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Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701.

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Vierdte Handlung.
Hel. Mein herr/ ich weiß nicht/ womit ich dergleichen
ehr-bezeigung verdienet habe.
Phil. Jhre tugend ist so groß/ daß alle meine dienste
viel zu wenig sind/ ihr nach würden auffzuwarten.
Hel. Jch bin mir selber am besten bekandt/ und nehme
also die worte an/ als eine höhnische erinnerung meiner
unvollkommenheit.
Phil. Es ist ihre unvergleichliche bescheidenheit/ also
zu schertzen.
Hel. Er hat allhier zu gebiehten/ ich muß ihn reden
lassen.
Phil. Hierdurch befiehlt sie mir von den complimen-
ten abzubrechen.
Hel. Und dieses war eine complimente/ sie könte nicht
grösser seyn.
Phil. Schönste Heliconie/ wer complimentirt/ der
ist falsch.
Hel. Wäre ich nicht an einem orte/ da ich seiner wohl-
that leben müste/ so wolte ich antworten.
Phil. Es sind keine Wohlthaten/ es sind auffwar-
tungen/ welche wir nicht umgehen können.
Hel. Er hat lust mich zu beschämen.
Phil. Damit ich aus dem verdacht komme/ so will
ich einen andern discurs anfangen/
(er fasset sie bey der
hand)
schönste Heliconie/ ist ihr die reise nicht beschwer-
lich worden?
Hel. Jch bin so zärtlich nicht erzogen/ daß ich mich
eine trübe lufft oder ein bißgen staub dürffte ansechten
lassen.
Phil. Aber wie befand sich ihre frau mutter?
Hel. Sie befand sich wohl genung/ wolte GOtt sie
hätte ein mütterlich hertz gegen mich getragen.
Phil.
T t
Vierdte Handlung.
Hel. Mein herr/ ich weiß nicht/ womit ich dergleichen
ehr-bezeigung verdienet habe.
Phil. Jhre tugend iſt ſo groß/ daß alle meine dienſte
viel zu wenig ſind/ ihr nach wuͤrden auffzuwarten.
Hel. Jch bin mir ſelber am beſten bekandt/ und nehme
alſo die worte an/ als eine hoͤhniſche erinnerung meiner
unvollkommenheit.
Phil. Es iſt ihre unvergleichliche beſcheidenheit/ alſo
zu ſchertzen.
Hel. Er hat allhier zu gebiehten/ ich muß ihn reden
laſſen.
Phil. Hierdurch befiehlt ſie mir von den complimen-
ten abzubrechen.
Hel. Und dieſes war eine complimente/ ſie koͤnte nicht
groͤſſer ſeyn.
Phil. Schoͤnſte Heliconie/ wer complimentirt/ der
iſt falſch.
Hel. Waͤre ich nicht an einem orte/ da ich ſeiner wohl-
that leben muͤſte/ ſo wolte ich antworten.
Phil. Es ſind keine Wohlthaten/ es ſind auffwar-
tungen/ welche wir nicht umgehen koͤnnen.
Hel. Er hat luſt mich zu beſchaͤmen.
Phil. Damit ich aus dem verdacht komme/ ſo will
ich einen andern diſcurs anfangen/
(er faſſet ſie bey der
hand)
ſchoͤnſte Heliconie/ iſt ihr die reiſe nicht beſchwer-
lich worden?
Hel. Jch bin ſo zaͤrtlich nicht erzogen/ daß ich mich
eine truͤbe lufft oder ein bißgen ſtaub duͤrffte anſechten
laſſen.
Phil. Aber wie befand ſich ihre frau mutter?
Hel. Sie befand ſich wohl genung/ wolte GOtt ſie
haͤtte ein muͤtterlich hertz gegen mich getragen.
Phil.
T t
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[657/0673] Vierdte Handlung. Hel. Mein herr/ ich weiß nicht/ womit ich dergleichen ehr-bezeigung verdienet habe. Phil. Jhre tugend iſt ſo groß/ daß alle meine dienſte viel zu wenig ſind/ ihr nach wuͤrden auffzuwarten. Hel. Jch bin mir ſelber am beſten bekandt/ und nehme alſo die worte an/ als eine hoͤhniſche erinnerung meiner unvollkommenheit. Phil. Es iſt ihre unvergleichliche beſcheidenheit/ alſo zu ſchertzen. Hel. Er hat allhier zu gebiehten/ ich muß ihn reden laſſen. Phil. Hierdurch befiehlt ſie mir von den complimen- ten abzubrechen. Hel. Und dieſes war eine complimente/ ſie koͤnte nicht groͤſſer ſeyn. Phil. Schoͤnſte Heliconie/ wer complimentirt/ der iſt falſch. Hel. Waͤre ich nicht an einem orte/ da ich ſeiner wohl- that leben muͤſte/ ſo wolte ich antworten. Phil. Es ſind keine Wohlthaten/ es ſind auffwar- tungen/ welche wir nicht umgehen koͤnnen. Hel. Er hat luſt mich zu beſchaͤmen. Phil. Damit ich aus dem verdacht komme/ ſo will ich einen andern diſcurs anfangen/ (er faſſet ſie bey der hand) ſchoͤnſte Heliconie/ iſt ihr die reiſe nicht beſchwer- lich worden? Hel. Jch bin ſo zaͤrtlich nicht erzogen/ daß ich mich eine truͤbe lufft oder ein bißgen ſtaub duͤrffte anſechten laſſen. Phil. Aber wie befand ſich ihre frau mutter? Hel. Sie befand ſich wohl genung/ wolte GOtt ſie haͤtte ein muͤtterlich hertz gegen mich getragen. Phil. T t

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Zitationshilfe: Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701, S. 657. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_jugend_1701/673>, abgerufen am 31.05.2024.