Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Aristoteles und Athen. Bd. 1. Berlin, 1893.Die jahre der tyrannis. der beiden verbannungen 14 sich aus 33--19 notwendig ergibt, alsonicht 11 + 10 sein kann. die zweite zahl aber ist durch Herodotos gesichert, und eben dieser, dem Aristoteles hierin folgt, bezeugt auch die kürze der zweiten herrschaft und begründet sie durch seine erzählung.36) es folgt ferner aus dieser rechnung, dass diese zahl (etei ebdomo) in eine möglichst niedrige geändert werden muss, am besten etei trito, da Aristoteles das nächste jahr wol eher mit to usteron etei als etei malista deutero bezeichnet haben würde. und da 14 -- 10 = vier ist, so muss etei dodekato für die zweite verbannung in pempto geändert werden. so zwingt die rechnung; aber die palaeographische probabilität ist auch nicht von fern vorhanden. 12 in 5, 7 in 3 sind nicht so zu- fällig verschrieben wie d in duo. deshalb war uns unbehaglich zu sinn, und wir liessen in der zweiten auflage die falschen zahlen im texte. jetzt bin ich sicher, weil ich bemerkt habe, dass sie ein böser wille um einer falschen rechnung willen so in die höhe geschraubt hat. denn 5 + 11 + 6 + 10 = 32; alle posten aber sind in ordinalzahlen, also je um eine stelle höher gegeben, 33 ist als summe der herrschaftsjahre genannt, und ein einzelposten für die letzte herrschaft nicht namhaft gemacht. es hat also jemand die irrige ansicht gehabt, die summe 33 müsste aus den einzel- posten resultiren und danach zwei zahlen erhöht; 32 gab er, um mit den 17 jahren der söhne die gegebene summe 49 zu erreichen. das war sehr kurzsichtig, denn er zerstörte die 14 jahre verbannung: aber diese stehn ja nicht im texte, und wenn ein mann wie Köhler, geblendet durch eine eigene conjectur, unwissentlich aus einer elf eine sechs machen kann, so dürfen wir es auch einem antiken collegen zutrauen. aber beseitigt muss diese schlimme conjectur werden, und dann folgt durch notwendige schlüsse 561/60, Komeas, beginn der ersten tyrannis, 556/5, Hegesias, erste vertreibung, 553/2 zweite tyrannis, 551/50 zweite vertreibung, 541/40 schlacht bei Pallene. natürlich bleibt einige latitude für die 36) Herod. I 61. es steht jedem frei, die geschichte für klatsch zu halten.
dann ist doch dieser klatsch dadurch entstanden, dass man ein motiv suchte, wes- halb Megakles den Peisistratos erst zurückführt und dann plötzlich wieder vertreibt. also eine chronologische bedeutung hat auch der klatsch. aber die geschichte ist durchaus glaublich; wenn Peisistratos erwachsene eheliche söhne hat und eine frau aus Argos jüngst geheiratet, so passt es ihm schlecht, jenen erbberechtigten einen nebenbuhler zu zeugen, der den schutz seiner mütterlichen verwandten zum sturze der brüder verwenden kann. also sugginetai te Megakleos thugatri o kata nomon, cf. Genesis 38, 8. man kann die details den liebhabern überlassen: die beleidigung der frau und ihres geschlechtes ist durchaus glaublich, das benehmen des Peisistratos und des Megakles auch. parallelen aus moderner geschichte fehlen durchaus nicht. Die jahre der tyrannis. der beiden verbannungen 14 sich aus 33—19 notwendig ergibt, alsonicht 11 + 10 sein kann. die zweite zahl aber ist durch Herodotos gesichert, und eben dieser, dem Aristoteles hierin folgt, bezeugt auch die kürze der zweiten herrschaft und begründet sie durch seine erzählung.36) es folgt ferner aus dieser rechnung, daſs diese zahl (ἔτει ἑβδόμῳ) in eine möglichst niedrige geändert werden muſs, am besten ἔτει τϱίτῳ, da Aristoteles das nächste jahr wol eher mit τῷ ὕστεϱον ἔτει als ἔτει μάλιστα δευτέϱῳ bezeichnet haben würde. und da 14 — 10 = vier ist, so muſs ἔτει δωδεκάτῳ für die zweite verbannung in πέμπτῳ geändert werden. so zwingt die rechnung; aber die palaeographische probabilität ist auch nicht von fern vorhanden. 12 in 5, 7 in 3 sind nicht so zu- fällig verschrieben wie δ΄ in δύο. deshalb war uns unbehaglich zu sinn, und wir lieſsen in der zweiten auflage die falschen zahlen im texte. jetzt bin ich sicher, weil ich bemerkt habe, daſs sie ein böser wille um einer falschen rechnung willen so in die höhe geschraubt hat. denn 5 + 11 + 6 + 10 = 32; alle posten aber sind in ordinalzahlen, also je um eine stelle höher gegeben, 33 ist als summe der herrschaftsjahre genannt, und ein einzelposten für die letzte herrschaft nicht namhaft gemacht. es hat also jemand die irrige ansicht gehabt, die summe 33 müſste aus den einzel- posten resultiren und danach zwei zahlen erhöht; 32 gab er, um mit den 17 jahren der söhne die gegebene summe 49 zu erreichen. das war sehr kurzsichtig, denn er zerstörte die 14 jahre verbannung: aber diese stehn ja nicht im texte, und wenn ein mann wie Köhler, geblendet durch eine eigene conjectur, unwissentlich aus einer elf eine sechs machen kann, so dürfen wir es auch einem antiken collegen zutrauen. aber beseitigt muſs diese schlimme conjectur werden, und dann folgt durch notwendige schlüsse 561/60, Komeas, beginn der ersten tyrannis, 556/5, Hegesias, erste vertreibung, 553/2 zweite tyrannis, 551/50 zweite vertreibung, 541/40 schlacht bei Pallene. natürlich bleibt einige latitude für die 36) Herod. I 61. es steht jedem frei, die geschichte für klatsch zu halten.
dann ist doch dieser klatsch dadurch entstanden, daſs man ein motiv suchte, wes- halb Megakles den Peisistratos erst zurückführt und dann plötzlich wieder vertreibt. also eine chronologische bedeutung hat auch der klatsch. aber die geschichte ist durchaus glaublich; wenn Peisistratos erwachsene eheliche söhne hat und eine frau aus Argos jüngst geheiratet, so paſst es ihm schlecht, jenen erbberechtigten einen nebenbuhler zu zeugen, der den schutz seiner mütterlichen verwandten zum sturze der brüder verwenden kann. also συγγίνεται τῇ Μεγακλέος ϑυγατϱὶ ο̕ κατὰ νόμον, cf. Genesis 38, 8. man kann die details den liebhabern überlassen: die beleidigung der frau und ihres geschlechtes ist durchaus glaublich, das benehmen des Peisistratos und des Megakles auch. parallelen aus moderner geschichte fehlen durchaus nicht. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0037" n="23"/><fw place="top" type="header">Die jahre der tyrannis.</fw><lb/> der beiden verbannungen 14 sich aus 33—19 notwendig ergibt, also<lb/> nicht 11 + 10 sein kann. die zweite zahl aber ist durch Herodotos<lb/> gesichert, und eben dieser, dem Aristoteles hierin folgt, bezeugt auch die<lb/> kürze der zweiten herrschaft und begründet sie durch seine erzählung.<note place="foot" n="36)">Herod. I 61. es steht jedem frei, die geschichte für klatsch zu halten.<lb/> dann ist doch dieser klatsch dadurch entstanden, daſs man ein motiv suchte, wes-<lb/> halb Megakles den Peisistratos erst zurückführt und dann plötzlich wieder vertreibt.<lb/> also eine chronologische bedeutung hat auch der klatsch. aber die geschichte ist<lb/> durchaus glaublich; wenn Peisistratos erwachsene eheliche söhne hat und eine frau<lb/> aus Argos jüngst geheiratet, so paſst es ihm schlecht, jenen erbberechtigten einen<lb/> nebenbuhler zu zeugen, der den schutz seiner mütterlichen verwandten zum sturze<lb/> der brüder verwenden kann. also συγγίνεται τῇ Μεγακλέος ϑυγατϱὶ ο̕ κατὰ νόμον,<lb/> cf. Genesis 38, 8. man kann die details den liebhabern überlassen: die beleidigung<lb/> der frau und ihres geschlechtes ist durchaus glaublich, das benehmen des Peisistratos<lb/> und des Megakles auch. parallelen aus moderner geschichte fehlen durchaus nicht.</note><lb/> es folgt ferner aus dieser rechnung, daſs diese zahl (ἔτει ἑβδόμῳ) in<lb/> eine möglichst niedrige geändert werden muſs, am besten ἔτει τϱίτῳ,<lb/> da Aristoteles das nächste jahr wol eher mit τῷ ὕστεϱον ἔτει als ἔτει<lb/> μάλιστα δευτέϱῳ bezeichnet haben würde. und da 14 — 10 = vier ist,<lb/> so muſs ἔτει δωδεκάτῳ für die zweite verbannung in πέμπτῳ geändert<lb/> werden. so zwingt die rechnung; aber die palaeographische probabilität<lb/> ist auch nicht von fern vorhanden. 12 in 5, 7 in 3 sind nicht so zu-<lb/> fällig verschrieben wie δ΄ in δύο. deshalb war uns unbehaglich zu sinn,<lb/> und wir lieſsen in der zweiten auflage die falschen zahlen im texte. jetzt<lb/> bin ich sicher, weil ich bemerkt habe, daſs sie ein böser wille um einer<lb/> falschen rechnung willen so in die höhe geschraubt hat. denn 5 + 11 +<lb/> 6 + 10 = 32; alle posten aber sind in ordinalzahlen, also je um eine stelle<lb/> höher gegeben, 33 ist als summe der herrschaftsjahre genannt, und ein<lb/> einzelposten für die letzte herrschaft nicht namhaft gemacht. es hat also<lb/> jemand die irrige ansicht gehabt, die summe 33 müſste aus den einzel-<lb/> posten resultiren und danach zwei zahlen erhöht; 32 gab er, um mit<lb/> den 17 jahren der söhne die gegebene summe 49 zu erreichen. das war<lb/> sehr kurzsichtig, denn er zerstörte die 14 jahre verbannung: aber diese<lb/> stehn ja nicht im texte, und wenn ein mann wie Köhler, geblendet durch<lb/> eine eigene conjectur, unwissentlich aus einer elf eine sechs machen kann,<lb/> so dürfen wir es auch einem antiken collegen zutrauen. aber beseitigt<lb/> muſs diese schlimme conjectur werden, und dann folgt durch notwendige<lb/> schlüsse 561/60, Komeas, beginn der ersten tyrannis, 556/5, Hegesias,<lb/> erste vertreibung, 553/2 zweite tyrannis, 551/50 zweite vertreibung,<lb/> 541/40 schlacht bei Pallene. natürlich bleibt einige latitude für die<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [23/0037]
Die jahre der tyrannis.
der beiden verbannungen 14 sich aus 33—19 notwendig ergibt, also
nicht 11 + 10 sein kann. die zweite zahl aber ist durch Herodotos
gesichert, und eben dieser, dem Aristoteles hierin folgt, bezeugt auch die
kürze der zweiten herrschaft und begründet sie durch seine erzählung. 36)
es folgt ferner aus dieser rechnung, daſs diese zahl (ἔτει ἑβδόμῳ) in
eine möglichst niedrige geändert werden muſs, am besten ἔτει τϱίτῳ,
da Aristoteles das nächste jahr wol eher mit τῷ ὕστεϱον ἔτει als ἔτει
μάλιστα δευτέϱῳ bezeichnet haben würde. und da 14 — 10 = vier ist,
so muſs ἔτει δωδεκάτῳ für die zweite verbannung in πέμπτῳ geändert
werden. so zwingt die rechnung; aber die palaeographische probabilität
ist auch nicht von fern vorhanden. 12 in 5, 7 in 3 sind nicht so zu-
fällig verschrieben wie δ΄ in δύο. deshalb war uns unbehaglich zu sinn,
und wir lieſsen in der zweiten auflage die falschen zahlen im texte. jetzt
bin ich sicher, weil ich bemerkt habe, daſs sie ein böser wille um einer
falschen rechnung willen so in die höhe geschraubt hat. denn 5 + 11 +
6 + 10 = 32; alle posten aber sind in ordinalzahlen, also je um eine stelle
höher gegeben, 33 ist als summe der herrschaftsjahre genannt, und ein
einzelposten für die letzte herrschaft nicht namhaft gemacht. es hat also
jemand die irrige ansicht gehabt, die summe 33 müſste aus den einzel-
posten resultiren und danach zwei zahlen erhöht; 32 gab er, um mit
den 17 jahren der söhne die gegebene summe 49 zu erreichen. das war
sehr kurzsichtig, denn er zerstörte die 14 jahre verbannung: aber diese
stehn ja nicht im texte, und wenn ein mann wie Köhler, geblendet durch
eine eigene conjectur, unwissentlich aus einer elf eine sechs machen kann,
so dürfen wir es auch einem antiken collegen zutrauen. aber beseitigt
muſs diese schlimme conjectur werden, und dann folgt durch notwendige
schlüsse 561/60, Komeas, beginn der ersten tyrannis, 556/5, Hegesias,
erste vertreibung, 553/2 zweite tyrannis, 551/50 zweite vertreibung,
541/40 schlacht bei Pallene. natürlich bleibt einige latitude für die
36) Herod. I 61. es steht jedem frei, die geschichte für klatsch zu halten.
dann ist doch dieser klatsch dadurch entstanden, daſs man ein motiv suchte, wes-
halb Megakles den Peisistratos erst zurückführt und dann plötzlich wieder vertreibt.
also eine chronologische bedeutung hat auch der klatsch. aber die geschichte ist
durchaus glaublich; wenn Peisistratos erwachsene eheliche söhne hat und eine frau
aus Argos jüngst geheiratet, so paſst es ihm schlecht, jenen erbberechtigten einen
nebenbuhler zu zeugen, der den schutz seiner mütterlichen verwandten zum sturze
der brüder verwenden kann. also συγγίνεται τῇ Μεγακλέος ϑυγατϱὶ ο̕ κατὰ νόμον,
cf. Genesis 38, 8. man kann die details den liebhabern überlassen: die beleidigung
der frau und ihres geschlechtes ist durchaus glaublich, das benehmen des Peisistratos
und des Megakles auch. parallelen aus moderner geschichte fehlen durchaus nicht.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |