Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Weise, Christian: Der freymüthige und höfliche Redner. Leipzig, 1693.

Bild:
<< vorherige Seite
Mich. Jch traue meinem Gesichte nicht
viel/ sonst wolte ich sagen/ ich hätte einen
Zeugen bey den Baals-Pfaffen gese-
hen.
En. Jch wills nicht widerstreiten: Die
Herren haben eine feine Religion/ wenn
es zum Schweren kömmt.
Mich. Sie thun heute einen Schwur/ daß
sie morgen falsch schweren wollen/ also
begehen sie die Sünde mit gutem Ge-
wissen.
En. Gott erbarme sich der Tugend/ die in
ihre Klauen gerathen wird.
Mich. Ach Gott erbarme sich der Leute/
die unschuldig unter solchen Leuten ge-
ängstiget werden.
En. Der ehrliche Naboth hat das Seini-
ge überstanden.
Mich. Wehe denen/ die sich noch alle Tage
fürchten müssen.
En. Es soll mich Wunder nehmen/ wo die
Baals-Pfaffen keinen Anspruch auff
seinen Weinberg machen.
Mich. Was hätten denn die Kinder ge-
sündiget/ daß sie das Erbtheil verlieren
solten?

En.
G 3
Mich. Jch traue meinem Geſichte nicht
viel/ ſonſt wolte ich ſagen/ ich haͤtte einen
Zeugen bey den Baals-Pfaffen geſe-
hen.
En. Jch wills nicht widerſtreiten: Die
Herren haben eine feine Religion/ wenn
es zum Schweren koͤmmt.
Mich. Sie thun heute einen Schwur/ daß
ſie morgen falſch ſchweren wollen/ alſo
begehen ſie die Suͤnde mit gutem Ge-
wiſſen.
En. Gott erbarme ſich der Tugend/ die in
ihre Klauen gerathen wird.
Mich. Ach Gott erbarme ſich der Leute/
die unſchuldig unter ſolchen Leuten ge-
aͤngſtiget werden.
En. Der ehrliche Naboth hat das Seini-
ge uͤberſtanden.
Mich. Wehe denen/ die ſich noch alle Tage
fuͤrchten muͤſſen.
En. Es ſoll mich Wunder nehmen/ wo die
Baals-Pfaffen keinen Anſpruch auff
ſeinen Weinberg machen.
Mich. Was haͤtten denn die Kinder ge-
ſuͤndiget/ daß ſie das Erbtheil verlieren
ſolten?

En.
G 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0313" n="149"/>
          <sp who="#MIC">
            <speaker>Mich.</speaker>
            <p>Jch traue meinem Ge&#x017F;ichte nicht<lb/>
viel/ &#x017F;on&#x017F;t wolte ich &#x017F;agen/ ich ha&#x0364;tte einen<lb/>
Zeugen bey den Baals-Pfaffen ge&#x017F;e-<lb/>
hen.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#ENA">
            <speaker>En.</speaker>
            <p>Jch wills nicht wider&#x017F;treiten: Die<lb/>
Herren haben eine feine Religion/ wenn<lb/>
es zum Schweren ko&#x0364;mmt.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#MIC">
            <speaker>Mich.</speaker>
            <p>Sie thun heute einen Schwur/ daß<lb/>
&#x017F;ie morgen fal&#x017F;ch &#x017F;chweren wollen/ al&#x017F;o<lb/>
begehen &#x017F;ie die Su&#x0364;nde mit gutem Ge-<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;en.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#ENA">
            <speaker>En.</speaker>
            <p>Gott erbarme &#x017F;ich der Tugend/ die in<lb/>
ihre Klauen gerathen wird.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#MIC">
            <speaker>Mich.</speaker>
            <p>Ach Gott erbarme &#x017F;ich der Leute/<lb/>
die un&#x017F;chuldig unter &#x017F;olchen Leuten ge-<lb/>
a&#x0364;ng&#x017F;tiget werden.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#ENA">
            <speaker>En.</speaker>
            <p>Der ehrliche Naboth hat das Seini-<lb/>
ge u&#x0364;ber&#x017F;tanden.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#MIC">
            <speaker>Mich.</speaker>
            <p>Wehe denen/ die &#x017F;ich noch alle Tage<lb/>
fu&#x0364;rchten mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#ENA">
            <speaker>En.</speaker>
            <p>Es &#x017F;oll mich Wunder nehmen/ wo die<lb/>
Baals-Pfaffen keinen An&#x017F;pruch auff<lb/>
&#x017F;einen Weinberg machen.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#MIC">
            <speaker>Mich.</speaker>
            <p>Was ha&#x0364;tten denn die Kinder ge-<lb/>
&#x017F;u&#x0364;ndiget/ daß &#x017F;ie das Erbtheil verlieren<lb/>
&#x017F;olten?</p><lb/>
            <fw place="bottom" type="sig">G 3</fw>
            <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#aq">En.</hi> </fw>
          </sp><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[149/0313] Mich. Jch traue meinem Geſichte nicht viel/ ſonſt wolte ich ſagen/ ich haͤtte einen Zeugen bey den Baals-Pfaffen geſe- hen. En. Jch wills nicht widerſtreiten: Die Herren haben eine feine Religion/ wenn es zum Schweren koͤmmt. Mich. Sie thun heute einen Schwur/ daß ſie morgen falſch ſchweren wollen/ alſo begehen ſie die Suͤnde mit gutem Ge- wiſſen. En. Gott erbarme ſich der Tugend/ die in ihre Klauen gerathen wird. Mich. Ach Gott erbarme ſich der Leute/ die unſchuldig unter ſolchen Leuten ge- aͤngſtiget werden. En. Der ehrliche Naboth hat das Seini- ge uͤberſtanden. Mich. Wehe denen/ die ſich noch alle Tage fuͤrchten muͤſſen. En. Es ſoll mich Wunder nehmen/ wo die Baals-Pfaffen keinen Anſpruch auff ſeinen Weinberg machen. Mich. Was haͤtten denn die Kinder ge- ſuͤndiget/ daß ſie das Erbtheil verlieren ſolten? En. G 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/weise_redner_1693
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/weise_redner_1693/313
Zitationshilfe: Weise, Christian: Der freymüthige und höfliche Redner. Leipzig, 1693, S. 149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_redner_1693/313>, abgerufen am 29.04.2024.