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Weise, Christian: Der freymüthige und höfliche Redner. Leipzig, 1693.

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Wein im Leibe/ so wolte ich in meiner
vollen Weise mehr verstehen/ als die
Ignoranten bey ihrem nüchternen Mun-
de.
Sec. Was giebt es denn vor einen gerin-
gen Mißverstand/ der nicht kan beyge-
leget werden?
Mod. Herr Wirth/ er lasse es gut seyn/ ich
will schon mit ihm zurechte kommen.
Qver. Jch lasse mir mein Studieren nicht
vorwerffen/ ihr selber seyd gegen mir
wie ein Schatten zu rechnen.
Mod. Nun/ nun/ Bruder/ ie mehr ich stu-
diere/ desto mehr wird mir meine Un-
wissenheit bekannt. Jch fange deß-
wegen keinen Streil an/ wenn mir ie-
mand die Warheit sagt.
Qver. Sage mir doch/ warum hätte ich so
viel 100. Thaler mehr verzehrt als du/
wenn ich nicht wolte besser seyn.
Mod. Ja/ ja/ das Geld/ das ein ander ver-
than hat/ das hab ich noch im Beutel.
Qver. Jch habe die Bücher gelesen/ da ein
ander nicht den Titul davon gesehen
hat.
Mod. Jch lese viel/ aber ich mercke alle
Tage
H h 5
Wein im Leibe/ ſo wolte ich in meiner
vollen Weiſe mehr verſtehen/ als die
Ignoranten bey ihrem nuͤchternen Mun-
de.
Sec. Was giebt es denn vor einen gerin-
gen Mißverſtand/ der nicht kan beyge-
leget werden?
Mod. Herr Wirth/ er laſſe es gut ſeyn/ ich
will ſchon mit ihm zurechte kommen.
Qver. Jch laſſe mir mein Studieren nicht
vorwerffen/ ihr ſelber ſeyd gegen mir
wie ein Schatten zu rechnen.
Mod. Nun/ nun/ Bruder/ ie mehr ich ſtu-
diere/ deſto mehr wird mir meine Un-
wiſſenheit bekannt. Jch fange deß-
wegen keinen Streil an/ wenn mir ie-
mand die Warheit ſagt.
Qver. Sage mir doch/ warum haͤtte ich ſo
viel 100. Thaler mehr verzehrt als du/
wenn ich nicht wolte beſſer ſeyn.
Mod. Ja/ ja/ das Geld/ das ein ander ver-
than hat/ das hab ich noch im Beutel.
Qver. Jch habe die Buͤcher geleſen/ da ein
ander nicht den Titul davon geſehen
hat.
Mod. Jch leſe viel/ aber ich mercke alle
Tage
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[723/0891] Wein im Leibe/ ſo wolte ich in meiner vollen Weiſe mehr verſtehen/ als die Ignoranten bey ihrem nuͤchternen Mun- de. Sec. Was giebt es denn vor einen gerin- gen Mißverſtand/ der nicht kan beyge- leget werden? Mod. Herr Wirth/ er laſſe es gut ſeyn/ ich will ſchon mit ihm zurechte kommen. Qver. Jch laſſe mir mein Studieren nicht vorwerffen/ ihr ſelber ſeyd gegen mir wie ein Schatten zu rechnen. Mod. Nun/ nun/ Bruder/ ie mehr ich ſtu- diere/ deſto mehr wird mir meine Un- wiſſenheit bekannt. Jch fange deß- wegen keinen Streil an/ wenn mir ie- mand die Warheit ſagt. Qver. Sage mir doch/ warum haͤtte ich ſo viel 100. Thaler mehr verzehrt als du/ wenn ich nicht wolte beſſer ſeyn. Mod. Ja/ ja/ das Geld/ das ein ander ver- than hat/ das hab ich noch im Beutel. Qver. Jch habe die Buͤcher geleſen/ da ein ander nicht den Titul davon geſehen hat. Mod. Jch leſe viel/ aber ich mercke alle Tage H h 5

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Zitationshilfe: Weise, Christian: Der freymüthige und höfliche Redner. Leipzig, 1693, S. 723. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_redner_1693/891>, abgerufen am 07.05.2024.