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Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701.

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heissen solche gedancken/ die man bey müßigen
nebenstunden als einen zuläßigen zeitvertreib
zu führen pflegt. Denn weil man krafft sei-
nes obliegenden amts an dergleichen neben-
werck nicht gebunden ist/ und ein ander bey
seinen verrichtungen eben so weit kommt/ der
sich solcher gedancken äussert; Als geschicht es
nur zum überfluß/ und gleichsam zur zugabe/
wie bißweilen ein gastwirth seinen gästen oh-
ne noth aus einer überflüßigen liberalität et-
liche kannen wein frey paßiren lässet. Parer-
gon
heisset nicht ein böses werck/ sondern ein
werck/ welches zum überfluß neben der or-
dentlichen arbeit getrieben wird. Und wo wür-
den die Autores Horarum Subsecivarum, Dierum
Canicularium, Dierum Genialium,
und andere/
welche ihre arbeit Otium genennet/ zu rechte
kommen/ wenn man nichts überflüßiges vor-
nehmen dürffte. Gellius wäre mit seinen No-
ctibus Atticis
längst unter die wercke der fin-
sterniß gezehlet/ und in den Indicem librorum
prohibitorum
gesetzet worden.

Nun wird zwar iemand einwenden/ der
gedachten scribenten überfluß wäre gleichwol
der welt etwas nützer gewesen/ als wenn etli-
che abgeschmackte lieder/ nicht anders als aus
einer klingenden schelle/ ausgelassen würden.
Doch der unterscheid bestehet hierinnen/ daß
jene des männlichen alters/ diese aber der grü-
nen jugend überflüßige gedancken sind: Und

wie

heiſſen ſolche gedancken/ die man bey muͤßigen
nebenſtunden als einen zulaͤßigen zeitvertreib
zu fuͤhren pflegt. Denn weil man krafft ſei-
nes obliegenden amts an dergleichen neben-
werck nicht gebunden iſt/ und ein ander bey
ſeinen verrichtungen eben ſo weit kommt/ der
ſich ſolcher gedancken aͤuſſert; Als geſchicht es
nur zum uͤberfluß/ und gleichſam zur zugabe/
wie bißweilen ein gaſtwirth ſeinen gaͤſten oh-
ne noth aus einer uͤberfluͤßigen liberalitaͤt et-
liche kannen wein frey paßiren laͤſſet. Parer-
gon
heiſſet nicht ein boͤſes werck/ ſondern ein
werck/ welches zum uͤberfluß neben der or-
dentlichen arbeit getrieben wird. Uñ wo wuͤr-
den die Autores Horarum Subſecivarum, Dierum
Canicularium, Dierum Genialium,
und andere/
welche ihre arbeit Otium genennet/ zu rechte
kommen/ wenn man nichts uͤberfluͤßiges vor-
nehmen duͤrffte. Gellius waͤre mit ſeinen No-
ctibus Atticis
laͤngſt unter die wercke der fin-
ſterniß gezehlet/ und in den Indicem librorum
prohibitorum
geſetzet worden.

Nun wird zwar iemand einwenden/ der
gedachten ſcribenten uͤberfluß waͤre gleichwol
der welt etwas nuͤtzer geweſen/ als wenn etli-
che abgeſchmackte lieder/ nicht anders als aus
einer klingenden ſchelle/ ausgelaſſen wuͤrden.
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[0008] heiſſen ſolche gedancken/ die man bey muͤßigen nebenſtunden als einen zulaͤßigen zeitvertreib zu fuͤhren pflegt. Denn weil man krafft ſei- nes obliegenden amts an dergleichen neben- werck nicht gebunden iſt/ und ein ander bey ſeinen verrichtungen eben ſo weit kommt/ der ſich ſolcher gedancken aͤuſſert; Als geſchicht es nur zum uͤberfluß/ und gleichſam zur zugabe/ wie bißweilen ein gaſtwirth ſeinen gaͤſten oh- ne noth aus einer uͤberfluͤßigen liberalitaͤt et- liche kannen wein frey paßiren laͤſſet. Parer- gon heiſſet nicht ein boͤſes werck/ ſondern ein werck/ welches zum uͤberfluß neben der or- dentlichen arbeit getrieben wird. Uñ wo wuͤr- den die Autores Horarum Subſecivarum, Dierum Canicularium, Dierum Genialium, und andere/ welche ihre arbeit Otium genennet/ zu rechte kommen/ wenn man nichts uͤberfluͤßiges vor- nehmen duͤrffte. Gellius waͤre mit ſeinen No- ctibus Atticis laͤngſt unter die wercke der fin- ſterniß gezehlet/ und in den Indicem librorum prohibitorum geſetzet worden. Nun wird zwar iemand einwenden/ der gedachten ſcribenten uͤberfluß waͤre gleichwol der welt etwas nuͤtzer geweſen/ als wenn etli- che abgeſchmackte lieder/ nicht anders als aus einer klingenden ſchelle/ ausgelaſſen wuͤrden. Doch der unterſcheid beſtehet hierinnen/ daß jene des maͤnnlichen alters/ dieſe aber der gruͤ- nen jugend uͤberfluͤßige gedancken ſind: Und wie

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Zitationshilfe: Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_jugend_1701/8>, abgerufen am 27.04.2024.