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Weise, Christian: Der freymüthige und höfliche Redner. Leipzig, 1693.

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vor einen Ducaten ansehen/ wenn nur
kein Mensch damit betrogen wird.
Rais. Der Betrug ist mehr als zu schädlich/
wenn man sich einer Sache rühmt/ die
man nicht gelernet hat.
Sol. Was hat sich aber der Herr darüber
zu beschweren? Wer ihn betrogen hat/
von diesem fodere er Satisfaction.
Rais. Meine Satisfaction bestehet hierinn/
daß sie die Warheit bekennen soll. Jch
bekenne es/ auff meiner Seite stehen
lauter Ertz-Betrüger/ er bekenne der-
gleichen/ so haben wir das unsrige ge-
than.
Sol. Das Bekennen ist eine Sache/ da-
mit man vor Gerichte gar behutsam
umgehen muß. Jst ihm nicht der Reim
bekannt:

Wer alles saget/ was er weiß/
Dem wird offt eine kalte Stube zu
heiß.
Rais. Dieses Bekennen wird vielleicht so
eine grosse Straffe nicht verdienet ha-
ben/ der Zettel ist hier/ und die Auff-
schneidereyen liegen am Tage/ soll es zu
weitläufftigen Beweise kommen/ so
wol-
vor einen Ducaten anſehen/ wenn nur
kein Menſch damit betrogen wird.
Raiſ. Der Betrug iſt mehr als zu ſchaͤdlich/
wenn man ſich einer Sache ruͤhmt/ die
man nicht gelernet hat.
Sol. Was hat ſich aber der Herr daruͤber
zu beſchweren? Wer ihn betrogen hat/
von dieſem fodere er Satisfaction.
Raiſ. Meine Satisfaction beſtehet hierinn/
daß ſie die Warheit bekennen ſoll. Jch
bekenne es/ auff meiner Seite ſtehen
lauter Ertz-Betruͤger/ er bekenne der-
gleichen/ ſo haben wir das unſrige ge-
than.
Sol. Das Bekennen iſt eine Sache/ da-
mit man vor Gerichte gar behutſam
umgehen muß. Jſt ihm nicht der Reim
bekannt:

Wer alles ſaget/ was er weiß/
Dem wird offt eine kalte Stube zu
heiß.
Raiſ. Dieſes Bekennen wird vielleicht ſo
eine groſſe Straffe nicht verdienet ha-
ben/ der Zettel iſt hier/ und die Auff-
ſchneidereyen liegen am Tage/ ſoll es zu
weitlaͤufftigen Beweiſe kommen/ ſo
wol-
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[898/1066] vor einen Ducaten anſehen/ wenn nur kein Menſch damit betrogen wird. Raiſ. Der Betrug iſt mehr als zu ſchaͤdlich/ wenn man ſich einer Sache ruͤhmt/ die man nicht gelernet hat. Sol. Was hat ſich aber der Herr daruͤber zu beſchweren? Wer ihn betrogen hat/ von dieſem fodere er Satisfaction. Raiſ. Meine Satisfaction beſtehet hierinn/ daß ſie die Warheit bekennen ſoll. Jch bekenne es/ auff meiner Seite ſtehen lauter Ertz-Betruͤger/ er bekenne der- gleichen/ ſo haben wir das unſrige ge- than. Sol. Das Bekennen iſt eine Sache/ da- mit man vor Gerichte gar behutſam umgehen muß. Jſt ihm nicht der Reim bekannt: Wer alles ſaget/ was er weiß/ Dem wird offt eine kalte Stube zu heiß. Raiſ. Dieſes Bekennen wird vielleicht ſo eine groſſe Straffe nicht verdienet ha- ben/ der Zettel iſt hier/ und die Auff- ſchneidereyen liegen am Tage/ ſoll es zu weitlaͤufftigen Beweiſe kommen/ ſo wol-

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Zitationshilfe: Weise, Christian: Der freymüthige und höfliche Redner. Leipzig, 1693, S. 898. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_redner_1693/1066>, abgerufen am 19.05.2024.