Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wiedeburg, Heinrich: Christliche Leichpredigt Gehalten bey der Begräbnüs der [...] Annæ Mas. Wolfenbüttel, 1618.

Bild:
<< vorherige Seite

Wir sehens gleichermassen an dem Exempel vnser ersten Paradeyß Eltern / da nach dem sündlichen fall dieses Fewer vber sie angangen war: Da war lauter schrecken vnd zagen. Die gantze Welt wolte jhnen zu enge werden / Genes. 3. v. 10. An dem Exempel Davids / Psal 38. Da er diese jammerklage füret vber der Hellenangst / die er bey sich empfinde: HERR straff mich nicht in deinem Zorn / vnd züchtige mich nicht in deinem Grimm. Denn deine Pfeile stecken in mir / vnnd deine Hand drücket mich. Es ist nichts gesundes an meinem Leibe für deinem dräwen / vnnd ist kein Friede in meinen Gebeinen / für meiner Sünde. Ich gehe krumb vnd sehr gebucket / den gantzen Tag gehe ich trawrig. Denn meine Lenden verdorren gantz / vnnd ist nichts gesundes an meinem Leibe. Es ist mit mir gar anders / vnd bin sehr zustossen. Ich heule für Vnruhe meines Hertzen. Mein Hertz bebet / meine Krafft hat mich verlassen / vnnd das Liecht meiner Augen ist nicht bey mir.

Noch heller vnd Sonnenclar sehen wirs an vnserm HErrn Jesu Christo selber / welchen dermassen vnsere Sünde vnnd der zorn Gottes drückete / daß jhm blutige Schweißtröpfflein aus seinem vnschuldigen Leibe / ja diese Hertzbrechende jammerklage aus seinem holdseligen vnd warhafften Munde vnnd Hertzen heraus getrieben wurden: Meine Seele ist betrübet biß in den Tod. Mein Vater ist es müglich / so gehe dieser Kelch von mir / doch nicht wie ich wil / sondern wie du wilt. Mein GOtt / Mein GOtt / wie hastu mich verlassen.

Salomon sagt Prov. 16. v. 14. Von Menschen Zorn: Des Königs Grimm ist ein Bote des Todes. Wenn des Königs Angesicht freundlich ist / das ist Leben / vnnd seine Gnade ist wie ein Abendregen. Was ist aber Menschenzorn zu rechnen gegen Gottes Zorn? Menschenzorn kan ein Mensch wieder auffheben vnd versönen / Menschenzorn weret nicht lenger denn der Mensch / wenn der

Wir sehens gleichermassen an dem Exempel vnser ersten Paradeyß Eltern / da nach dem sündlichen fall dieses Fewer vber sie angangen war: Da war lauter schrecken vnd zagen. Die gantze Welt wolte jhnen zu enge werden / Genes. 3. v. 10. An dem Exempel Davids / Psal 38. Da er diese jammerklage füret vber der Hellenangst / die er bey sich empfinde: HERR straff mich nicht in deinem Zorn / vnd züchtige mich nicht in deinem Grimm. Denn deine Pfeile stecken in mir / vnnd deine Hand drücket mich. Es ist nichts gesundes an meinem Leibe für deinem dräwen / vnnd ist kein Friede in meinen Gebeinen / für meiner Sünde. Ich gehe krumb vnd sehr gebucket / den gantzen Tag gehe ich trawrig. Denn meine Lenden verdorren gantz / vnnd ist nichts gesundes an meinem Leibe. Es ist mit mir gar anders / vnd bin sehr zustossen. Ich heule für Vnruhe meines Hertzen. Mein Hertz bebet / meine Krafft hat mich verlassen / vnnd das Liecht meiner Augen ist nicht bey mir.

Noch heller vnd Sonnenclar sehen wirs an vnserm HErrn Jesu Christo selber / welchen dermassen vnsere Sünde vnnd der zorn Gottes drückete / daß jhm blutige Schweißtröpfflein aus seinem vnschuldigen Leibe / ja diese Hertzbrechende jammerklage aus seinem holdseligen vnd warhafften Munde vnnd Hertzen heraus getrieben wurden: Meine Seele ist betrübet biß in den Tod. Mein Vater ist es müglich / so gehe dieser Kelch von mir / doch nicht wie ich wil / sondern wie du wilt. Mein GOtt / Mein GOtt / wie hastu mich verlassen.

Salomon sagt Prov. 16. v. 14. Von Menschen Zorn: Des Königs Grimm ist ein Bote des Todes. Wenn des Königs Angesicht freundlich ist / das ist Leben / vnnd seine Gnade ist wie ein Abendregen. Was ist aber Menschenzorn zu rechnen gegen Gottes Zorn? Menschenzorn kan ein Mensch wieder auffheben vnd versönen / Menschenzorn weret nicht lenger denn der Mensch / wenn der

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <pb facs="#f0024"/>
        <p>Wir sehens gleichermassen an dem Exempel vnser ersten Paradeyß Eltern / da nach                      dem sündlichen fall dieses Fewer vber sie angangen war: Da war lauter schrecken                      vnd zagen. Die gantze Welt wolte jhnen zu enge werden / Genes. 3. v. 10. An dem                      Exempel Davids / Psal 38. Da er diese jammerklage füret vber der Hellenangst /                      die er bey sich empfinde: HERR straff mich nicht in deinem Zorn / vnd züchtige                      mich nicht in deinem Grimm. Denn deine Pfeile stecken in mir / vnnd deine Hand                      drücket mich. Es ist nichts gesundes an meinem Leibe für deinem dräwen / vnnd                      ist kein Friede in meinen Gebeinen / für meiner Sünde. Ich gehe krumb vnd sehr                      gebucket / den gantzen Tag gehe ich trawrig. Denn meine Lenden verdorren gantz /                      vnnd ist nichts gesundes an meinem Leibe. Es ist mit mir gar anders / vnd bin                      sehr zustossen. Ich heule für Vnruhe meines Hertzen. Mein Hertz bebet / meine                      Krafft hat mich verlassen / vnnd das Liecht meiner Augen ist nicht bey mir.</p>
        <p>Noch heller vnd Sonnenclar sehen wirs an vnserm HErrn Jesu Christo selber /                      welchen dermassen vnsere Sünde vnnd der zorn Gottes drückete / daß jhm blutige                      Schweißtröpfflein aus seinem vnschuldigen Leibe / ja diese Hertzbrechende                      jammerklage aus seinem holdseligen vnd warhafften Munde vnnd Hertzen heraus                      getrieben wurden: Meine Seele ist betrübet biß in den Tod. Mein Vater ist es                      müglich / so gehe dieser Kelch von mir / doch nicht wie ich wil / sondern wie du                      wilt. Mein GOtt / Mein GOtt / wie hastu mich verlassen.</p>
        <p>Salomon sagt Prov. 16. v. 14. Von Menschen Zorn: Des Königs Grimm ist ein Bote                      des Todes. Wenn des Königs Angesicht freundlich ist / das ist Leben / vnnd seine                      Gnade ist wie ein Abendregen. Was ist aber Menschenzorn zu rechnen gegen Gottes                      Zorn? Menschenzorn kan ein Mensch wieder auffheben vnd versönen / Menschenzorn                      weret nicht lenger denn der Mensch / wenn der
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0024] Wir sehens gleichermassen an dem Exempel vnser ersten Paradeyß Eltern / da nach dem sündlichen fall dieses Fewer vber sie angangen war: Da war lauter schrecken vnd zagen. Die gantze Welt wolte jhnen zu enge werden / Genes. 3. v. 10. An dem Exempel Davids / Psal 38. Da er diese jammerklage füret vber der Hellenangst / die er bey sich empfinde: HERR straff mich nicht in deinem Zorn / vnd züchtige mich nicht in deinem Grimm. Denn deine Pfeile stecken in mir / vnnd deine Hand drücket mich. Es ist nichts gesundes an meinem Leibe für deinem dräwen / vnnd ist kein Friede in meinen Gebeinen / für meiner Sünde. Ich gehe krumb vnd sehr gebucket / den gantzen Tag gehe ich trawrig. Denn meine Lenden verdorren gantz / vnnd ist nichts gesundes an meinem Leibe. Es ist mit mir gar anders / vnd bin sehr zustossen. Ich heule für Vnruhe meines Hertzen. Mein Hertz bebet / meine Krafft hat mich verlassen / vnnd das Liecht meiner Augen ist nicht bey mir. Noch heller vnd Sonnenclar sehen wirs an vnserm HErrn Jesu Christo selber / welchen dermassen vnsere Sünde vnnd der zorn Gottes drückete / daß jhm blutige Schweißtröpfflein aus seinem vnschuldigen Leibe / ja diese Hertzbrechende jammerklage aus seinem holdseligen vnd warhafften Munde vnnd Hertzen heraus getrieben wurden: Meine Seele ist betrübet biß in den Tod. Mein Vater ist es müglich / so gehe dieser Kelch von mir / doch nicht wie ich wil / sondern wie du wilt. Mein GOtt / Mein GOtt / wie hastu mich verlassen. Salomon sagt Prov. 16. v. 14. Von Menschen Zorn: Des Königs Grimm ist ein Bote des Todes. Wenn des Königs Angesicht freundlich ist / das ist Leben / vnnd seine Gnade ist wie ein Abendregen. Was ist aber Menschenzorn zu rechnen gegen Gottes Zorn? Menschenzorn kan ein Mensch wieder auffheben vnd versönen / Menschenzorn weret nicht lenger denn der Mensch / wenn der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Obrigkeitskritik und Fürstenberatung: Die Oberhofprediger in Braunschweig-Wolfenbüttel 1568-1714: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-02-15T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-02-15T13:54:31Z)
Marcus Baumgarten, Frederike Neuber, Frank Wiegand: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-02-15T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wiedeburg_leichpredigt_1618
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wiedeburg_leichpredigt_1618/24
Zitationshilfe: Wiedeburg, Heinrich: Christliche Leichpredigt Gehalten bey der Begräbnüs der [...] Annæ Mas. Wolfenbüttel, 1618, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wiedeburg_leichpredigt_1618/24>, abgerufen am 26.04.2024.