simplicio.
Cam. Jch hab es beſchloſſe/ ich wil in den tod gehn.
Simpl. Und mein heꝛr koͤnte in Franckreich ſo
gluͤckſelig ſeyn.
Cam. Solches thaͤte ich/ wenn ich Simplicio waͤ-
re: Ach haſtu zu Ferrara den Flavio nicht geſehn?
Simpl. Weder den Flavio noch die Leonore/ diß
ſahe ich/ daß Borgia muſte in groſſen gnaden ſeyn.
Cam.
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[528/0544] Der beſchuͤtzten Unſchuld iſt/ kan ſie auch mit einſamen gedancken verehret wer- den. Her. Dieſer einbildung ſolt Borgia bald abhelffẽ. Leon. Eu. Durchl. vergeben mir gnaͤdigſt/ daß ich in meiner traurigkeit ſchertze. Einer witwe wird ein gantzes jahr zur trauer eingeraͤumet: Man vergoͤnne mir unverheyratheten witwe ein halbes jahr. Her. Einen halben monat/ doch erwegt den vor- ſchlag: Unſere gnade habt ihr voͤllig. (Sie gehn ab) Leon. Es ſage doch kein menſch/ er ſey am allerun- gluͤckſeligſten: Alldieweil allzeit ein ſchmertz zuruͤcke bleibt/ dadurch ſich das elend vermehren kan. Jch wolte vor angſt vergehn/ als Camillo mir die liebe auf- kuͤndigte. Nun falle ich viel tieffer in das ungluͤck/ da ich meinen aͤrgſten feind Borgia lieben ſol/ wer weiß was vor eine noth auf mich wartet/ wofern ich ietzund zu ungedultig bin? doch diß ſey mein ſchluß/ weil mich Camillo ſeiner liebe unwuͤrdig acht/ ſo wil ich im ge- gentheil ſo hoffaͤrtig ſeyn/ und alle menſchen meiner liebe unwuͤrdig ſchaͤtzen. (Geht ab) Vierdte Handlung. (Der Schauplatz pꝛaͤſentirt einen wald.) Camillo/ Simplicio. Cam. Jch hab es beſchloſſe/ ich wil in den tod gehn. Simpl. Und mein heꝛr koͤnte in Franckreich ſo gluͤckſelig ſeyn. Cam. Solches thaͤte ich/ wenn ich Simplicio waͤ- re: Ach haſtu zu Ferrara den Flavio nicht geſehn? Simpl. Weder den Flavio noch die Leonore/ diß ſahe ich/ daß Borgia muſte in groſſen gnaden ſeyn. Cam.

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Zitationshilfe: Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701, S. 528. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_jugend_1701/544>, abgerufen am 30.05.2024.