Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701.

Bild:
<< vorherige Seite
Der beschützten Unschuld
Fläv. Aber wie wird sich der arme Flavio ent-
schuldigen?
Cam. (umfängt ihn) Liebster hertzens-freund/
es ist keiner entschuldigung von nöthen/ ihr seyd viel-
mehr durch einfalt und leichtglaubigkeit verführet/ als
durch haß und boßheit angereitzet worden; Drum sey
unser gnädigster Herr zeuge/ daß aller widerwillen auf-
gehoben/ und hingegen die offt bestätigte freundschafft
auf das neue bekräfftiget wird.
Flav. Jch erkenne das tugendhaffte gemüthe/ wel-
ches ich ewig ehren werde.
Herc. Doch wo ist Leonore? war sie nicht zugegen?
Flav. Sie hat sich vielleicht in die einsamkeit reti-
rirt/ weil die schamhafftigkeit schwerlich zugeben wür-
de/ ihre gemüths-empfindungen öffentlich heraus zu
lassen.
Herc. So mag sich Camillo allein mit ihr vertra-
gen/ unser fürstliches wort soll ihm zur bestätigung un-
versaget seyn.
Cam. Ju solcher gnade wird die fülle meiner glück-
seligkeit beruhen.
Herc. Doch wie werden die verbrecher abgestrafft?
Cam. Meine freudens-bewegung lässet mich an
keine rache dencken.
Flav. Eu. Fürstl. Durchl. sind am höchsten belei-
diget/ deroselben steht auch der entschluß anheim.
Her. Wolan/ höret euer urtheil: Borgia/ ob er
gleich etwas höhers verdienet hätte/ soll 5 jahr lang auf
die galeen geschmiedet werden. Bastardo soll 5 jahr
auff derselben galee als ein freywilliger soldat wider
den Türcken dienen. Poncinello sey dem Camillo zu
willkührlicher straffe verehret.
(Bor-
Der beſchuͤtzten Unſchuld
Flaͤv. Aber wie wird ſich der arme Flavio ent-
ſchuldigen?
Cam. (umfaͤngt ihn) Liebſter hertzens-freund/
es iſt keiner entſchuldigung von noͤthen/ ihr ſeyd viel-
mehr durch einfalt und leichtglaubigkeit verfuͤhret/ als
durch haß und boßheit angereitzet worden; Drum ſey
unſer gnaͤdigſter Herr zeuge/ daß aller widerwillen auf-
gehoben/ und hingegen die offt beſtaͤtigte freundſchafft
auf das neue bekraͤfftiget wird.
Flav. Jch erkenne das tugendhaffte gemuͤthe/ wel-
ches ich ewig ehren werde.
Herc. Doch wo iſt Leonore? war ſie nicht zugegen?
Flav. Sie hat ſich vielleicht in die einſamkeit reti-
rirt/ weil die ſchamhafftigkeit ſchwerlich zugeben wuͤr-
de/ ihre gemuͤths-empfindungen oͤffentlich heraus zu
laſſen.
Herc. So mag ſich Camillo allein mit ihr vertra-
gen/ unſer fuͤrſtliches wort ſoll ihm zur beſtaͤtigung un-
verſaget ſeyn.
Cam. Ju ſolcher gnade wird die fuͤlle meiner gluͤck-
ſeligkeit beruhen.
Herc. Doch wie werden die verbrecher abgeſtrafft?
Cam. Meine freudens-bewegung laͤſſet mich an
keine rache dencken.
Flav. Eu. Fuͤrſtl. Durchl. ſind am hoͤchſten belei-
diget/ deroſelben ſteht auch der entſchluß anheim.
Her. Wolan/ hoͤret euer urtheil: Borgia/ ob er
gleich etwas hoͤhers verdienet haͤtte/ ſoll 5 jahr lang auf
die galeen geſchmiedet werden. Baſtardo ſoll 5 jahr
auff derſelben galee als ein freywilliger ſoldat wider
den Tuͤrcken dienen. Poncinello ſey dem Camillo zu
willkuͤhrlicher ſtraffe verehret.
(Bor-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0580" n="564"/>
          <fw place="top" type="header">Der be&#x017F;chu&#x0364;tzten Un&#x017F;chuld</fw><lb/>
          <sp>
            <speaker>Fla&#x0364;v.</speaker>
            <p>Aber wie wird &#x017F;ich der arme Flavio ent-<lb/>
&#x017F;chuldigen?</p>
          </sp><lb/>
          <sp>
            <speaker>Cam.</speaker>
            <stage>(umfa&#x0364;ngt ihn)</stage>
            <p>Lieb&#x017F;ter hertzens-freund/<lb/>
es i&#x017F;t keiner ent&#x017F;chuldigung von no&#x0364;then/ ihr &#x017F;eyd viel-<lb/>
mehr durch einfalt und leichtglaubigkeit verfu&#x0364;hret/ als<lb/>
durch haß und boßheit angereitzet worden; Drum &#x017F;ey<lb/>
un&#x017F;er gna&#x0364;dig&#x017F;ter Herr zeuge/ daß aller widerwillen auf-<lb/>
gehoben/ und hingegen die offt be&#x017F;ta&#x0364;tigte freund&#x017F;chafft<lb/>
auf das neue bekra&#x0364;fftiget wird.</p>
          </sp><lb/>
          <sp>
            <speaker>Flav.</speaker>
            <p>Jch erkenne das tugendhaffte gemu&#x0364;the/ wel-<lb/>
ches ich ewig ehren werde.</p>
          </sp><lb/>
          <sp>
            <speaker>Herc.</speaker>
            <p>Doch wo i&#x017F;t Leonore? war &#x017F;ie nicht zugegen?</p>
          </sp><lb/>
          <sp>
            <speaker>Flav.</speaker>
            <p>Sie hat &#x017F;ich vielleicht in die ein&#x017F;amkeit reti-<lb/>
rirt/ weil die &#x017F;chamhafftigkeit &#x017F;chwerlich zugeben wu&#x0364;r-<lb/>
de/ ihre gemu&#x0364;ths-empfindungen o&#x0364;ffentlich heraus zu<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en.</p>
          </sp><lb/>
          <sp>
            <speaker>Herc.</speaker>
            <p>So mag &#x017F;ich Camillo allein mit ihr vertra-<lb/>
gen/ un&#x017F;er fu&#x0364;r&#x017F;tliches wort &#x017F;oll ihm zur be&#x017F;ta&#x0364;tigung un-<lb/>
ver&#x017F;aget &#x017F;eyn.</p>
          </sp><lb/>
          <sp>
            <speaker>Cam.</speaker>
            <p>Ju &#x017F;olcher gnade wird die fu&#x0364;lle meiner glu&#x0364;ck-<lb/>
&#x017F;eligkeit beruhen.</p>
          </sp><lb/>
          <sp>
            <speaker>Herc.</speaker>
            <p>Doch wie werden die verbrecher abge&#x017F;trafft?</p>
          </sp><lb/>
          <sp>
            <speaker>Cam.</speaker>
            <p>Meine freudens-bewegung la&#x0364;&#x017F;&#x017F;et mich an<lb/>
keine rache dencken.</p>
          </sp><lb/>
          <sp>
            <speaker>Flav.</speaker>
            <p>Eu. Fu&#x0364;r&#x017F;tl. Durchl. &#x017F;ind am ho&#x0364;ch&#x017F;ten belei-<lb/>
diget/ dero&#x017F;elben &#x017F;teht auch der ent&#x017F;chluß anheim.</p>
          </sp><lb/>
          <sp>
            <speaker>Her.</speaker>
            <p>Wolan/ ho&#x0364;ret euer urtheil: Borgia/ ob er<lb/>
gleich etwas ho&#x0364;hers verdienet ha&#x0364;tte/ &#x017F;oll 5 jahr lang auf<lb/>
die galeen ge&#x017F;chmiedet werden. Ba&#x017F;tardo &#x017F;oll 5 jahr<lb/>
auff der&#x017F;elben galee als ein freywilliger &#x017F;oldat wider<lb/>
den Tu&#x0364;rcken dienen. Poncinello &#x017F;ey dem Camillo zu<lb/>
willku&#x0364;hrlicher &#x017F;traffe verehret.</p>
          </sp><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">(Bor-</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[564/0580] Der beſchuͤtzten Unſchuld Flaͤv. Aber wie wird ſich der arme Flavio ent- ſchuldigen? Cam. (umfaͤngt ihn) Liebſter hertzens-freund/ es iſt keiner entſchuldigung von noͤthen/ ihr ſeyd viel- mehr durch einfalt und leichtglaubigkeit verfuͤhret/ als durch haß und boßheit angereitzet worden; Drum ſey unſer gnaͤdigſter Herr zeuge/ daß aller widerwillen auf- gehoben/ und hingegen die offt beſtaͤtigte freundſchafft auf das neue bekraͤfftiget wird. Flav. Jch erkenne das tugendhaffte gemuͤthe/ wel- ches ich ewig ehren werde. Herc. Doch wo iſt Leonore? war ſie nicht zugegen? Flav. Sie hat ſich vielleicht in die einſamkeit reti- rirt/ weil die ſchamhafftigkeit ſchwerlich zugeben wuͤr- de/ ihre gemuͤths-empfindungen oͤffentlich heraus zu laſſen. Herc. So mag ſich Camillo allein mit ihr vertra- gen/ unſer fuͤrſtliches wort ſoll ihm zur beſtaͤtigung un- verſaget ſeyn. Cam. Ju ſolcher gnade wird die fuͤlle meiner gluͤck- ſeligkeit beruhen. Herc. Doch wie werden die verbrecher abgeſtrafft? Cam. Meine freudens-bewegung laͤſſet mich an keine rache dencken. Flav. Eu. Fuͤrſtl. Durchl. ſind am hoͤchſten belei- diget/ deroſelben ſteht auch der entſchluß anheim. Her. Wolan/ hoͤret euer urtheil: Borgia/ ob er gleich etwas hoͤhers verdienet haͤtte/ ſoll 5 jahr lang auf die galeen geſchmiedet werden. Baſtardo ſoll 5 jahr auff derſelben galee als ein freywilliger ſoldat wider den Tuͤrcken dienen. Poncinello ſey dem Camillo zu willkuͤhrlicher ſtraffe verehret. (Bor-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Die für das DTA ausgewählte Ausgabe von 1701 vere… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/weise_jugend_1701
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/weise_jugend_1701/580
Zitationshilfe: Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701, S. 564. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_jugend_1701/580>, abgerufen am 28.05.2024.