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Weise, Christian: Der freymüthige und höfliche Redner. Leipzig, 1693.

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Afflit. Jch bin der unglückseligste Mensch.
Simpl. Und ich bin noch tausendmal un-
glückseliger.
Secur. Was haben wir mit dem Unglücke
zu thun? Wer die melancholischen
Grillen vertreiben kan/ der hat die beste
Artzney wider alles Unglücke.
Afflit. Ach Herr/ wenn ich einen spitzigen
Stein im Schuhe habe/ so thut mirs
allgemach wehe/ und wenn ich den
Schmertzen verachten will/ oder wenn
ich die Gedancken davon kehre/ so bin
ich allemal betrogen.
Simpl. Und mein Elend liegt mir im Her-
tzen/ soll ich das vergessen/ so muß ich das
Hertze aus dem Leibe reissen.
Secur. Mancher macht sein Creutz grösser/
als es in der Warheit ist/ sie lassen doch
hören/ wo ich kein Mittel davor weiß/ so
will ich eine Kanne Wein/ und ein
Stücke Holländischen Käse Straffe
geben.
Affl. Ach ich bin unglückselig/ ich habe mir
neulich ein heimliches Leiden mit grü-
nem Wachse vertrieben/ nun habe ich
mein öffentliches Leiden/ und kriege die
Schuld-
Afflit. Jch bin der ungluͤckſeligſte Menſch.
Simpl. Und ich bin noch tauſendmal un-
gluͤckſeliger.
Secur. Was haben wir mit dem Ungluͤcke
zu thun? Wer die melancholiſchen
Grillen vertreiben kan/ der hat die beſte
Artzney wider alles Ungluͤcke.
Afflit. Ach Herr/ wenn ich einen ſpitzigen
Stein im Schuhe habe/ ſo thut mirs
allgemach wehe/ und wenn ich den
Schmertzen verachten will/ oder wenn
ich die Gedancken davon kehre/ ſo bin
ich allemal betrogen.
Simpl. Und mein Elend liegt mir im Her-
tzen/ ſoll ich das vergeſſen/ ſo muß ich das
Hertze aus dem Leibe reiſſen.
Secur. Mancher macht ſein Creutz groͤſſer/
als es in der Warheit iſt/ ſie laſſen doch
hoͤren/ wo ich kein Mittel davor weiß/ ſo
will ich eine Kanne Wein/ und ein
Stuͤcke Hollaͤndiſchen Kaͤſe Straffe
geben.
Affl. Ach ich bin ungluͤckſelig/ ich habe mir
neulich ein heimliches Leiden mit gruͤ-
nem Wachſe vertrieben/ nun habe ich
mein oͤffentliches Leiden/ und kriege die
Schuld-
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[713/0881] Afflit. Jch bin der ungluͤckſeligſte Menſch. Simpl. Und ich bin noch tauſendmal un- gluͤckſeliger. Secur. Was haben wir mit dem Ungluͤcke zu thun? Wer die melancholiſchen Grillen vertreiben kan/ der hat die beſte Artzney wider alles Ungluͤcke. Afflit. Ach Herr/ wenn ich einen ſpitzigen Stein im Schuhe habe/ ſo thut mirs allgemach wehe/ und wenn ich den Schmertzen verachten will/ oder wenn ich die Gedancken davon kehre/ ſo bin ich allemal betrogen. Simpl. Und mein Elend liegt mir im Her- tzen/ ſoll ich das vergeſſen/ ſo muß ich das Hertze aus dem Leibe reiſſen. Secur. Mancher macht ſein Creutz groͤſſer/ als es in der Warheit iſt/ ſie laſſen doch hoͤren/ wo ich kein Mittel davor weiß/ ſo will ich eine Kanne Wein/ und ein Stuͤcke Hollaͤndiſchen Kaͤſe Straffe geben. Affl. Ach ich bin ungluͤckſelig/ ich habe mir neulich ein heimliches Leiden mit gruͤ- nem Wachſe vertrieben/ nun habe ich mein oͤffentliches Leiden/ und kriege die Schuld-

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Zitationshilfe: Weise, Christian: Der freymüthige und höfliche Redner. Leipzig, 1693, S. 713. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_redner_1693/881>, abgerufen am 26.05.2024.