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Weise, Christian: Der freymüthige und höfliche Redner. Leipzig, 1693.

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Leben vor Boßheit eingepflantzet hast/
das will ich dir im Sterben mit dieser
Fackel bezahlen.
(er verschwindet.)
Jsab. Träumet mir/ oder werde ich wachen-
de bethöret? Jch muß sehen/ wo meine
Bedienten geblieben sind.
(Sie will
weggehen/ Naboths Geist kömmt
von hinten/ und zeucht sie zurücke.)
Nab. Aber du solt zurücke bleiben. Naboth
ist gestorben/ aber in deinem Gewissen
lebt er noch. Kennest du mich wohl/ du
gifftige Schlange? Was hatte ich dir
gethan/ daß ich mein Blut so jämmer-
lich vergiessen muste?
Jsab. Jch kan den Anblick nicht ausstehen/
ich muß mich wegwenden.
(Sie wen-
det sich um/ da kömmt der Geist
von Thirza.)
Thirz. Siehest du nach mir? Du wilst
gewiß deinem meineydigen Sohne
noch eine Braut im Tode suchen. Ach
nein/ meine Unschuld hat mich zu einer
Braut gemacht/ aber die Hochzeit-Fa-
ckeln/ die du mir entzogen hast/ die sollen
auff deinem Gewissen verbrennen.
Jsab. Mein Geist vergehet/ ich mercke/ daß
ich
L 5
Leben vor Boßheit eingepflantzet haſt/
das will ich dir im Sterben mit dieſer
Fackel bezahlen.
(er verſchwindet.)
Jſab. Traͤumet mir/ oder werde ich wachen-
de bethoͤret? Jch muß ſehen/ wo meine
Bedienten geblieben ſind.
(Sie will
weggehen/ Naboths Geiſt koͤmmt
von hinten/ und zeucht ſie zuruͤcke.)
Nab. Aber du ſolt zuruͤcke bleiben. Naboth
iſt geſtorben/ aber in deinem Gewiſſen
lebt er noch. Kenneſt du mich wohl/ du
gifftige Schlange? Was hatte ich dir
gethan/ daß ich mein Blut ſo jaͤmmer-
lich vergieſſen muſte?
Jſab. Jch kan den Anblick nicht ausſtehen/
ich muß mich wegwenden.
(Sie wen-
det ſich um/ da koͤmmt der Geiſt
von Thirza.)
Thirz. Sieheſt du nach mir? Du wilſt
gewiß deinem meineydigen Sohne
noch eine Braut im Tode ſuchen. Ach
nein/ meine Unſchuld hat mich zu einer
Braut gemacht/ aber die Hochzeit-Fa-
ckeln/ die du mir entzogen haſt/ die ſollen
auff deinem Gewiſſen verbrennen.
Jſab. Mein Geiſt vergehet/ ich mercke/ daß
ich
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[249/0413] Leben vor Boßheit eingepflantzet haſt/ das will ich dir im Sterben mit dieſer Fackel bezahlen. (er verſchwindet.) Jſab. Traͤumet mir/ oder werde ich wachen- de bethoͤret? Jch muß ſehen/ wo meine Bedienten geblieben ſind. (Sie will weggehen/ Naboths Geiſt koͤmmt von hinten/ und zeucht ſie zuruͤcke.) Nab. Aber du ſolt zuruͤcke bleiben. Naboth iſt geſtorben/ aber in deinem Gewiſſen lebt er noch. Kenneſt du mich wohl/ du gifftige Schlange? Was hatte ich dir gethan/ daß ich mein Blut ſo jaͤmmer- lich vergieſſen muſte? Jſab. Jch kan den Anblick nicht ausſtehen/ ich muß mich wegwenden. (Sie wen- det ſich um/ da koͤmmt der Geiſt von Thirza.) Thirz. Sieheſt du nach mir? Du wilſt gewiß deinem meineydigen Sohne noch eine Braut im Tode ſuchen. Ach nein/ meine Unſchuld hat mich zu einer Braut gemacht/ aber die Hochzeit-Fa- ckeln/ die du mir entzogen haſt/ die ſollen auff deinem Gewiſſen verbrennen. Jſab. Mein Geiſt vergehet/ ich mercke/ daß ich L 5

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Zitationshilfe: Weise, Christian: Der freymüthige und höfliche Redner. Leipzig, 1693, S. 249. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_redner_1693/413>, abgerufen am 29.04.2024.