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Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701.

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Uberflüssiger gedancken
Zu meiner lust erwehle/
Und daß ich einen feuchten kuß
Von schlechten lippen borgen muß?

2. Ach kömmt dein schöner spiegel
Mir nicht im traume für/
Jndem ich deine zier
So einen höllen-riegel
Nicht ohne guten vorbedacht
Mit meinem löffeln gleich gemacht?
3. Ach zeucht mich nicht dein eyfer
Jn den gewissens-streit/
Weil noch die feuchtigkeit
Von diesem fremden geifer
Auff meinen schnöden lippen liegt
Und mich so wunderlich vergnügt?
4. Verzeih mir meine schöne/
Daß ich ohn unterscheid
Mich nach der freundlichkeit
Gemeiner mädgen sehne/
Und gieb mir keinen schlimmen danck
Diß ist mein blosser übergang.
5. Jch muß mich ja ergetzen/
Sonst bin ich viel zu klug/
Daß ich den wasser-krug
Will vor das wein-glas setzen/
Du wirst indessen doch allein
Mein hertz und meine fürstin seyn.
6. Jch liebe dich im hertzen/
Die lippen sind mir frey/
Die mögen wol dabey
Mit andern mäulgen schertzen/
Wer weiß wer dich bißweilen küst/
Wann

Uberfluͤſſiger gedancken
Zu meiner luſt erwehle/
Und daß ich einen feuchten kuß
Von ſchlechten lippen borgen muß?

2. Ach koͤmmt dein ſchoͤner ſpiegel
Mir nicht im traume fuͤr/
Jndem ich deine zier
So einen hoͤllen-riegel
Nicht ohne guten vorbedacht
Mit meinem loͤffeln gleich gemacht?
3. Ach zeucht mich nicht dein eyfer
Jn den gewiſſens-ſtreit/
Weil noch die feuchtigkeit
Von dieſem fremden geifer
Auff meinen ſchnoͤden lippen liegt
Und mich ſo wunderlich vergnuͤgt?
4. Verzeih mir meine ſchoͤne/
Daß ich ohn unterſcheid
Mich nach der freundlichkeit
Gemeiner maͤdgen ſehne/
Und gieb mir keinen ſchlimmen danck
Diß iſt mein bloſſer uͤbergang.
5. Jch muß mich ja ergetzen/
Sonſt bin ich viel zu klug/
Daß ich den waſſer-krug
Will vor das wein-glas ſetzen/
Du wirſt indeſſen doch allein
Mein hertz und meine fuͤrſtin ſeyn.
6. Jch liebe dich im hertzen/
Die lippen ſind mir frey/
Die moͤgen wol dabey
Mit andern maͤulgen ſchertzen/
Wer weiß wer dich bißweilen kuͤſt/
Wann
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[68/0084] Uberfluͤſſiger gedancken Zu meiner luſt erwehle/ Und daß ich einen feuchten kuß Von ſchlechten lippen borgen muß? 2. Ach koͤmmt dein ſchoͤner ſpiegel Mir nicht im traume fuͤr/ Jndem ich deine zier So einen hoͤllen-riegel Nicht ohne guten vorbedacht Mit meinem loͤffeln gleich gemacht? 3. Ach zeucht mich nicht dein eyfer Jn den gewiſſens-ſtreit/ Weil noch die feuchtigkeit Von dieſem fremden geifer Auff meinen ſchnoͤden lippen liegt Und mich ſo wunderlich vergnuͤgt? 4. Verzeih mir meine ſchoͤne/ Daß ich ohn unterſcheid Mich nach der freundlichkeit Gemeiner maͤdgen ſehne/ Und gieb mir keinen ſchlimmen danck Diß iſt mein bloſſer uͤbergang. 5. Jch muß mich ja ergetzen/ Sonſt bin ich viel zu klug/ Daß ich den waſſer-krug Will vor das wein-glas ſetzen/ Du wirſt indeſſen doch allein Mein hertz und meine fuͤrſtin ſeyn. 6. Jch liebe dich im hertzen/ Die lippen ſind mir frey/ Die moͤgen wol dabey Mit andern maͤulgen ſchertzen/ Wer weiß wer dich bißweilen kuͤſt/ Wann

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Zitationshilfe: Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_jugend_1701/84>, abgerufen am 13.05.2024.