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Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701.

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Uberflüssiger gedancken
Darauff ich mich beflissen/
So sag ichs ohne scheu/
Und spreche die beschaffenheit
Der leib ist furcht und blödigkeit.

3. Sonst pfleg ich zwar zu schertzen
Jn allem was ich thu;
Doch meine furcht im hertzen
Lässt ihr gar wenig zu:
Denn dieser scrupel fällt mir ein/
Das mädgen möchte böse seyn.
4. Und daß ich alles sage/
Was mir beschwerlich ist:
Jch habe sie mein tage
Nie auff den mund geküst/
Und gleichwol hab ich tag und nacht
An die corallen-lust gedacht.
5. Gelegenheit macht diebe/
Nur ich versteh es nicht/
Und wenn mir gleich die liebe
Manchmal die bahne bricht/
So bin ich doch so wunderlich
Jch armes kind/ und fürchte mich.
6. Sonst kan ich fleissig tippen
Wann ich bey andern bin/
Da geb ich meine lippen
Jn die rapuse hin/
Denn werd ich gleich was ausgericht
So sterb ich doch von drauen nicht.
7. Kan ich was mit bekommen/
So weiß ich was ich thu/
Und wird mirs auch genommen
So schnipp ich eins darzu/
Wer

Uberfluͤſſiger gedancken
Darauff ich mich befliſſen/
So ſag ichs ohne ſcheu/
Und ſpreche die beſchaffenheit
Der leib iſt furcht und bloͤdigkeit.

3. Sonſt pfleg ich zwar zu ſchertzen
Jn allem was ich thu;
Doch meine furcht im hertzen
Laͤſſt ihr gar wenig zu:
Denn dieſer ſcrupel faͤllt mir ein/
Das maͤdgen moͤchte boͤſe ſeyn.
4. Und daß ich alles ſage/
Was mir beſchwerlich iſt:
Jch habe ſie mein tage
Nie auff den mund gekuͤſt/
Und gleichwol hab ich tag und nacht
An die corallen-luſt gedacht.
5. Gelegenheit macht diebe/
Nur ich verſteh es nicht/
Und wenn mir gleich die liebe
Manchmal die bahne bricht/
So bin ich doch ſo wunderlich
Jch armes kind/ und fuͤrchte mich.
6. Sonſt kan ich fleiſſig tippen
Wann ich bey andern bin/
Da geb ich meine lippen
Jn die rapuſe hin/
Denn werd ich gleich was ausgericht
So ſterb ich doch von drauen nicht.
7. Kan ich was mit bekommen/
So weiß ich was ich thu/
Und wird mirs auch genommen
So ſchnipp ich eins darzu/
Wer
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[40/0056] Uberfluͤſſiger gedancken Darauff ich mich befliſſen/ So ſag ichs ohne ſcheu/ Und ſpreche die beſchaffenheit Der leib iſt furcht und bloͤdigkeit. 3. Sonſt pfleg ich zwar zu ſchertzen Jn allem was ich thu; Doch meine furcht im hertzen Laͤſſt ihr gar wenig zu: Denn dieſer ſcrupel faͤllt mir ein/ Das maͤdgen moͤchte boͤſe ſeyn. 4. Und daß ich alles ſage/ Was mir beſchwerlich iſt: Jch habe ſie mein tage Nie auff den mund gekuͤſt/ Und gleichwol hab ich tag und nacht An die corallen-luſt gedacht. 5. Gelegenheit macht diebe/ Nur ich verſteh es nicht/ Und wenn mir gleich die liebe Manchmal die bahne bricht/ So bin ich doch ſo wunderlich Jch armes kind/ und fuͤrchte mich. 6. Sonſt kan ich fleiſſig tippen Wann ich bey andern bin/ Da geb ich meine lippen Jn die rapuſe hin/ Denn werd ich gleich was ausgericht So ſterb ich doch von drauen nicht. 7. Kan ich was mit bekommen/ So weiß ich was ich thu/ Und wird mirs auch genommen So ſchnipp ich eins darzu/ Wer

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Zitationshilfe: Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_jugend_1701/56>, abgerufen am 13.05.2024.