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Weismann, August: Das Keimplasma. Eine Theorie der Vererbung. Jena, 1892.

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erfolgt sei, so würde das Keimplasma der vierten Generation
sich aus 2 A + 2 B + 2 C + 2 D + 2 E + 2 F + 2 G + 2 H zu-
sammengesetzt haben, das der fünften aber würde aus lauter
individuell verschiedenen Idanten bestanden haben, vorausgesetzt,
dass keinerlei Inzucht dabei mit untergelaufen wäre. Dasselbe
würde dann aus den Idanten A, B, C, D, E bis Q bestanden haben.

Natürlich soll damit nicht im entferntesten gesagt sein,
dass der Vorgang in Wirklichkeit so glatt und regelmässig
verlaufen sei, er wird im Gegentheil sehr unregelmässig vor
sich gegangen sein; aber wenn er auch nicht schon in fünf
Generationen zu der Zusammensetzung des Keimplasma's aus
lauter differenten Idanten führte, so muss eine längere Generations-
folge doch sicher zu diesem Ergebniss geführt haben.

Die Veränderung des Keimplasma's wird aber damit ihr
Ende noch nicht erreicht haben. Wenn wenigstens meine An-
sicht von der Zusammensetzung der Idanten aus Iden richtig
ist, wenn wirklich die Ide die Einheiten sind, von denen ein
jedes die sämmtlichen Anlagen der Art, also sämmtliche, zum
Aufbau eines Individuums erforderliche Determinanten enthält,
dann muss allmälig auch die Zusammensetzung des
einzelnen Idanten aus gleichartigen Iden in eine solche
aus ungleichartigen, individuell verschiedenen Iden
verwandelt worden sein
.

Die Idanten sind für mich keine durchaus unveränderlichen
Grössen; aus gewissen Vererbungserscheinungen schliesse ich,
dass sie jedenfalls nur eine relative Constanz besitzen, dass
sie von Zeit zu Zeit sich in ihrer Zusammensetzung verändern,
so zwar, dass Ide, die früher zu dem Idanten A gehörten, später
einmal in die Zusammensetzung des Idanten B oder C eintreten.
Wie oft und wie regelmässig dies geschieht, lässt sich bei
unsrer heutigen Kenntniss von den Theilungsvorgängen der
Kernsubstanz noch nicht sagen; mag es aber auch nur in

erfolgt sei, so würde das Keimplasma der vierten Generation
sich aus 2 A + 2 B + 2 C + 2 D + 2 E + 2 F + 2 G + 2 H zu-
sammengesetzt haben, das der fünften aber würde aus lauter
individuell verschiedenen Idanten bestanden haben, vorausgesetzt,
dass keinerlei Inzucht dabei mit untergelaufen wäre. Dasselbe
würde dann aus den Idanten A, B, C, D, E bis Q bestanden haben.

Natürlich soll damit nicht im entferntesten gesagt sein,
dass der Vorgang in Wirklichkeit so glatt und regelmässig
verlaufen sei, er wird im Gegentheil sehr unregelmässig vor
sich gegangen sein; aber wenn er auch nicht schon in fünf
Generationen zu der Zusammensetzung des Keimplasma’s aus
lauter differenten Idanten führte, so muss eine längere Generations-
folge doch sicher zu diesem Ergebniss geführt haben.

Die Veränderung des Keimplasma’s wird aber damit ihr
Ende noch nicht erreicht haben. Wenn wenigstens meine An-
sicht von der Zusammensetzung der Idanten aus Iden richtig
ist, wenn wirklich die Ide die Einheiten sind, von denen ein
jedes die sämmtlichen Anlagen der Art, also sämmtliche, zum
Aufbau eines Individuums erforderliche Determinanten enthält,
dann muss allmälig auch die Zusammensetzung des
einzelnen Idanten aus gleichartigen Iden in eine solche
aus ungleichartigen, individuell verschiedenen Iden
verwandelt worden sein
.

Die Idanten sind für mich keine durchaus unveränderlichen
Grössen; aus gewissen Vererbungserscheinungen schliesse ich,
dass sie jedenfalls nur eine relative Constanz besitzen, dass
sie von Zeit zu Zeit sich in ihrer Zusammensetzung verändern,
so zwar, dass Ide, die früher zu dem Idanten A gehörten, später
einmal in die Zusammensetzung des Idanten B oder C eintreten.
Wie oft und wie regelmässig dies geschieht, lässt sich bei
unsrer heutigen Kenntniss von den Theilungsvorgängen der
Kernsubstanz noch nicht sagen; mag es aber auch nur in

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[312/0336] erfolgt sei, so würde das Keimplasma der vierten Generation sich aus 2 A + 2 B + 2 C + 2 D + 2 E + 2 F + 2 G + 2 H zu- sammengesetzt haben, das der fünften aber würde aus lauter individuell verschiedenen Idanten bestanden haben, vorausgesetzt, dass keinerlei Inzucht dabei mit untergelaufen wäre. Dasselbe würde dann aus den Idanten A, B, C, D, E bis Q bestanden haben. Natürlich soll damit nicht im entferntesten gesagt sein, dass der Vorgang in Wirklichkeit so glatt und regelmässig verlaufen sei, er wird im Gegentheil sehr unregelmässig vor sich gegangen sein; aber wenn er auch nicht schon in fünf Generationen zu der Zusammensetzung des Keimplasma’s aus lauter differenten Idanten führte, so muss eine längere Generations- folge doch sicher zu diesem Ergebniss geführt haben. Die Veränderung des Keimplasma’s wird aber damit ihr Ende noch nicht erreicht haben. Wenn wenigstens meine An- sicht von der Zusammensetzung der Idanten aus Iden richtig ist, wenn wirklich die Ide die Einheiten sind, von denen ein jedes die sämmtlichen Anlagen der Art, also sämmtliche, zum Aufbau eines Individuums erforderliche Determinanten enthält, dann muss allmälig auch die Zusammensetzung des einzelnen Idanten aus gleichartigen Iden in eine solche aus ungleichartigen, individuell verschiedenen Iden verwandelt worden sein. Die Idanten sind für mich keine durchaus unveränderlichen Grössen; aus gewissen Vererbungserscheinungen schliesse ich, dass sie jedenfalls nur eine relative Constanz besitzen, dass sie von Zeit zu Zeit sich in ihrer Zusammensetzung verändern, so zwar, dass Ide, die früher zu dem Idanten A gehörten, später einmal in die Zusammensetzung des Idanten B oder C eintreten. Wie oft und wie regelmässig dies geschieht, lässt sich bei unsrer heutigen Kenntniss von den Theilungsvorgängen der Kernsubstanz noch nicht sagen; mag es aber auch nur in

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Zitationshilfe: Weismann, August: Das Keimplasma. Eine Theorie der Vererbung. Jena, 1892, S. 312. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weismann_keimplasma_1892/336>, abgerufen am 28.04.2024.