Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 2. Leipzig, 1776.

Bild:
<< vorherige Seite

Du sollst, sagte er mir, von Stund an zur
Beyschläferinn des erhabnen Fali, des gro-
ßen Feldherrn ausgerufen werden, und so-
gleich wirf die Sklavenkleider von dir und
ziehe dieses Gewand an, das dich mit dei-
ner bisherigen Gebieterinn in gleichen Rang
setzt, und, wenn du klug genug bist, mei-
nen Rathschlägen getreulich folgst und die
nöthige Vorsichtigkeit gebrauchst, dich an die
Spitze des ganzen Harem emporheben wird.
-- Ich zog das kostbare Kleid an, gelobte ihm
den unverbrüchlichsten Gehorsam und folgte
ihm, worauf ich in ein schönes möblirtes
Zimmer kam, das mir nebst etlichen andern
zu meiner Wohnung bestimmt war: die für
mich bestellten Verschnittene und Sklavinnen
empfiengen mich und stunden auf jeden mei-
ner Winke in Bereitschaft: -- kurz, ich
war die geehrteste glücklichste Bewohnerinn
des ganzen Harems und in der Gunst mei-
nes Herrn die oberste.

Guter Mann! Du weißt es vielleicht aus
eigner trauriger Erfahrung, daß der Neid
unmittelbar in die Fußtapfe tritt, wenn die
Größe den Fuß von ihr aufhebt: ich erwar-
tete ihn und trug ihn daher desto standhafter.

Meine

Du ſollſt, ſagte er mir, von Stund an zur
Beyſchlaͤferinn des erhabnen Fali, des gro-
ßen Feldherrn ausgerufen werden, und ſo-
gleich wirf die Sklavenkleider von dir und
ziehe dieſes Gewand an, das dich mit dei-
ner bisherigen Gebieterinn in gleichen Rang
ſetzt, und, wenn du klug genug biſt, mei-
nen Rathſchlaͤgen getreulich folgſt und die
noͤthige Vorſichtigkeit gebrauchſt, dich an die
Spitze des ganzen Harem emporheben wird.
— Ich zog das koſtbare Kleid an, gelobte ihm
den unverbruͤchlichſten Gehorſam und folgte
ihm, worauf ich in ein ſchoͤnes moͤblirtes
Zimmer kam, das mir nebſt etlichen andern
zu meiner Wohnung beſtimmt war: die fuͤr
mich beſtellten Verſchnittene und Sklavinnen
empfiengen mich und ſtunden auf jeden mei-
ner Winke in Bereitſchaft: — kurz, ich
war die geehrteſte gluͤcklichſte Bewohnerinn
des ganzen Harems und in der Gunſt mei-
nes Herrn die oberſte.

Guter Mann! Du weißt es vielleicht aus
eigner trauriger Erfahrung, daß der Neid
unmittelbar in die Fußtapfe tritt, wenn die
Groͤße den Fuß von ihr aufhebt: ich erwar-
tete ihn und trug ihn daher deſto ſtandhafter.

Meine
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0143" n="137"/>
Du &#x017F;oll&#x017F;t, &#x017F;agte er mir, von Stund an zur<lb/>
Bey&#x017F;chla&#x0364;ferinn des erhabnen Fali, des gro-<lb/>
ßen Feldherrn ausgerufen werden, und &#x017F;o-<lb/>
gleich wirf die Sklavenkleider von dir und<lb/>
ziehe die&#x017F;es Gewand an, das dich mit dei-<lb/>
ner bisherigen Gebieterinn in gleichen Rang<lb/>
&#x017F;etzt, und, wenn du klug genug bi&#x017F;t, mei-<lb/>
nen Rath&#x017F;chla&#x0364;gen getreulich folg&#x017F;t und die<lb/>
no&#x0364;thige Vor&#x017F;ichtigkeit gebrauch&#x017F;t, dich an die<lb/>
Spitze des ganzen Harem emporheben wird.<lb/>
&#x2014; Ich zog das ko&#x017F;tbare Kleid an, gelobte ihm<lb/>
den unverbru&#x0364;chlich&#x017F;ten Gehor&#x017F;am und folgte<lb/>
ihm, worauf ich in ein &#x017F;cho&#x0364;nes mo&#x0364;blirtes<lb/>
Zimmer kam, das mir neb&#x017F;t etlichen andern<lb/>
zu meiner Wohnung be&#x017F;timmt war: die fu&#x0364;r<lb/>
mich be&#x017F;tellten Ver&#x017F;chnittene und Sklavinnen<lb/>
empfiengen mich und &#x017F;tunden auf jeden mei-<lb/>
ner Winke in Bereit&#x017F;chaft: &#x2014; kurz, ich<lb/>
war die geehrte&#x017F;te glu&#x0364;cklich&#x017F;te Bewohnerinn<lb/>
des ganzen Harems und in der Gun&#x017F;t mei-<lb/>
nes Herrn die ober&#x017F;te.</p><lb/>
        <p>Guter Mann! Du weißt es vielleicht aus<lb/>
eigner trauriger Erfahrung, daß der Neid<lb/>
unmittelbar in die Fußtapfe tritt, wenn die<lb/>
Gro&#x0364;ße den Fuß von ihr aufhebt: ich erwar-<lb/>
tete ihn und trug ihn daher de&#x017F;to &#x017F;tandhafter.<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Meine</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[137/0143] Du ſollſt, ſagte er mir, von Stund an zur Beyſchlaͤferinn des erhabnen Fali, des gro- ßen Feldherrn ausgerufen werden, und ſo- gleich wirf die Sklavenkleider von dir und ziehe dieſes Gewand an, das dich mit dei- ner bisherigen Gebieterinn in gleichen Rang ſetzt, und, wenn du klug genug biſt, mei- nen Rathſchlaͤgen getreulich folgſt und die noͤthige Vorſichtigkeit gebrauchſt, dich an die Spitze des ganzen Harem emporheben wird. — Ich zog das koſtbare Kleid an, gelobte ihm den unverbruͤchlichſten Gehorſam und folgte ihm, worauf ich in ein ſchoͤnes moͤblirtes Zimmer kam, das mir nebſt etlichen andern zu meiner Wohnung beſtimmt war: die fuͤr mich beſtellten Verſchnittene und Sklavinnen empfiengen mich und ſtunden auf jeden mei- ner Winke in Bereitſchaft: — kurz, ich war die geehrteſte gluͤcklichſte Bewohnerinn des ganzen Harems und in der Gunſt mei- nes Herrn die oberſte. Guter Mann! Du weißt es vielleicht aus eigner trauriger Erfahrung, daß der Neid unmittelbar in die Fußtapfe tritt, wenn die Groͤße den Fuß von ihr aufhebt: ich erwar- tete ihn und trug ihn daher deſto ſtandhafter. Meine

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor02_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor02_1776/143
Zitationshilfe: Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor02_1776/143>, abgerufen am 07.05.2024.