Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701.

Bild:
<< vorherige Seite
Vierdte Handlung.
Leon. Sophie führe mich/ ich kan das tigerthier
nicht anschauen.
Cam. Ach tugendhaffteste Leonore/ wie sol ich diß
verstehn. Gönnet sie mir die augen nicht?
Leon. Sage ich nicht du solst dich weg packen. Du
meyneidiger/ du gewissensloser/ du verfluchter/ verma-
ledeyter tyrann.
Cam. Womit hat Camillo diesen wilkommen ver-
dient.
Leon. Komm her du bluthund/ | und durchbohre
diese brust. Jch weiß doch wohl daß dich nach meinem
blute dürstet/ und daß deine furien nicht eher ruhen/ als
biß du mein hertze verschlungen hast. Komm her du
wolff und verrichte dein ampt/ wilstu dich vor einen
blöden schaffe entsetzen. Siehe hier ist der raub/ da
sich deine grimmige und verzweiffelte natur sättigen
kan.
Cam. Ach Leonore!
Leon. Was stehstu hier/ sol ich mich mit deinem an-
schauen qvälen/ oder wilstu mir dieses wieder abfodern?
(Sie wirfft ihm sein bildnüß vor die
füsse und geht ab.)
Cam. Du hast überwunden Borgia. Du hast
den Camillo an einem orte verletzet/ da er eine tödliche
empfindlichkeit hat. Leonore hat ihm daß leben abge-
sprochen/ nun begehrt er nicht zu leben. Ach ist es nicht
gnung/ daß mir von Banditen nachgestellet wird? muß
sich auch die schönste von der welt gegen mich waffnen
lassen? bin ich darum von den mördern verschonet wor-
den/ daß mein tod durch diese neue art der grausamkeit
schmertzlicher würde. Ach Vastardo wie unbarmher-
tzig bin ich gegen mich selbst gewesen/ daß ich deine ku-
gel
L l 5
Vierdte Handlung.
Leon. Sophie fuͤhre mich/ ich kan das tigerthier
nicht anſchauen.
Cam. Ach tugendhaffteſte Leonore/ wie ſol ich diß
verſtehn. Goͤnnet ſie mir die augen nicht?
Leon. Sage ich nicht du ſolſt dich weg packen. Du
meyneidiger/ du gewiſſensloſer/ du verfluchter/ verma-
ledeyter tyrann.
Cam. Womit hat Camillo dieſen wilkommen ver-
dient.
Leon. Komm her du bluthund/ | und durchbohre
dieſe bruſt. Jch weiß doch wohl daß dich nach meinem
blute duͤrſtet/ und daß deine furien nicht eher ruhen/ als
biß du mein hertze verſchlungen haſt. Komm her du
wolff und verrichte dein ampt/ wilſtu dich vor einen
bloͤden ſchaffe entſetzen. Siehe hier iſt der raub/ da
ſich deine grimmige und verzweiffelte natur ſaͤttigen
kan.
Cam. Ach Leonore!
Leon. Was ſtehſtu hier/ ſol ich mich mit deinem an-
ſchauẽ qvaͤlen/ oder wilſtu mir dieſes wieder abfodern?
(Sie wiꝛfft ihm ſein bildnuͤß voꝛ die
fuͤſſe und geht ab.)
Cam. Du haſt uͤberwunden Borgia. Du haſt
den Camillo an einem orte verletzet/ da er eine toͤdliche
empfindlichkeit hat. Leonore hat ihm daß leben abge-
ſprochen/ nun begehrt er nicht zu leben. Ach iſt es nicht
gnung/ daß mir von Banditen nachgeſtellet wird? muß
ſich auch die ſchoͤnſte von der welt gegen mich waffnen
laſſen? bin ich darum von den moͤꝛdern veꝛſchonet wor-
den/ daß mein tod durch dieſe neue art der grauſamkeit
ſchmertzlicher wuͤrde. Ach Vaſtardo wie unbarmher-
tzig bin ich gegen mich ſelbſt geweſen/ daß ich deine ku-
gel
L l 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0553" n="537"/>
          <fw place="top" type="header">Vierdte Handlung.</fw><lb/>
          <sp>
            <speaker>Leon.</speaker>
            <p>Sophie fu&#x0364;hre mich/ ich kan das tigerthier<lb/>
nicht an&#x017F;chauen.</p>
          </sp><lb/>
          <sp>
            <speaker>Cam.</speaker>
            <p>Ach tugendhaffte&#x017F;te Leonore/ wie &#x017F;ol ich diß<lb/>
ver&#x017F;tehn. Go&#x0364;nnet &#x017F;ie mir die augen nicht?</p>
          </sp><lb/>
          <sp>
            <speaker>Leon.</speaker>
            <p>Sage ich nicht du &#x017F;ol&#x017F;t dich weg packen. <hi rendition="#fr">D</hi>u<lb/>
meyneidiger/ du gewi&#x017F;&#x017F;enslo&#x017F;er/ du verfluchter/ verma-<lb/>
ledeyter tyrann.</p>
          </sp><lb/>
          <sp>
            <speaker>Cam.</speaker>
            <p>Womit hat Camillo die&#x017F;en wilkommen ver-<lb/>
dient.</p>
          </sp><lb/>
          <sp>
            <speaker>Leon.</speaker>
            <p>Komm her du bluthund/ | und durchbohre<lb/>
die&#x017F;e bru&#x017F;t. Jch weiß doch wohl daß dich nach meinem<lb/>
blute du&#x0364;r&#x017F;tet/ und daß deine furien nicht eher ruhen/ als<lb/>
biß du mein hertze ver&#x017F;chlungen ha&#x017F;t. Komm her du<lb/>
wolff und verrichte dein ampt/ wil&#x017F;tu dich vor einen<lb/>
blo&#x0364;den &#x017F;chaffe ent&#x017F;etzen. Siehe hier i&#x017F;t der raub/ da<lb/>
&#x017F;ich deine grimmige und verzweiffelte natur &#x017F;a&#x0364;ttigen<lb/>
kan.</p>
          </sp><lb/>
          <sp>
            <speaker>Cam.</speaker>
            <p>Ach Leonore!</p>
          </sp><lb/>
          <sp>
            <speaker>Leon.</speaker>
            <p>Was &#x017F;teh&#x017F;tu hier/ &#x017F;ol ich mich mit deinem an-<lb/>
&#x017F;chaue&#x0303; qva&#x0364;len/ oder wil&#x017F;tu mir die&#x017F;es wieder abfodern?</p>
          </sp><lb/>
          <stage> <hi rendition="#c">(Sie wi&#xA75B;fft ihm &#x017F;ein bildnu&#x0364;ß vo&#xA75B; die<lb/>
fu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e und geht ab.)</hi> </stage><lb/>
          <sp>
            <speaker>Cam.</speaker>
            <p>Du ha&#x017F;t u&#x0364;berwunden Borgia. <hi rendition="#fr">D</hi>u ha&#x017F;t<lb/>
den Camillo an einem orte verletzet/ da er eine to&#x0364;dliche<lb/>
empfindlichkeit hat. Leonore hat ihm daß leben abge-<lb/>
&#x017F;prochen/ nun begehrt er nicht zu leben. Ach i&#x017F;t es nicht<lb/>
gnung/ daß mir von Banditen nachge&#x017F;tellet wird? muß<lb/>
&#x017F;ich auch die &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;te von der welt gegen mich waffnen<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en? bin ich darum von den mo&#x0364;&#xA75B;dern ve&#xA75B;&#x017F;chonet wor-<lb/>
den/ daß mein tod durch die&#x017F;e neue art der grau&#x017F;amkeit<lb/>
&#x017F;chmertzlicher wu&#x0364;rde. Ach Va&#x017F;tardo wie unbarmher-<lb/>
tzig bin ich gegen mich &#x017F;elb&#x017F;t gewe&#x017F;en/ daß ich deine ku-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">L l 5</fw><fw place="bottom" type="catch">gel</fw><lb/></p>
          </sp>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[537/0553] Vierdte Handlung. Leon. Sophie fuͤhre mich/ ich kan das tigerthier nicht anſchauen. Cam. Ach tugendhaffteſte Leonore/ wie ſol ich diß verſtehn. Goͤnnet ſie mir die augen nicht? Leon. Sage ich nicht du ſolſt dich weg packen. Du meyneidiger/ du gewiſſensloſer/ du verfluchter/ verma- ledeyter tyrann. Cam. Womit hat Camillo dieſen wilkommen ver- dient. Leon. Komm her du bluthund/ | und durchbohre dieſe bruſt. Jch weiß doch wohl daß dich nach meinem blute duͤrſtet/ und daß deine furien nicht eher ruhen/ als biß du mein hertze verſchlungen haſt. Komm her du wolff und verrichte dein ampt/ wilſtu dich vor einen bloͤden ſchaffe entſetzen. Siehe hier iſt der raub/ da ſich deine grimmige und verzweiffelte natur ſaͤttigen kan. Cam. Ach Leonore! Leon. Was ſtehſtu hier/ ſol ich mich mit deinem an- ſchauẽ qvaͤlen/ oder wilſtu mir dieſes wieder abfodern? (Sie wiꝛfft ihm ſein bildnuͤß voꝛ die fuͤſſe und geht ab.) Cam. Du haſt uͤberwunden Borgia. Du haſt den Camillo an einem orte verletzet/ da er eine toͤdliche empfindlichkeit hat. Leonore hat ihm daß leben abge- ſprochen/ nun begehrt er nicht zu leben. Ach iſt es nicht gnung/ daß mir von Banditen nachgeſtellet wird? muß ſich auch die ſchoͤnſte von der welt gegen mich waffnen laſſen? bin ich darum von den moͤꝛdern veꝛſchonet wor- den/ daß mein tod durch dieſe neue art der grauſamkeit ſchmertzlicher wuͤrde. Ach Vaſtardo wie unbarmher- tzig bin ich gegen mich ſelbſt geweſen/ daß ich deine ku- gel L l 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Die für das DTA ausgewählte Ausgabe von 1701 vere… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/weise_jugend_1701
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/weise_jugend_1701/553
Zitationshilfe: Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701, S. 537. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_jugend_1701/553>, abgerufen am 23.05.2024.