voller Gedanken in einem oft unterbrochnen Schlummer, und konnte endlich seinem Ver- langen nach dem Gespräche des Derwisches nicht mehr widerstehen: er sprang auf und gieng zu ihm.
Während der Mahlzeit entwickelte es sich bald, daß der vermeinte Derwisch ein Euro- päer war. -- Ein Europäer! rief Belphe- gor voll Freuden: und aus welchem Lande? Aus Frankreich, antwortete jener und seufzte. Aus Frankreich, das mich mit vielen seiner Söhne undankbar ausstieß. Ich bin der Bruder der unglücklichen Markisinn von E. -- Der Markisinn von E.! unterbrach ihn Bel- phegor. Der unglücklichen Markisinn, die die gräulichen Türken in vier Stücken spal- teten, daß sie großmüthig den Prinzen Amurat bey sich aufgenommen hatte! -- Ein Zug ihres Charakters! die gute Schwe- ster! sagte der Alte. Freund! erzähle mir die Geschichte, daß ich höre und in meinen weißen Bart dazu weine.
Belphegor gehorchte ihm; und sein Zuhö- rer hörte ihre widrigen Schicksale mit ge- rührter Aufmerksamkeit, erhub bey dem Ende der Erzählung seine Augen gen Himmel, in-
dessen
voller Gedanken in einem oft unterbrochnen Schlummer, und konnte endlich ſeinem Ver- langen nach dem Geſpraͤche des Derwiſches nicht mehr widerſtehen: er ſprang auf und gieng zu ihm.
Waͤhrend der Mahlzeit entwickelte es ſich bald, daß der vermeinte Derwiſch ein Euro- paͤer war. — Ein Europaͤer! rief Belphe- gor voll Freuden: und aus welchem Lande? Aus Frankreich, antwortete jener und ſeufzte. Aus Frankreich, das mich mit vielen ſeiner Soͤhne undankbar ausſtieß. Ich bin der Bruder der ungluͤcklichen Markiſinn von E. — Der Markiſinn von E.! unterbrach ihn Bel- phegor. Der ungluͤcklichen Markiſinn, die die graͤulichen Tuͤrken in vier Stuͤcken ſpal- teten, daß ſie großmuͤthig den Prinzen Amurat bey ſich aufgenommen hatte! — Ein Zug ihres Charakters! die gute Schwe- ſter! ſagte der Alte. Freund! erzaͤhle mir die Geſchichte, daß ich hoͤre und in meinen weißen Bart dazu weine.
Belphegor gehorchte ihm; und ſein Zuhoͤ- rer hoͤrte ihre widrigen Schickſale mit ge- ruͤhrter Aufmerkſamkeit, erhub bey dem Ende der Erzaͤhlung ſeine Augen gen Himmel, in-
deſſen
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voller Gedanken in einem oft unterbrochnen
Schlummer, und konnte endlich ſeinem Ver-
langen nach dem Geſpraͤche des Derwiſches
nicht mehr widerſtehen: er ſprang auf und
gieng zu ihm.
Waͤhrend der Mahlzeit entwickelte es ſich
bald, daß der vermeinte Derwiſch ein Euro-
paͤer war. — Ein Europaͤer! rief Belphe-
gor voll Freuden: und aus welchem Lande?
Aus Frankreich, antwortete jener und ſeufzte.
Aus Frankreich, das mich mit vielen ſeiner
Soͤhne undankbar ausſtieß. Ich bin der
Bruder der ungluͤcklichen Markiſinn von E. —
Der Markiſinn von E.! unterbrach ihn Bel-
phegor. Der ungluͤcklichen Markiſinn, die
die graͤulichen Tuͤrken in vier Stuͤcken ſpal-
teten, daß ſie großmuͤthig den Prinzen
Amurat bey ſich aufgenommen hatte! —
Ein Zug ihres Charakters! die gute Schwe-
ſter! ſagte der Alte. Freund! erzaͤhle mir
die Geſchichte, daß ich hoͤre und in meinen
weißen Bart dazu weine.
Belphegor gehorchte ihm; und ſein Zuhoͤ-
rer hoͤrte ihre widrigen Schickſale mit ge-
ruͤhrter Aufmerkſamkeit, erhub bey dem Ende
der Erzaͤhlung ſeine Augen gen Himmel, in-
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Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor02_1776/81>, abgerufen am 04.05.2024.
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